Thema: Psychologie: Beispiel "Magersucht"

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#1

Dünn – dünner – unsichtbar (auch hier wieder: Im Beispiel ist es ein Mädchen … es gibt aber auch immer mehr männliche Betroffene)

 

Corinna ist sehr schlank und sie trägt modische, aber weite, Kleidung. Doch immer hat sie einen dicken Pullover oder andere warme Kleidung drüber, weil sie ständig friert.

 

Sie sieht blass aus und unkonzentriert. Sie hat rote Hände und ihre Knochen stehen heraus.

 

Meistens trägt sie mehr als eine Hose übereinander, dass niemand merkt, dass sie so dürre Beine bekommen hat.
 

Sie sieht jämmerlich und hilfsbedürftig aus, lehnt aber jede Hilfe ab.
 

Dieser Ehrgeiz in ihr, der sie dazu treibt, die Beste und perfekt sein zu wollen, führt zu Bestleistungen in Schule und bei Allem, was mit Ehrgeiz zu tun hat.

 

Das kostet ja so schon sehr viel Kraft und Anstrengung. Dadurch, dass Corinna doch immer schwächer und dünner wird, wird es immer anstrengender für sie.

 

Sie wendet Energie auf, die sie eigentlich gar nicht wirklich hat. Sie braucht ihre Reserven auf. Es kommt ja nichts mehr an Energie rein.
 

Sie hat ihre Tagesration an Essen auf ein Minimum runter gefahren. Einen Apfel und einen Magerjoghurt über den ganzen Tag verteilt. Mehr gibt es nicht mehr.

 

Das geht schon länger so. Corinna ist schon lange krank. Aber das realisiert so schnell keiner in ihrem Umfeld. (Eltern wollen es z.B. oft lange nicht wahrhaben, ahnen aber eigentlich schon länger vor der Diagnosestellung unterschwellig etwas).

 

Im Gegenteil. Sie wird von einigen Mädchen bewundert, dafür, dass sie „ihr Gewicht so gut im Griff hat“ (dabei ist das ganz und gar nicht der Fall).

 

Manche dickeren Mädchen sind sogar neidisch. Sie sehen die Not dahinter nicht.
 

Corinna kocht gern. Sie liest gern Kochbücher und schaut Kochsendungen. Sie treibt viel Sport, sammelt Rezepte und bekocht ihre Familie mit Leidenschaft.Dabei verbirgt Corinna stehts geschickt, dass sie selbst eigentlich so gut wie nichts davon isst.

 

Früher war sie ein pummeliges Kind. Deshalb ist ihre Familie sehr stolz auf sie, dass sie es geschafft hat, so abzunehmen.
 

Dass Corinna aber immer weniger isst und dass ihr „Zielgewicht“ immer weiter sinkt, dass sie die Kalorien von jedem kleinen Lebensmittel zählt, dass sie sich immer unwohler in ihrem Körper fühlt … das fällt kaum jemandem auf.

 

Obwohl sie stets darauf bedacht ist, ihren Körper vor anderen zu verstecken, passiert es eines Tages, dass ihre Mutter sie unbekleidet sieht.
 

Ein Schock. Ein schrecklicher Anblick für die Mutter und ein schrecklicher Moment für Corinna.

 

Von da an nimmt das Schicksal seinen Lauf.

 

Die Familienkrise ist entfacht: Arztbesuche, Klinikaufenthalt(e), Angst, Wut, Hilflosigkeit, jedes Essen wird zum Kampf zwischen Eltern und Kind. Kämpfe um das Essen (oder eher um das „Nicht – essen“) bestimmen den ganzen Alltag. Es bestimmt alles, nicht nur die Mahlzeiten. Immer häufiger eskalieren Situationen, die mit Essen und Gewicht zu tun haben.

 

Dieses harmonische Familienleben gibt es nicht mehr. Das war einmal.

 

Das brave, gehorsame Kind ist auf einmal das Sorgenkind der Familie. Das Kind, das nie Probleme gemacht hat. Das Kind, das stets freundlich war. Das Kind ist zwar noch da … irgendwo tief in Corinnas Seele. Aber es kann nicht rauskommen. Die Krankheit ist zu stark und übernimmt größtenteils die Kontrolle über ihr Verhalten, über ihre Gedanken, über ihre Gefühle.

