Joseph von Eichendorff: Ein großer Dichter der Romantik

Zum 225. Geburtstag des deutschen Schriftstellers

von Tanja Lindauer - 09.03.2013

Er ist einer der bedeutendsten deutschen Dichter der Romantik. Auch heute noch begegnet man seinen Werken häufig: Fast jeder Schüler muss im Unterricht mindestens ein Gedicht oder eine Erzählung von ihm lesen - und manchmal wird es dabei auch etwas gruselig. Seine Naturgedichte "Mondnacht" oder "Abend" sowie die Erzählungen "Aus dem Leben eines Taugenichts" und "Das Marmorbild" gehören zu den bekanntesten und werden besonders häufig im Deutschunterricht besprochen. Am 10. März 2013 wäre er 225 Jahre alt geworden. Wer war der große Dichter Joseph Freiherr von Eichendorff?

Joseph von Eichendorff zählt zu den bekanntesten deutschen Autoren der Romantik und seine Texte werden noch heute im Deutschunterricht gelesen. (Quelle: Franz Kugler/ Wikipedia )

Am 10. März 1788 wurde Joseph Karl Benedikt Freiherr von Eichendorff auf dem Schloss Lubowitz in Ratibor geboren. Heute ist das Schloss leider verfallen und nur noch ein paar Mauerstücke sind erhalten geblieben. Der Geburtsort des Dichters, Ratibor, gehörte früher noch zu Schlesien. Heute heißt er Racibórz und liegt in Polen. Sein Vater war ein preußischer Offizier und seine Mutter entstammte einer schlesischen Adelsfamilie, so dass Joseph auch eine gute Schulbildung genoss. Neben dem Schloss besaß die Familie, die dem Landadel angehörte, weitere zahlreiche Güter.

Die Familie war lange Zeit recht wohlhabend. Bis Joseph 13 Jahre alt war, wurde er gemeinsam mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Wilhelm ausschließlich zu Hause von Pfarrer Bernhard Heinke unterrichtet. Die beiden Brüder waren aufs Engste verbunden, sie unternahmen fast alles gemeinsam. Als Kind las Joseph viele Rittergeschichten, Sagen und Abenteurerromane - und verfasste auch schon eigene Texte. Als er mit sechs Jahren nach Prag reiste und fünf Jahre später nach Karlsbad, hielt er seine Erlebnisse schriftlich fest. Bereits als Kind hatte Joseph also eine Vorliebe für die Literatur und das Schreiben.

Nachdem der Hausunterricht für die Brüder endete, besuchten sie das katholische Gymnasium in Breslau. Da Breslau von Ratibor weit entfernt war, wohnten die beiden Geschwister dort im Internat. Während dieser Zeit schrieb Joseph einige Gedichte und besuchte oft das Theater. 1805 begann er als 17-Jähriger ein Studium der Jura und Geisteswissenschaft in Halle. Bereits ein Jahr später, nach einer Reise durch das Harz und nach Hamburg, kehrte er auf das Schloss seiner Eltern zurück und genoss für eine Zeit das dortige Leben in Reichtum. Die Jagd und das Feiern von großen Festen und Bällen standen nun auf der Tagesordnung. Im Mai 1807 nahm Joseph von Eichendorff gemeinsam mit seinem Bruder wieder das Studium auf, diesmal in Heidelberg. Auch diesmal schrieb er während seines Jura-Studiums viele Gedichte, die Literatur war mittlerweile ein fester Bestandteil in seinem Leben.

Das Leben des Dichters

Die Familie Eichendorff gehörte dem Landadel an und lebte auf Schloss Lubowitz im schlesischen Ratibor, das heute zu Polen gehört. Mittlerweile sind von dem Anwesen nur noch Ruinengemäuer erhalten. (Quelle: Klaudiusz Tobiasz, Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0) )

1808 unternahm Joseph weitere Reisen nach Paris, Regensburg und Wien und kehrte dann erneut auf das Schloss zurück, wo er seinem Vater bei der Verwaltung der Güter half. In diesem Jahr erschienen auch seine ersten Gedichte, die er unter dem Pseudonym (das ist ein erfundener Name, hinter dem ein Künstler sich "versteckt") Florens in der "Zeitschrift für Wissenschaft und Kunst" veröffentlichte. Kurze Zeit später begann er auch mit den Arbeiten an seiner Märchennovelle "Die Zauberei im Herbste". 1809 verlobte sich der Dichter mit Luise von Larisch. Ein Jahr später fuhr er gemeinsam mit seinem Bruder nach Berlin, wo er bekannte Autoren der Romantik traf: Kleist, Brentano und Arnim.

