Israel / Palästina: Schritt vor, drei Schritte zurück

von Anna Schäfer - 11.07.2006

Die zerstrittenen Palästinenser-Organisationen Fatah und Hamas haben sich auf eine Zwei-Staaten-Lösung geeinigt. Der Plan sieht vor, einen unabhängigen palästinensischen Staat im Gaza-Streifen und im Westjordanland zu schaffen. Indem sie nicht mehr das gesamte Staatsgebiet Israels für sich fordert, erkennt die palästinensische Regierung zum ersten Mal indirekt an, dass Israel existieren darf. Trotzdem ist kein Friede in Sicht - im Gegenteil.


Zwischen Israel und den Palästinensern kommt es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen. (Quelle: Hamas)

Die Hamas, die Ende Januar die Wahlen in den palästinensischen Autonomiegebieten gewann, beanspruchte bisher nicht nur den Gaza-Streifen und das Westjordanland (die so genannten "palästinensischen Autonomiegebiete"), sondern auch das gesamte Staatsgebiet Israels für das palästinensische Volk. Sie versuchte mit allen Mitteln, Israel zu zerstören und die Juden zu vertreiben. Bei zahllosen blutigen Anschlägen der Hamas sind in den vergangenen Jahren hunderte israelische Bürger und Soldaten ums Leben gekommen. Auf der anderen Seite starben bei militärischen Gegenschlägen der Israelis hunderte Palästinenser.

Politische Führer der Fatah und der Hamas haben jetzt ein Dokument unterschrieben, worin Selbstmordanschläge von Palästinensern auf israelischem Gebiet in Zukunft klar abgelehnt werden. Die Palästinenser sollen ihre Ziele künftig durch "Verhandlungen und diplomatisches Vorgehen" erreichen, statt mit Gewalt, heißt es darin. Regierungs-Chef Ismail Hanija von der Hamas und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas von der Fatah wollen den Inhalt des Dokuments gemeinsam offiziell bekannt geben.

Hoffnung auf Frieden im Nahen Osten?

Ismail Hanija gewann mit der radikalislamischen Hamas die Wahlen in den Palästinensergebieten. (Quelle: Hamas)

Palästinensische Politiker verschiedener Organisationen, die als politische Gefangene in israelischen Gefängnissen festgehalten werden, haben den Text des Dokuments geschrieben. Diese Grundsatz-Einigung zwischen Fatah und Hamas gilt als wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem friedlichen Zusammenleben von Palästinensern und Israelis im Nahen Osten.

Politiker der israelischen Regierung hatten Gespräche mit der Hamas strikt abgelehnt, so lange die Hamas das Existenzrecht Israels nicht anerkennt und der Gewalt nicht abschwört. Um Druck auszuüben, hatte die Regierung des Ministerpräsidenten Ehud Olmert alle Finanzhilfen für die palästinensischen Autonomiegebiete gestoppt. Das Grundsatz-Papier ist also eine wichtige erste Voraussetzung, um wieder miteinander ins Gespräch zu kommen.

Annäherung einerseits, neue Gewalt andererseits

Die israelische Armee hat den Gaza-Streifen vollständig abgeriegelt. Palästinenser dürfen nicht mehr nach Israel einreisen. (Quelle: Wikipedia)

Von Friedensgesprächen sind Israelis und Palästinenser aber dennoch noch sehr weit entfernt. In den vergangenen Tagen hat sich der Konflikt sogar deutlich verschärft. Das israelische Militär macht den militärischen Arm der Hamas dafür verantwortlich, dass ein israelischer Soldat entführt wurde und als Geisel gehalten wird. Als Reaktion darauf riegelte das israelische Militär den Gaza-Streifen vollständig ab und verlegte Bodentruppen an die Grenze. Anschließend hat sie das palästinensische Autonomiegebiet angegriffen, mehrere Regierungsgebäude zerstört und 64 hohe Hamas-Mitglieder festgenommen. Einige von ihnen sind Abgeordnete des palästinensischen Parlaments, andere gehören sogar der palästinensischen Regierung an. Ihnen soll jetzt der Prozess gemacht werden. Israel bezeichnet sie als Terroristen.

Der militärische Arm der Hamas und ihre Verbündeten aus dem palästinensischen Volkswiderstandskomitee (PRC) wollen den israelischen Soldaten nicht freilassen. Es wurde sogar ein weiterer Israeli - ein Siedler - entführt und wenig später ermordet. Das Volkswiderstandskomitee forderte Israel auf, im Tausch gegen den noch immer nicht wieder freigelassenen Soldaten palästinensische Frauen und Jugendliche aus israelischen Gefängnissen zu entlassen. Doch auf diese Forderung will Israel nicht eingehen, um sich nicht erpressen zu lassen (siehe Beitrag "Israel-Libanon-Krieg: Kampf gegen Kinder", der unten verlinkt ist).

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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