Plebiszit / Volksentscheid

Mit dem Begriff „Plebiszit“ bezeichnet man in der Regel einen Volksentscheid, bei dem das gesamte Volk eines Staates direkt über eine bestimmte Frage abstimmen kann. Obwohl es in Deutschland auf Bundesebene bisher noch keinen Volksentscheid gab, wird die Einführung eines solchen seit langer Zeit heiß diskutiert. Im Gegensatz zu einer Bundestagswahl, bei der die Wahlberechtigten Parteien wählen, die in das Parlament einziehen und dort stellvertretend für das Volk die Entscheidungen treffen, können bei einem Plebiszit bzw. einer Volksentscheidung die Wahlberechtigten ohne Umwege, ganz unmittelbar über eine politische Sachfrage entscheiden. Diese Art der Politik wird auch „Direkte Demokratie“ genannt. In Ländern wie der Schweiz, Frankreich oder Italien sind Volksabstimmungen, an denen sich alle wahlberechtigten Einwohner des Landes beteiligen können, schon längst möglich.

Das Wort „Plebiszit“ stammt aus dem Lateinischen, bedeutet soviel wie „Volksbeschluss“ und leitet sich vom lateinischen Wort für das einfache Volk, „Plebs“ ab. Dementsprechend stammt das Vorbild des heutigen Plebiszites auch aus der römischen Republik. Während die Plebejer, die Mitglieder des einfachen Volkes, über Gesetze und Beschlüsse im sogenannten „Concilium Plebis“, das ausschließlich aus Plebejern bestand, abstimmten, beschlossen die Mitglieder der reicheren Gesellschaftsstände des Adels und der Patrizier Gesetze in ihren eigenen Versammlungen. Der Adel und die Patrizier fühlten sich nicht an die Gesetzesbeschlüsse der Plebejer gebunden. Erst als im Jahre 287 v. Chr. das sogenannte Gesetz „Lex Hortensia“ abgesegnet wurde, wurden die Beschlüsse des Concilium Plebis zu allgemeingültigen Gesetzen, nach denen sich auch die Adligen und die Patrizier zu richten hatten. Diese Beschlüsse wurden „Plebiszite“ genannt. Somit konnte das einfache Volk nun auch unmittelbar über die Gesetze des römischen Reiches entscheiden.

In Deutschland wurde ein Recht auf Volksbegehren, bei dem das gesamte Volk abstimmen konnte, bereits in der Weimarer Republik im Jahre 1921 gesetzlich festgelegt. Der Ablauf, der zu einem erfolgreichen Volksentscheid führte, musste wie folgt verlaufen: Zunächst mussten mindestens 10 Prozent der Wahlberechtigen mit ihrer Unterschrift einem Gesetzesentwurf zustimmen. Dieser wurde anschließend dem Reichstag als Volksbegehren vorgelegt. Wenn der Reichstag diesem Gesetz nicht zustimmte, konnte es zum Volksentscheid kommen. Dieser war erfolgreich, wenn sich mindestens 50 Prozent der Wahlberechtigten an ihm beteiligten und die Mehrheit für „Ja“ abstimmte. Dem Gesetz nach konnte der Reichstag und der Reichspräsident auch direkt einen Volksentscheid beschließen. Dazu kam es in der Praxis jedoch nie. Bis zum Ende der Weimarer Republik im Jahre 1933 gab es nur drei Volksbegehren, von denen es nur zwei zu Volksentscheiden schafften. Bei beiden nahmen jedoch weniger als 50 Prozent der benötigten Wahlberechtigten teil, so dass die Volksentscheide scheiterten.

Auch heute gibt es noch Volksentscheide, jedoch nur in den Bundesländern und auf kommunaler Ebene, das heißt in Städten und Gemeinden. Eine Ausnahme ist die Durchführung eines Volksentscheides auf Bundesebene bei einer Abstimmung über die Neugliederung von Bundesländern. So war dies Beispiel im Jahre 1996 der Fall, als in einem Volksentscheid darüber abgestimmt werden sollte, ob die beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg zu einem einzigen Bundesland verschmelzen sollten. Die Mehrheit der Wahlberechtigten entschied sich jedoch dagegen.

Innerhalb der einzelnen Bundesländer gab es jedoch schon zahlreiche Volksentscheide, die von der Bevölkerung selbst veranlasst wurden. In Bayern fanden beispielsweise bereits 19 Volksentscheide statt. 1991 wurde zum Beispiel auf diese Art ein neues Abfallbeseitigungsgesetz beschlossen, im Jahre 2010 ist für alle bayerischen Kneipen durch einen Volksentscheid ein striktes Rauchverbot durchgesetzt worden.

Pro und Contra Volksentscheide

Die Diskussion, ob man einen Volksentscheid auch auf Bundesebene durchsetzen soll, ist nach wie vor ungebrochen. Die Gegner des Volksentscheides führen mehrere Argumente an. Zum einen seien die Bürger mit der Aufgabe über wichtige Sachverhalten zu entscheiden, die das ganze Land betreffen, einfach überfordert. Des Weiteren sei die Bevölkerung zu leicht für eine Meinung zu beeinflussen, was eine große Gefahr für das Land darstellen könnte. So könnten politische Feinde, die bewusst ein schlechtes Ergebnis provozieren wollen, leicht Einfluss auf die Wähler ausüben. Auch könnte die Bevölkerung durch einen Volksentscheid in zwei Lager gespalten werden, was zu zusätzlichen Problemen führen könnte.

Befürworter des bundesweiten Volksentscheides entgegnen, dass die Menschen, die heutzutage häufig das Interesse an Politik verloren haben, durch eine direkte Beteiligung wieder für Politik interessiert werden könnten und ihnen so das Gefühl gegeben würde, dass sie direkt an der Gestaltung ihres Landes und der Gesellschaft mitwirken können. Die Bevölkerung sei der Meinung der Befürworter nach bei ausreichender Aufklärung und Informationsvermittlung durchaus in der Lage auch über wichtige Belange und Fragen entscheiden zu können.

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letzte Aktualisierung: 05.09.2019

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