Staub.
Staub auf den Füßen, Staub zwischen den Zehen, Staub auf den Beinen, zwischen den Beinen.
Ich renne.
Staub in der Lunge, im Hals, im Mund.
Ich keuche.
Staub am ganzen Körper, auf der Kleidung und unter der Kleidung, in den Haaren und zwischen den Zähnen.
Es hat schon einen Grund, dass wir sie Estrada poeirenta nennen, die Straße vor unserem Haus.
Sie ist nicht nur ein Weg für mich, sie ist zugleich auch mein Schlaf-, Ess- und Arbeitsplatz. Hier spielt sich mein ganzes derzeitiges Leben ab. Von unserem Haus ist nämlich nur noch eine Wellblechplatte, die bedeckt mit einer Staubschicht am Boden liegt, übrig geblieben.
Aber die Straße, die nennen wir trotzdem noch die Straße vor unserem Haus.
Ein paar Meter weiter, ich weiß nicht, wie viele, aber mehr als fünfzig, bleibe ich vor Cristinas Zuhause stehen. Ich spucke auf den Boden. Staubgrauer Speichel. Cristina schiebt eine Wellblechplatte zur Seite und kommt durch den Spalt aus der in den Hang gebauten Hütte nach draußen. Wir laufen zu zweit weiter, wir laufen zur Arbeit.
Irgendwann, nach ich-weiß-nicht-wie-vielen Metern, so weit kann, glaube ich, nicht einmal Joao zählen, wird Estrada poeirenta breiter. Man sieht keine Hütten mehr, sondern Zäune, dahinter Gärten und Häuser, so groß, dass alle Leute aus meiner Gegend darin Platz gehabt hätten.
Dort, zwischen den Villen und Parks, wo die Leute in langen Hosen und Hemden herumgehen, ist Cristinas und mein Arbeitsplatz. Wir tanzen, und die Leute geben uns Geld dafür. Ziemlich viel sogar. Das liegt daran, dass wir unsere Arbeit so gut machen. Wir haben jahrelange Erfahrung.
Wir tanzen so lange, bis es gerade noch so hell ist, dass man ein Geldstück auf dem staubigen Boden sehen kann. Dann werfen wir alles verdiente Geld auf die Straße und teilen es in zwei Teile. Jeder gleich viel.
Danach müssen wir nach Hause. Wir rennen um unser Leben, weil man bei Nacht nicht im Reichenviertel und mit Geld in der Hand nicht in der Favela gesehen werden darf. Sonst kann es vorkommen, dass man ermordet wird. Das sagt zumindest Joao.