1810 nahm der Dichter dann erneut sein Studium auf und schloss es schließlich 1812 in Wien ab. Der Familie Eichendorff ging es zu dieser Zeit immer schlechter. Der Vater machte große Fehler beim Wirtschaften und so schrumpfte ihr Vermögen zusehends. Zu dieser Zeit wütete Napoleon über Europa und so zog auch Eichendorff in den Krieg gegen den französischen Fremdherrscher. Zwei Jahre lang kämpfte er in den Befreiungskriegen mit, um sich gegen Napoleon zur Wehr zu setzen. Als er 1815 zurückkehrte, heiratete er Luise und schon kurze Zeit später wurde ihr Sohn Hermann geboren - zwei weitere Kinder sollten folgen. 1818 starb sein Vater, und von dem einstigen Vermögen war nichts mehr übrig. Außer Schloss Lubowitz und Gut Sedlnitz musste die Familie daher alles verkaufen.

In den folgenden Jahren arbeitete der Dichter als Schulrat und später als Oberpräsidialrat. Da Eichendorff nun politisch recht aktiv war, zog die Familie 1831 nach Berlin, wo er in verschiedenen Ministerien arbeitete. Zehn Jahre später wurde er zum Geheimen Regierungsrat ernannt und war im Kultusministerium tätig. Doch schon zwei Jahre später erkrankte Eichendorff an einer Lungenentzündung und ging schließlich 1844 mit 56 Jahrenin den Ruhestand. Mit seiner Frau zog er zu seiner Tochter und ihrem Mann. In den nächsten Jahren schrieb er viel, übersetzte einige Dramen des spanischen Dichters Pedro Calderón de la Barca und betätigte sich auch als Journalist. Am 26. November 1857 starb der Dichter an den Folgen einer Lungenentzündung in der oberschlesischen Stadt Neiße, die heute zu Polen gehört. Bis heute gilt der Romantiker Eichendorff als einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller. Viele Gedichte wurden sogar vertont und seine Erzählung "Aus dem Leben eines Taugenichts" wird oft als sein Höhepunkt und zugleich als das Ende der Epoche der Romantik bezeichnet.

Ein Vertreter der Romantik

In der Romantik beschrieben Dichter wie Eichendorff häufig die Natur und ihre geheimnisvollen oder unheimlichen Kräfte. Dieses Bild, "Ein Wanderer über dem Nebelmeer", hat der bekannte Maler Caspar David Friedrich gemalt - ein Vertreter der Romantik in der Kunst. (Quelle: C.D. Friedrich)

Joseph von Eichendorff wurde, obwohl er in eine Adelsfamilie hineingeboren wurde, immer als bescheiden und still beschrieben. Ihm lag nicht viel daran, bei anderen mit seiner Herkunft zu prahlen. Auch pflegte er nicht viele Kontakte zu anderen Menschen, unter den wenigen waren bekannte Schriftsteller der Romantik wir Tieck, E. T. A. Hoffmann oder die Brüder Schlegel. Auch Eichendorff war ein geistiges Kind der literarischen Epoche der Romantik, wobei er oft als Spätromantiker angesehen wird. Der Ursprung dieser Epoche liegt in Deutschland, dem "Land der Dichter und Denker". Mit der Romantik wollten sich die Künstler von der vorherigen Epoche, der Aufklärung, abgrenzen, die ihrer Ansicht nach zu einseitig von der Vernunft und Wissenschaft geprägt war und damit der Seele des Menschen und den Mächten der Natur nicht gerecht werde.

