Spurlos verschwunden: Vermisste Kinder

von Anna Schäfer - 12.09.2006

Natascha Kampusch hat sich in der vergangenen Woche zum ersten Mal seit ihrer Flucht den Fragen der Journalisten gestellt. Ruhig und gefasst berichtete sie im österreichischen Fernsehen ORF von dem Tag, an dem sie als 10-jähriges Mädchen entführt worden ist. Während die österreichische Polizei sie für tot hielt, wurde sie acht Jahre lang von einem Mann im Keller gefangen gehalten. Nun stellt sich die Frage, ob auch andere vor langer Zeit verschwundenen Kinder gar nicht tot, sondern noch am Leben sind und möglicherweise irgendwo versteckt werden. Eines dieser Kinder könnte Pascal aus Saarbrücken sein.


(Quelle: Photocase)

Als eigentlich niemand mehr glaubte, dass sie noch am Leben sein könnte, gelang Natascha am 23. August die Flucht aus ihrem Gefängnis. Die heute 18-jährige Österreicherin war vor acht Jahren auf dem Schulweg gekidnappt worden. Ihr Entführer hielt sie in einem Kellerverlies unter seinem Haus gefangen. Nach ihrer Flucht wurde Natascha Kampusch von Reportern aus aller Welt bedrängt. Alle wollen Fotos von ihr machen und ein Interview mit ihr führen. Doch Natascha zog sich erst einmal zurück, um zur Ruhe zu kommen. Sie hielt sich sogar von ihren Eltern fern, die ihre Tochter wieder in ihre Arme schließen wollten. Es gab zunächst nur ein einziges kurzes Treffen.

Jetzt will die inzwischen 18-jährige Frau ihren Schulabschluss nachholen und möglichst viel von der Welt sehen. Mit dem Geld, das sie durch die Interviews verdient - es handelt sich um mehrere hunderttausend, möglicherweise sogar mehrere Millionen Euro - will sie auch anderen Kindern und Frauen helfen, die Opfer von Entführungen und Misshandlungen geworden sind.

Lebt Pascal aus Saarbrücken noch?

Seit Neujahr 2001 wird die Schülerin Katrin Konert aus dem Landkreis Lüchow-Dannenberg (Niedersachsen) vermisst. (Quelle: www.vermisste-kinder.de)

Wenn Kinder spurlos verschwinden, ist das für deren Familie eine Katastrophe. Zum Glück tauchen die meisten Vermissten nach kurzer Zeit wieder wohlbehalten auf. Doch leider geht es nicht immer so glimpflich aus. Manchmal werden Kinder und Jugendliche auch entführt, missbraucht oder sogar getötet.

So berichten die Medien in Deutschland seit Jahren über einen Jungen namens Pascal. Er soll am 30. September 2001 als fünfjähriger Junge die Wohnung seiner Eltern in Saarbrücken verlassen haben und wurde seitdem nie mehr gesehen. Die Polizei ging zwei Jahre später davon aus, dass er einer Bande von Kinderschändern zum Opfer gefallen ist, die ihn in einer Kneipe missbraucht und getötet haben sollen. Seine Leiche wurde jedoch nie gefunden.

Wie sucht man nach vermissten Kindern?

Seit zwei Jahren läuft nun bereits der Prozess gegen zwölf angebliche Täter. Doch die Hauptbelastungszeugin hat vor einer Woche ihre ohnehin widersprüchliche Aussage widerrufen und gesagt, dass sie nicht wisse, was mit Pascal geschehen sei. Der Prozess wird vermutlich "platzen" - und Pascals Schicksal ist weiterhin ungewiss. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er noch lebt. Dann wäre Pascal heute zehn Jahre alt.

Die Polizei muss nach dem Fall Kampusch nun ihr Vorgehen überdenken. Denn nach vermissten lebenden Kindern sucht man anders als nach vermissten Kindern, die man für tot hält. In Deutschland gelten derzeit etwa 475 Kinder unter 13 Jahren als vermisst, in Österreich schwanken die Zahlen der als vermisst gemeldeten Kinder zwischen 100 und 200. In der Schweiz sind die einzelnen Kantone für die Vermisstenanzeigen zuständig, daher liegen keine genauen Zahlen für das gesamte Staatsgebiet vor. Bei den Linktipps unten findest du die Fotos vermisster Kinder. Sieh sie dir am besten einmal genau an, vielleicht kannst du ja den entscheidenden Hinweis geben, was mit ihnen passiert ist und wo sie sich aufhalten.