 

Sie rastet oft aus und wirft ihren Eltern, vor Allem der Mutter, böse Worte an den Kopf. Natürlich fast ausschließlich in Situationen, in denen es um Essen oder/und Gewicht geht. Aber sie bereut die Worte. Sie will so etwas nicht sagen, aber in dem Moment verliert sie die Kontrolle, die dann die Magersucht übernimmt.

 

Die Eltern hoffen, dass Corinna in der Klinik viele Fortschritte macht. Sie dürfen nur nicht zu viel erwarten. Das spüren die Erkrankten. Sie spüren es, wenn andere, vor Allem nahestehende, Menschen viel von ihnen erwarten und setzen sich so unter Druck.

 

Eine Essstörung gehört zu den am schwersten therapierbaren Erkrankungen der Psychiatrie bzw. Psychosomatik. Da ist es in den meisten Fällen nicht mit einem Klinikaufenthalt getan. Oft dauert es Jahre und braucht mehrere Klinikaufenthalte. Es ist oft mit einigen Rückfällen verbunden.

 

Aber die Rückfälle sind in dem Sinne eigentlich oft gar keine „Rück“fälle. Es sind VORfälle, die auf dem Weg der Besserung nun mal einfach dazugehören. Es wird erst zu einem Rückfall, wenn du liegen bleibst und nicht wieder aufstehst. Fällst du hin, stehst dann (vielleicht auch erst nach 1 Woche) aber wieder auf, dann kannst du es als Vorfall ansehen. Denn dann hast du es geschafft, dich wieder aufzuraffen und weiterzugehen.

 

Es ist höchstwahrscheinlich erst der Anfang eines langen Weges … das müssen Corinnas Eltern realisieren, wenn sie ihrem Kind effektiv helfen wollen. Und auch Corinna muss das realisieren, um sich selbst effektiv helfen zu können.

 

Aber vor Allem muss sie einsehen, dass sie krank ist. Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung. Solange die nicht da ist, kann man sich eine Therapie eigentlich auch sparen. Krankheits - uneinsichtige Kinder und Jugendliche (oder auch Erwachsene) mit einer psychischen Erkrankung, die in eine Klinik zwangseingewiesen werden (also gegen ihren Willen) sind für richtige Therapie in der Regel gar nicht zugänglich. Zumindest am Anfang. Weil "sie sind ja nicht krank, warum sollten sie sich also helfen lassen"?!

 

Das gilt natürlich längst nicht für alle. Die meisten sehen es früher oder später ein und es gibt auch sehr viele, die freiwillig in eine Klinik gehen. Schwierig ist, dass in den Kliniken, in denen ich war (ich spreche aus Erfahrung ... deshalb rede ich über die Kinder - und Jugendpsychiatrie ... natürlich gilt das auch für Erwachsene) die Patienten, die freiwillig da sind und die, die zwangseingewiesen wurden, früher oder später zusammen auf einer Station untergebracht wurden.

 

Es ist schwierig, wenn du da bist, weil du selbst gesund werden willst, aber dann solche Leute auf der Station sind, die dich runterziehen, weil sie eben hier zwangsweise untergebracht wurden und sich weigern bei diesem und jenem mitzumachen. Die beim Essen natürlich sich auch nicht so eine Mühe geben, etwas zu ändern.

 

Ich will damit nicht gegen diese Leute schießen. Sie tun mir Leid. Das tut mir weh, das zu sehen. Aber vielleicht ist genau das eines der größten Probleme dabei. Ich habe schnell Mitleid mit anderen Leuten und wenn ich sehe, dass sich jemand nicht helfen lässt, dann macht mich das traurig.

 

Ich finde, man s0llte diese Patienten getrennt unterbringen.

 

Zurück zum Thema "Freiwillig in der Klinik".

