Die Entstehung der Alpen

Vom urzeitlichen Meer zum höchsten Gebirge Europas

von Birgit Kinateder

Die Alpen sind Europas höchstes Gebirge - und auch Deutschlands höchster Berg, die Zugspitze mit ihren 2.962 Metern, liegt in den Alpen. Du wirst es kaum glauben, aber dort, wo heute die Alpen in die Höhe ragen, war einst ein großes Meer! Um der Entstehung der Alpen genauer auf den Grund zu gehen, müssen wir in der Geschichte sehr weit zurückgehen - bis in die Zeit vor den ersten Dinosauriern.

Über Millionen von Jahren wurden aus dem Superkontinent Pangäa die Kontinente, die wir heute kennen. (Quelle: U.S. Geological Survey )

Vor etwa 300 Millionen Jahren waren die fünf Kontinente Europa, Asien, Nord- und Südamerika, Afrika und Australien noch keine getrennten Kontinente, sondern sie waren miteinander verbunden und bildeten eine zusammenhängende Landmasse. Die Geologen nennen diesen riesigen "Superkontinent" Pangäa.

Vor etwa 200 bis 100 Millionen Jahren zerbrach Pangäa in mehrere Platten (siehe Animation) und die afrikanische und die europäische Platte begannen "auseinanderzudriften". "Driften" bedeutet, dass die Kontinente auf einem zähflüssigen Untergrund treiben - vergleichbar mit Eisbergen im Wasser. Dabei entstand zwischen Afrika und Europa ein großes Meer, das so genannte "Thetys-Meer". Dort, wo heute kühne Kletterer Alpenfelsen erklimmen, tummelten sich also einst Fische und Muscheln!

Thetys - ein Meer "in den Alpen"

Als die afrikanische und die europäische Platte auseinanderdrifteten, entstand zwischen Afrika und Europa ein großes Meer, das so genannte "Thetys-Meer". (Quelle: User:Kieff/ Wikimedia Commons)

Zunächst war das Thetys-Meer ein seichtes Küstenmeer, in dem sich Korallen und Algen ansiedelten. Durch die Bewegungen der Erdkruste dehnte es sich dann aber weiter nach Europa hin aus. Dort, wo vorher seichtes Küstenland oder Festland war, bildeten sich so genannte "Sedimentationsbecken" (Ablagerungsbecken), die durch Landbrücken voneinander getrennt waren. Die Geologen nennen diese Becken "Helvetikum", "Penninikum", "Ostalpin" und "Südalpin". Sie sind für die Geologie von großer Bedeutung, weil die Alpen aus verschiedenen Gesteinsarten bestehen, die in diesen Becken entstanden.

Und das kam so: In einem Becken lebten zum Beispiel viele kalkabscheidende Lebewesen wie Korallen, Algen und Muscheln. Ihre Ausscheidungen und kalkhaltigen Schalen sanken auf den Meeresboden und lagerten sich dort als Sedimente (Ablagerungen) ab. Im Laufe der Zeit verfestigten sich die Sedimente durch Druck und Hitze und wandelten sich zu Gestein um. Daher finden wir in den Alpen sehr viel Kalkstein. An den Küsten hingegen lagerten sich Sand- und Tonsedimente ab, die von den Flüssen ins Meer gespült wurden. Auch sie sanken auf den Meeresgrund ab und verfestigten sich. Diese am Meeresgrund entstandenen Gesteinsarten aus Kalk-, Sand- und Schotterablagerungen bilden heute den Großteil der Alpen.

Die Alpen steigen empor

Bei der Subduktion taucht eine Gesteinsplatte unter einer anderen ab. (Quelle: Luis María Benítez/ Wikipedia)

Die eigentliche "Orogenese" (Gebirgsbildung) der Alpen fand vor etwa 100 bis 20 Millionen Jahren statt, als der afrikanische Kontinent begann, sich auf den europäischen Kontinent zu zubewegen. Diese Verschiebung nennt man auch "Kontinentalverschiebung". Durch den dabei entstandenen Druck und die Hitze wurden die Kalk-, Sand- und Tongesteine des Thetys-Meeres stark zusammengepresst und verfestigten sich zu Gesteinsplatten. Als der afrikanische Kontinent weiter nach Norden driftete, wurde das Thetys-Meer zusammengeschoben und seine ozeanischen Gesteinsplatten tauchten in einen Tiefseegraben unter das Festland des afrikanischen Kontinents ab. Diesen Vorgang nennt man "Subduktion".