Kinder dürfen sich wehren!

Sebastian Künzel wurde zuletzt in Bad Salzungen in Thüringen gesehen und ist seitdem verschwunden. (Quelle: www.vermisste-kinder.de)

Zum Glück gibt es meistens eine harmlose Erklärung für das Verschwinden der Kinder: Manche verstecken sich nach einem Streit mit den Eltern bei Freunden, haben Angst, mit einer schlechten Note nach Hause zu kommen, trödeln auf dem Heimweg von der Schule oder bleiben am Wochenende länger als vereinbart bei einem getrennt lebenden Elternteil. In mehr als der Hälfte aller Fälle tauchen die Vermissten innerhalb einer Woche wieder auf. Nur drei Prozent (drei von hundert) der als vermisst gemeldeten Kinder bleiben länger als ein Jahr verschwunden.

Durch die Berichterstattung in den Medien kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass Kindesentführungen, Vergewaltigungen und Morde häufiger geworden sind. Tatsächlich sind das aber immer noch seltene Einzelfälle. Es gibt daher keinen Grund, in Panik zu verfallen. Die meisten Menschen haben nichts Böses im Sinn. Das soll nun aber nicht bedeuten, dass du nicht vorsichtig sein sollst! Es gibt durchaus Menschen, die Kinder sexuell missbrauchen, quälen oder sogar töten. Es ist daher ganz wichtig, dass du ein paar Regeln befolgst, die du wahrscheinlich auch schon von deinen Eltern gelernt hast.

  • Gehe niemals mit einem oder einer Fremden mit. Auch dann nicht, wenn er/ sie z.B. behauptet, dass deine Mutter einen schweren Unfall hatte und er/ sie dich ins Krankenhaus zu ihr bringen soll (oder er/ sie einen anderen Notfall schildert). Und selbstverständlich auch dann nicht, wenn er/ sie dir z.B. seine/ ihre süßen Hundewelpen zeigen will.

  • Steige niemals zu einem/ einer Fremden ins Auto. Halte zwischen Dir und dem Auto immer genug Abstand, damit du die Möglichkeit hast, zur Seite zu springen, sollte dich jemand in den Wagen ziehen wollen.

  • Lasse keine Fremden ins Haus, wenn du alleine bist. Auch dann nicht, wenn sie sich z.B. als Polizisten, Arbeitskollegen des Vaters/ der Mutter oder ähnliches ausgeben.

  • Wenn dir etwas komisch vorkommt oder dir unangenehm ist, wie ein Erwachsener mit dir umgeht, erzähle deinen Eltern oder einem Erwachsenen, dem du vertraust, davon.

  • Wenn du dich von einem Erwachsenen bedrängt fühlst, weil er dich zum Beispiel streichelt, dir sein Geschlechtsteil zeigt oder dir auf eine andere Art unangenehm wird, solltest du laut schreien, weglaufen und einen Ort aufsuchen, an dem sich viele Menschen aufhalten.

  • Höre auf dein Gefühl! Wenn dir etwas unheimlich ist oder jemand Sachen mit dir machen will, die dir unangenehm sind, hast du das Recht, dich zu wehren. Egal, ob der Erwachsene ein Fremder ist oder - wie es leider nicht selten der Fall ist - ein Freund deiner Eltern oder sogar ein Familienmitglied. Ganz wichtig ist, dass du deinen Eltern davon erzählst, damit sie dir helfen können. Wenn sie dir nicht glauben oder wenn deine Eltern sogar die Täter sind, dann wende dich sofort an eine erwachsene Vertrauensperson oder direkt an die Polizei.

  • Fahre niemals "per Anhalter" (Lebensgefahr!).

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letzte Aktualisierung: 23.11.2009

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