 

Ich habe damals, vor meinem ersten Klinikaufenthalt, meine Eltern von mir aus darum gebeten, mich in eine Klinik zu bringen. Weil ich gemerkt habe, dass ich am Ende meiner Kräfte und meines Lateins angekommen bin. Bis ich zu ihnen kam und sie darum gebeten habe (hab tatsächlich ganz nüchtern gesagt: "Mama ... Papa ... ich glaub ich muss in eine Klinik!" :D :D :D :D :D ... da hat die pure Vernunft in mir gesprochen.) haben sie nichts von meiner Situation gewusst. Weil ich das so gut verheimlicht habe.

 

Aber irgendwann kommt jeder am Ende seiner Kräfte an. Egal wie stark er war und egal, wie lange die Kraft ausgereicht hat. Irgendwann, früher oder später, ist es soweit. Darauf kannst du einen lassen!

 

 

 

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schrieb :

#3

Zitat von: Sam16 (Gast) (16)

Tja das ist leider heutzutage schon fast standart geworden.

Und wer ist Schuld an dem ganzen, die Werbeindustrie, Hollywood ect.

Den ganzen dreck den man im Fernsehen zu sehen bekommt, im Internet ect,

Nur das eine Ideal Bild.

Bei den Frauen ist es halt das ausehen, schlang zusein,

Und bei den Männern ist es auch nicht viel besser, Muskeln schlang ect.

Ist leider Traurig aber man wird von der ganzen Werbung alleine schon so beeinflusst, 

wenn man dieses ideal Bild nicht hat, das man Minderwertigkeitskomplexe bekommt, 

seinen Körper zu hassen beginnt, wie man aussieht.

Hi,

 

zum Großteil gebe ich dir Recht. Aber bei einem Teil muss ich sagen, dass ich das anders sehe. Klar trägt die Medienindustrie etc. etwas dazu bei. Aber es ist, meiner Meinung nach (auch Experten sagen das) nicht das Hauptproblem. Es ist nicht Schuld. Schuld ist sowieso keiner und nichts allein. Es ist immer eine Kombination aus vielen Faktoren, die zusammenkommen müssen, dass sich eine Essstörung entwickelt.

 

Die Hauptgründe liegen in der Seele und in der eigenen Biografie, auch an bestimmten Persönlichkeitseigenschaften wie z.B. Hochsensibilität. Oder auch die Gene spielen anscheinend, laut Wissenschaft, eine Rolle. Hat jemand den Hang dazu, eine Essstörung zu entwickeln? Hat vielleicht die Mutter oder der Vater in der Jugend ebenfalls eine Essstörung gehabt?! Und und und.

 

Ursache und Auslöser sind 2 verschiedene Dinge. Stell dir vor, da steht ein Fass. Die Ursachen füllen mindestens 99,99% (sinnbildlich) des Fasses. Der Auslöser ist der Tropfen, der die restlichen 0,02% ausmacht. Nein, ich bin zwar schlecht in Mathe aber ich habe mich nicht verrechnet :D . Ich habe noch ein bisschen dazugetan, weil das Fass ja überlaufen soll, in meiner Metapher. Bei 100 % läuft es aber noch nicht über.

 

Es muss immer eine Kombi aus diesen bzw. mehreren Faktoren sein. Die Medien etc. können höchstens der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt. Wie bereits weiter oben beschrieben. Aber das Fass wäre dann sowieso bald übergelaufen. Egal was für ein Auslöser.

 

Direkt Schuld ist die Medienindustrie etc. nicht, aber sie trägt einen bedeutenden Teil der Verantwortung, was den möglichen Auslöser angeht, denke ich.

 

LG

Sam16 (Gast) (16)

schrieb :

#2

Tja das ist leider heutzutage schon fast standart geworden.

Und wer ist Schuld an dem ganzen, die Werbeindustrie, Hollywood ect.

Den ganzen dreck den man im Fernsehen zu sehen bekommt, im Internet ect,

Nur das eine Ideal Bild.

Bei den Frauen ist es halt das ausehen, schlang zusein,

Und bei den Männern ist es auch nicht viel besser, Muskeln schlang ect.

Ist leider Traurig aber man wird von der ganzen Werbung alleine schon so beeinflusst, 

wenn man dieses ideal Bild nicht hat, das man Minderwertigkeitskomplexe bekommt, 

seinen Körper zu hassen beginnt, wie man aussieht.

 

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