Gewalt in Tibet fordert Menschenleben

Der Dalai Lama fordert ein Ende des "kulturellen Völkermordes" durch China

18.03.2008

Olympia 2008 soll in China stattfinden. Zurzeit stehen aber nicht die Olympischen Spiele im Mittelpunkt des Interesses, sondern die jüngsten Aufstände in Tibet, die von den Chinesen gewaltsam niedergeschlagen werden. Seit vielen Jahren wird das tibetische Volk im eigenen Land von der chinesischen Regierung unterdrückt.

Tibet gilt als "Dach der Welt". (Quelle: pixelio | Gabi Huckelmann)

Die chinesische Regierung spricht von "Randalierern", "Verrätern" und "Terroristen" - innerhalb des tibetischen Volkes ist von "Unterdrückung" und "kulturellem Völkermord" die Rede. Bilder von Razzien - also plötzlichen Großdurchsuchungen der Polizei - in der Tibetischen Hauptstadt Lhasa gehen um die Welt. Der chinesischen Bevölkerung werden dagegen Filme von randalierenden tibetischen Mönchen vorgespielt. In China werden die Medien wie Fernsehen, Internet und Zeitungen sehr stark von den Machthabern zensiert. "Zensur" heißt Kontrolle durch den Staat, um kritische und unerwünschte Inhalte zu unterdrücken.

"YouTube" - das Videoportal im Internet - wurde in China sogar gesperrt, um den Chinesen den Zugang auf einen Filmausschnitt zu verwehren, die das Militär in einer ganz anderen Pose zeigt, als dem chinesischen Volk von der eigenen Regierung vermittelt werden soll. Die Tibeter und deren geistiges Oberhaupt, der Dalai Lama, möchten auf sich und ihre Probleme unter der chinesischen Regierung aufmerksam machen. Dass die Proteste der Tibeter momentan aufmerksam verfolgt werden, ist kein Zufall. Wegen der Olympischen Spiele ist das weltweite Interesse an China und seiner von vielen Seiten kritisierten Politik deutlich gewachsen.

Viele Menschen kamen ums Leben

Menschen pilgern in die Hauptstadt Lhasa, um dort zu beten. Doch die Gewalt spitzt sich zu, und viele Menschen kamen bereits ums Leben. (Quelle: pixelio | Jerzy)

Ausländer, die sich zurzeit in Tibet aufhalten, wurden angewiesen, das Land auf schnellstem Weg zu verlassen. Ob die Regierung nun wirklich um das Wohl der Touristen, Helfer und Journalisten besorgt ist, oder vielmehr versucht, alle ausländischen Zeugen aus der Region zu schaffen, ist die Frage. Sicher ist jedenfalls, dass das Militär mit harter Hand gegen die Tibeter vorgeht und der Dalai Lama schon seit langem von der chinesischen Regierung als Krimineller und Terrorist dargestellt wird (mehr zum Thema: siehe auch unten verlinkter Artikel "Der Dalai Lama").

Laut Angaben der chinesischen Medien sind bei den Protesten bisher 13 Menschen zu Tode gekommen. Die im Ausland lebende tibetische Regierung spricht jedoch von bis zu 100 Opfern. (Man bezeichnet eine Regierung, die sich außerhalb des eigenen Landes befindet, auch als "Exilregierung". Dieser Begriff kommt aus dem Lateinischen und drückt aus, dass man "in die Fremde verbannt" wurde.) Eine Welle von Verhaftungen und Misshandlungen festgenommener Demonstranten wurde bekannt. Das Militär veranstaltet Razzien und verhaftet Kritiker sowie bereits bekannte politische Gegner.

In China verhasst und weltweit beliebt: Der Dalai Lama

Der Dalai Lama ist Oberhaupt der tibetischen Buddhisten und Friedensnobelpreisträger. (Quelle: Wikipedia )

Der Dalai Lama, der in China gehasst wird, versucht weiterhin an seinem Kurs einer gewaltlosen Befreiung festzuhalten. Vor nun fast 60 Jahren sind chinesische Truppen in Tibet eingefallen und haben das Land ihrer Regierung unterstellt. Zehn Jahre nach der Besetzung musste der Dalai Lama nach Indien fliehen, wo er bis heute "im Exil" lebt. Die Forderungen an die chinesische Regierung wurden immer geringer. Protestierten die Tibeter anfangs noch für einen eigenen Staat, fordern sie heute lediglich mehr Recht auf Selbstbestimmung und auf die freie Ausübung ihrer Religion.

Alle bisherigen Proteste der Bevölkerung wurden von den Chinesen gewaltsam niedergeschlagen. Die letzte große Revolte fand 1989 am Platz des himmlischen Friedens in Chinas Hauptstadt Peking statt - auch diese wurden von der chinesischen Regierung brutal gestoppt. Nach dem "Massaker am Platz des himmlischen Friedens" reagierte die internationale Politik mit Kritik und wirtschaftlichen Beschränkungen. Seitdem änderte sich der Kurs Chinas. Es begann ein schleichender "kultureller Völkermord", indem immer mehr Chinesen nach Tibet geschleust wurden, während die tibetische Bevölkerung zur Minderheit gemacht und unterdrückt wurde. Dem möchten die Tibeter - die Bewohner des so genannten "Dachs der Welt" - endlich Einhalt gebieten.

Olympische Spiele, ja oder nein?

Majestätisch thront der Potala-Palast auf dem Roten Berg über der Hauptstadt Lhasa. 1950 besetzten chinesische Truppen das Land und vertrieben viele tibetische Buddhisten. (Quelle: Wikipedia / Library of Congress)

Die Chinesen fürchten derweil um ihr "Image" - immerhin sollen in diesem Jahr in Peking die Olympischen Spiele stattfinden. Die Werbetrommeln für ein "weltoffenes China" sind schon längst angelaufen und stehen im großen Widerspruch zu den Bildern, die uns aus Tibet erreichen. Einerseits wäre ein Boykott ("Verweigerung") in der Geschichte der Olympischen Spiele keine Ausnahme.

Einige befürchten jedoch, dass die Regierung dann mit noch mehr Härte gegen die Tibeter vorgehen würde. Den Chinesen liegt natürlich viel an der Austragung der Olympischen Spiele im eigenen Land. Es könnte innerhalb der Bevölkerung das Bild, das die chinesische Regierung vom Dalai Lama und seinen Anhänger vermitteln will, bekräftigt werden. Zuspruch und Rückhalt aus den eigenen Reihen könnten sich eher noch verstärken. Andere argumentieren damit, dass Sportveranstaltungen generell "unpolitisch" sein sollten. Dagegen gehalten wird, dass gerade mit den Olympischen Spielen milliardenschwere Geschäfte verbunden sind.

Nun stellt sich die Frage, ob andere Länder letztendlich eingreifen werden. Bisher halten sich die internationalen Staaten sehr zurück. Nachbarstaaten wie Indien bekennen sich sogar zu China und bekämpfen Demonstranten, die sich für ein freies Tibet einsetzen. Durch die Größe, wirtschaftliche Bedeutung und somit Machtstellung Chinas handeln viele andere Staaten vor allem strategisch, anstatt etwas gegen die Verletzungen der Menschenrechte zu unternehmen. Sie sind darauf bedacht, ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen nicht zu gefährden - und diese haben wie so oft für sie mehr Gewichtung als die humanitären (menschlichen).




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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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