Bei den Romantikern standen vielmehr das Seelenleben, das Magische, das Übernatürliche und manchmal auch das Unheimliche im Mittelpunkt. Eichendorff war vor allem von der Natur fasziniert, deren Eindrücke in vielen seiner Gedichte festgehalten werden. Das bedeutet aber nicht, dass er einfach Landschaften beschrieb, denn in den Gedichten wird oftmals eine unheimliche oder düstere Macht dargestellt, die von der Natur ausgeht. Das war jedoch längst nicht das einzige Thema, das der Dichter in seinen Werken verarbeitete. In der Spätromantik wurde neben der dunklen und unheimlichen Seite der Natur und des Menschen zum Beispiel auch die Hinwendung zur Religion thematisiert. Eichendorff war ein sehr religiöser Mensch und so finden sich in seinem Werk auch viele solcher Anspielungen - etwa in seinem Gedicht "Mondnacht":

Poesie, Natur und Religion

Die Romantiker thematisierten immer wieder die Eindrücke der Natur und ihre Verbindung mit der menschlichen Seele und der Schöpfung - so auch in der "Mondnacht", dem bekanntesten Gedicht Eichendorffs. (Quelle: Samy13/pixelio.de)

"Mondnacht" ist eines der bekanntesten Gedichte der Spätromantik und wird sehr oft in der Schule gelesen. Zugegeben, es ist oft schwierig, Gedichte beim ersten Lesen zu verstehen, denn sie enthalten meist viele "verschlüsselte" Botschaften - verpackt in sprachlichen Wendungen, Anspielungen und Wortspielen. Bei genauerer Betrachtung der Wörter, der sprachlichen Stilmittel sowie des Aufbaus von Strophen, Reim und Versmaß erhält man jedoch viele Hinweise, die für die Interpretation des Gedichtes wichtig und hilfreich sind. Ein Gedicht lässt dabei oftmals viel Raum für verschiedene Auslegungen. Schauen wir uns den Inhalt des Gedichtes "Mondnacht" von Eichendorff einmal genauer an - vielleicht kennst du es auch schon:


Es war, als hätt' der Himmel

Die Erde still geküsst,

Dass sie im Blütenschimmer

Von ihm nun träumen müsst'.



Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,

Es rauschten leis' die Wälder,

So sternklar war die Nacht.



Und meine Seele spannte

Weit ihre Flügel aus,

Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

In Eichendorffs Gedicht wird beschrieben, wie jemand (das "lyrische Ich") die Nacht erlebt. So sorgt ein Lufthauch dafür, dass die Ähren sich bewegen und dass man viele Sterne am Himmel sehen kann. Der Dichter will mit solchen Beschreibungen nicht nur das ausdrücken, was man direkt mit seinen Sinnen erfassen kann, sondern vor allem auf etwas Verborgenes dahinter anspielen. So verschmelzen in diesem Gedicht, das einen traumähnlichen Zustand beschreibt, die Sinne des Ichs und es erscheint ihm, als hätte die Natur eine Seele, die mit allem verbunden ist.

Die Verbindung zwischen Himmel und Erde, die beschrieben wird, ist vielleicht eine religiöse Anspielung. In dem Gedicht wird in der ersten Strophe ein Gefühl beschrieben, als hätte der Himmel die Erde "geküsst", hiermit könnte zum Beispiel die Schöpfung gemeint sein. Aber man könnte Himmel und Erde auch als zwei Liebende interpretieren, die sich gegenseitig anziehen und ergänzen. In der zweiten Strophe wird die Verbindung von Erde und Himmel weiter beschrieben, wenn der Wind durch die Felder und die Bäume weht. Der Beobachter ist von diesen Vorgängen so überwältigt, dass er in der letzten Strophe die Empfindung äußert, seine Seele würde sich mit der Gesamtheit der Natur vereinigen und dies als eine Art "Heimkehr" erlebt. Möglicherweise ist damit auch Gott selbst gemeint - in der Romantik wird Gott oftmals als eine Kraft beschrieben, die sich überall in der Natur ausdrückt.

