Wie der Mensch zur Sprache kam

Kinderuni-Vorlesung in Mainz

29.10.2007

Ein menschliches Zusammenleben ohne die Sprache wäre für uns kaum vorstellbar. Nicht nur unser Wissen und unsere Intelligenz sind es, die uns das Sprechen ermöglichen. Der aufrechte Gang und ein tief sitzender Kehlkopf waren Voraussetzung für die Entwicklung der Sprache, wie wir sie heute kennen. Aber wie genau eignete der Mensch sich eigentlich die Fähigkeit des Sprechens an?

Der Sprachwissenschaftler Professor Dr. Bisang hat während der Mainzer Kinderuni-Vorlesung Fragen aufgeworfen, die sich mit dem Ursprung der Sprache befassen.

Wir kommunizieren auf viele Arten miteinander. Dabei ist die Lautsprache, also das ganz normale Sprechen, die vorherrschende. Wann und wie die heutige Sprache entstanden ist, werden wir wohl niemals genau ergründen können - jedoch gibt es eine Reihe nachvollziehbarer Theorien.

Der Sprachwissenschaftler Professor Dr. Bisang hat im Rahmen der Kinderuni-Vorlesung in der Mainzer Universität Fragen aufgeworfen und beantwortet, die sich mit dem Ursprung der Sprache befassen. Eines nahm er gleich vorweg: Eine definitive Bestimmung, wie und wann sich nun die heutige Art des Sprechens genau entwickelt hat, gibt es nicht.

Mit lauter Stimme Feinde in die Flucht schlagen

Der aufrechte Gang und ein tief sitzender Kehlkopf waren Grundvoraussetzung für die Entwicklung der heutigen Sprache. (Quelle: Fitch, T. 2002. ‘Comparative vocal production and the evolution of)

Betrachten wir bestimmte Tatsachen, finden wir aber zumindest wichtige Anhaltspunkte. Um zu sprechen, müssen wir in der Lage sein, Laute zu bilden - wie beispielsweise ein "A" oder "I". Lautbildung ist nur möglich, wenn die Zunge Spielraum und dahinter einen Resonanzraum hat - das heißt, dass der Kehlkopf tiefer sitzen muss als etwa bei Tieren.

Wenn man sich nun mit diesem Wissen Funde von Neandertalern betrachtet, sind schon erste Anzeichen einer Absenkung des Kehlkopfs zu erkennen. Viele Forscher vermuten also, dass diese Urmenschen bereits die Fähigkeit des Sprechens besaßen. Wobei noch erwähnt werden sollte, dass die Entwicklung des abgesenkten Kehlkopfs wohl nicht nur dem Sprechen diente - wichtig war auch, sich zu verteidigen und Feinde wie Tiere oder menschliche Rivalen von sich fernzuhalten. Da der Mensch im Grunde einer der schwächeren Bewohner der Erde war, musste er zumindest vortäuschen, größer und stärker zu sein als seine Fressfeinde. Und dazu diente auch eine laute und feste Stimme.

Schon Urmenschen verständigten sich nicht nur durch Zeichen und Gesten, sondern auch durch Laute. Im Laufe der Menschwerdung entwickelte sich die Sprachfähigkeit.

Es gibt weitere Anzeichen dafür, dass schon lange vor unserer Zeit - vor knapp zwei Millionen Jahren - eine Kommunikation zwischen unseren Vorfahren stattgefunden hat, die über eine simple Verständigung hinausging. Es existieren zahlreiche Funde von hergestellten Werkzeugen - wie aus Stein geschlagene Faustkeile. Es wurde in Gruppen gejagt, und schon damals waren einige Urmenschen in der Lage, Feuer zu machen. All dieses Wissen musste über Jahre hinweg weitergegeben werden - und um ein taktisches Vorgehen bei der Jagd zu ermöglichen, musste man ebenfalls kommunizieren. All dies lässt vermuten, dass sich schon die frühen Urmenschen nicht nur durch Gesten, sondern auch durch Laute verständigten.

Am Anfang war die Gebärdensprache

Auch heute noch ist die Zeichensprache wichtig bei der Kommunikation. Stumme oder/ und Gehörlose verständigen sich durch Gebärdensprache. (Quelle: Olaf Fritsche (www.visuelles-denken.de))

Aber mit Sicherheit hat auch die Gebärdensprache eine große Rolle gespielt. Man geht davon aus, dass die Verständigung durch Zeichen und Gesten den Grundstein für unsere heutige Sprache legte. Jedoch gewann die Lautsprache mehr und mehr an Bedeutung. Es ist zum Beispiel schwer, sich im Dunkeln anhand von Zeichen zu verständigen - denn der Mensch besitzt, im Gegensatz zu vielen Tieren, nicht die Fähigkeit, in der Dunkelheit zu sehen.

Außerdem ist es praktischer, sich auch während des Unterhaltens mit anderen Dingen beschäftigen zu können - anstatt mit beiden Händen Zeichen zu geben und ständig sein Gegenüber im Blick zu haben. Aus der gesprochenen Sprache entwickelte sich schließlich auch die Schrift. Die nonverbale Verständigung - also das Kommunizieren durch Zeichen, Gesten und Blicke - ist aber weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Sprache.

Bunte Sprachenvielfalt führt auch zu Missverständnissen

Der Turmbau zu Babel von Pieter Brueghel, um 1540. Laut Bibel gab es früher nur eine Sprache. Gott strafte den Größenwahn der Menschen, die einen Turm zum Himmel bauen wollten, indem er dafür sorgte, dass sie verschiedene Sprachen sprechen.

Heute sind ungefähr 7.000 verschiedene Sprachen bekannt - die älteste überlieferte ist Summerisch. Chinesisch ist die am meisten gesprochene Sprache auf der Welt. Deutsch stammt beispielsweise von der Ur-Indogermanischen Sprache ab, die sich über die Jahre weiterentwickelte und als Ursprung aller heutigen europäischen Sprachen gilt. Durch Völkerwanderungen haben sich die Sprachen Europas, die dem Indogermanischen Stamm zugehören, in Teilen Asiens und fast ganz Amerika verteilt. Heute zählt man ungefähr 150 Indogermanische Sprachen.

150 von 7.000 ist nicht gerade viel - und so ist der Sprachstamm zwar weiter verbreitet, jedoch nicht so bunt wie beispielsweise die Sprachen auf dem Kontinent Afrika. Dort werden um die 2.000 verschiene Sprachen gesprochen - alleine in Nigeria sprechen die Menschen 400 Sprachen. Das fördert aber auch Missverständnisse unter den Menschen. Die Sprachenvielfalt auf unserer Erde macht zwar alles besonders spannend und abwechslungsreich - führt jedoch leider auch zu Fremdheit und Unverständnis. In manchen Fällen wäre eine einheitliche Sprache fast wünschenswert - aber die Welt der Sprache ist eben bunt und vielfältig.

Die Sprachen dieser Welt:

(Quelle: Wikipedia )

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letzte Aktualisierung: 11.03.2010

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