Vor etwa 50 Millionen Jahren hatte der Tiefseegraben vor Afrika schließlich so viel Gestein "geschluckt", dass der Zwischenraum zum europäischen Kontinent immer enger wurde. Es kam zu einer Kollision, das heißt einem Zusammenprall zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent. Dennoch drückte der afrikanische Kontinent weiter nach Norden. Dadurch wurden große Teile der oft hundert Meter dicken Gesteinsmassen zusammengeschoben und gefaltet und schoben sich über andere Platten.

Dachsteinkalk des Ramesch in den Nördlichen Kalkalpen: In den Alpen findet sich heute viel Kalkstein, das zu Urzeiten entstand: Zum Beispiel sanken die Ausscheidungen von Korallen und Algen auf den Meeresboden, lagerten sich dort ab und verfestigten sich im Laufe der Zeit. (Quelle: user:tigerente/ Wikipedia)

Aufgrund dieses Vorgangs, den man in der Geologie auch die "alpidische Faltung" nennt, bezeichnet man die Alpen als "Faltengebirge". Die Schubbewegung des afrikanischen Kontinents in Richtung Norden und die Faltung des Gesteins hatten zwei geologisch interessante Folgen: Viele Gesteine der Alpen liegen heute Hunderte von Kilometern von ihrem ursprünglichen Bildungsort entfernt und oft lagert erdzeitgeschichtlich jüngeres Gestein unter viel älterem Gestein. Die in dieser Phase gefalteten Gesteinsplatten drückten stark nach unten in den Erdmantel. Zum Ausgleich dieses Drucks wölbte sich schließlich vor etwa 30 Millionen Jahren das Gestein aus der Tiefe in die Höhe und bildete ein Gebirge. Diesen Vorgang nennt man auch "alpidische Hebung". Einzelne Alpenteile wurden dabei bis zu 30 Kilometer emporgehoben.

Die Erde in Bewegung - die Alpen heute

Natürlich gibt es heute keinen Gipfel mehr, der 30 Kilometer - also 30.000 Meter - hoch ist. Selbst der höchste Berg der Alpen, der Mont Blanc in Frankreich, ist "nur" 4.810 Meter hoch, das Matterhorn in der Schweiz lediglich 4.478 Meter. Dieser starke Größenschwund ist auf die Erosion (Materialabtragung) durch Wind und Regen, vor allem aber durch Gletschereis zurückzuführen. Und das ging so vonstatten: Während der letzten Eiszeiten waren die Alpen von einer dicken Eisdecke überzogen. Als vor etwa 10.000 Jahren die letzte Eiszeit beendet war, schmolzen die Gletscher ab. Das Gletschereiswasser floss die Berge herab und trug Gestein mit ab. Diese Abtragung gab dem Landschaftsbild der Alpen ihre heutige Gestalt.

Der Mont Blanc in Frankreich ist mit 4.810 Metern der höchste Berg der Alpen. (Quelle: Tinelot Wittermans/ Wikipedia)

Die Kontinentalverschiebung und damit die Gebirgsbildung der Alpen sind noch nicht zu Ende. Die zwei Kontinente bewegen sich immer noch mit einer Geschwindigkeit von fünf Zentimetern pro Jahr aufeinander zu, wodurch die Alpen zunächst um etwa ein bis zwei Zentimeter pro Jahr wachsen. Allerdings wirkt hier die Erosion entgegen, sodass sich das Anwachsen und die Abtragung fast im Gleichgewicht halten. Die Alpen wachsen somit tatsächlich nur um etwa ein Millimeter pro Jahr.

Wir können weder dieses Wachstum der Alpen noch den Schub Afrikas in Richtung Norden wahrnehmen. Dennoch hat die Kontinentalverschiebung eine große Auswirkung und wird der Welt im Laufe der nächsten Jahrmillionen ein ganz neues Aussehen bescheren. So vermuten Geologen, dass die Alpen nicht das einzige Gebirge bleiben werden, das durch die Nordbewegung des afrikanischen Kontinents entsteht. Sie nehmen an, dass das Mittelmeer, ähnlich dem Schwund des Thetys-Meeres, in etwa 80 Millionen Jahren einer neu entstehenden Gebirgskette weichen wird.

Die Alpen erstrecken sich über ca. 750 km von Frankreich im Westen bis nach Österreich und Slowenien im Osten. (Quelle: Perconte/ de.wikipedia)

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letzte Aktualisierung: 20.09.2016

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