Die düstere Seite

In der unheimlichen Novelle "Das Marmorbild" begegnet Florio, ein junger Mann, einer lebendig gewordenen Venus aus Marmor, die ihn in ihren Bann zieht. Bild: Darstellung der Venus ("Die Geburt der Venus") von Sandro Botticelli von 1485/86 (Quelle: Sandro Botticelli)

Neben religiösen Aspekten beschäftigte sich Eichendorff, wie viele seiner Zeitgenossen, auch mit unheimlichen Phänomenen. Die Romantiker waren nämlich der Meinung, dass man nicht alles im Leben mit dem Verstand erklären könne, dass es also auch andere Mächte in der Welt gäbe, die der Mensch nicht fassen oder mit seinen Sinnen erkennen kann. 1819 veröffentlichte der Romantiker seine Novelle "Das Marmorbild" (eine Novelle ist eine kürzere Erzählung). In dieser Erzählung wird beschrieben, wie ein junger Mann namens Florio nach Lucca reitet. In dieser Stadt trifft er den Sänger Fortunato, der auf seinen Reisen versucht, mit Gesang Geld zu verdienen. Wenig später lernt Florio ein Mädchen namens Bianka kennen, in die er sich augenblicklich verliebt. Abends sind alle drei bei einem Mahl versammelt und Florio küsst Bianka.

Plötzlich tritt der Ritter Donati in das Zelt, in dem das Mahl stattfindet - und die schöne Stimmung ist bei seinem Anblick mit einem Mal vorüber. Irgendwie ist der Ritter unheimlich, aber keiner kann genau sagen, warum. Des Nachts erwacht Florio aus einem Traum, und da er nicht mehr schlafen kann, wandert er zwischen den Weinbergen umher. Er trifft auf einen Weiher, an dem eine Venusstatue aus Marmor steht. Für einen Moment glaubt er, dass die Statue sich bewegen würde. Ängstlich flüchtet er. Am Morgen besucht Florio die Statue der schönen Frau aus Marmor abermals, denn er ist doch neugierig. Aber er verläuft sich auf dem Weg dorthin und landet vor einem Schloss. Dort sieht er eine Frau, von der er glaubt, dass sie die Mensch gewordene Statue ist. Er möchte zu ihr und trifft dabei auf den Ritter Donati, der ihm mitteilt, sie sei eine Verwandte und er könne sie am nächsten Tag besuchen. Doch einen Tag später sucht der Ritter Florio auf und richtet ihm aus, dass er die Frau doch nicht sehen könne.

Florio will nun mehr über diese geheimnisvolle Frau herausfinden und hat Bianka völlig vergessen. Es ist, als befände er sich in einem Zauberbann. Der Sänger Fortunato lädt den Jüngling zu einer Feier ein, bei dem er eine "alte Bekannte" treffen wird. Florio hofft, dass es sich um die unheimliche Frau handelt. Auf dem Ball trifft er eine als Griechin verkleidete Frau - er scheint wie verzaubert und sieht sie auf einmal zweimal. Doch sie ist plötzlich verschwunden und auf der Suche nach ihr trifft Florio erneut die zum Leben erwachte Statue. Er kann an nichts anderes mehr denken als an sie und macht sich auf den Weg in das Schloss - dort wird er Zeuge eines beängstigenden Bildes: Alle Statuen erwachen mit einem Mal zum Leben. Aus lauter Angst flüchtet der junge Mann und fasst den Entschluss, direkt die Stadt zu verlassen. Bei seinem Aufbruch trifft er auf den Sänger, der mit zwei weiteren Personen abreist. Nun erfährt Florio, dass die Venusstatue einmal im Jahr lebendig wird und Jünglinge verführt. Die zwei Begleiter entpuppen sich als Bianka und ihr Onkel. Florio erkennt nun erneut, wie schön Bianka ist, und möchte sich nie wieder von ihr trennen. Der Bann der Venus ist gebrochen.

Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.

Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 10.03.2013

Wenn dir ein Fehler im Artikel auffällt, schreib' uns eine E-Mail an redaktion@helles-koepfchen.de. Hat dir der Artikel gefallen? Unten kannst du eine Bewertung abgeben.

50 Bewertungen für diesen Artikel