Lexikon: Analphabet / Analphabetismus

von Tanja Lindauer

Bei uns sind alle Kinder schulpflichtig und lernen ab der 1. Klasse lesen und schreiben. (Quelle: berwis/ pixelio.de)

Ein Analphabet ist ein Mensch, der entweder überhaupt nicht lesen und schreiben kann, oder nur so schlecht, dass er im Alltag große Probleme hat. Allgemein spricht man von "primären Analphabeten", wenn die Fähigkeit zu lesen und schreiben nie erworben wurde und von "sekundären Analphabeten", wenn diese Kenntnis wieder verlernt wurde. Man unterscheidet verschiedene Typen von Analphabetismus: Menschen, die ihren eigenen Namen schreiben können und einzelne Buchstaben kennen, aber nicht schreiben und lesen können, gehören zum ersten Typ. Zum zweiten Typ zählt man alle Personen, die Texte ganz langsam und mit viel Mühe lesen, aber überhaupt nicht schreiben können. Personen, die lesen, aber nur ganz schlecht schreiben können, gehören zum dritten Typ. Die bisherigen Typen beschreiben so genannte "funktionale Analphabeten". Schließlich gibt es noch die "Total-Analphabeten", die weder schreiben noch lesen können.

Für dich ist es zwar ganz selbstverständlich, dass du lesen und schreiben kannst - wenn du ein Buch lesen oder eine Mail schreiben möchtest, dann stellt das kein Problem dar. Aber es gibt viele Menschen, die das nicht können - auch sehr viele Erwachsene. Weltweit gibt es mehr als eine Milliarde Analphabeten - die meisten von ihnen leben in Asien, Afrika und Südamerika. In diesen ärmeren Ländern besteht meistens keine Schulpflicht und es existieren nur wenige Schulen und Bildungseinrichtungen, da diese sehr teuer sind. Viele Menschen in den so genannten "Entwicklungsländern" haben also überhaupt keine Möglichkeit, richtig lesen oder schreiben zu lernen.

Aber auch in "Industrieländern", in denen eine Schulpflicht besteht, gibt es viele Analphabeten. In den USA sind es zum Beispiel 13 Prozent der Bevölkerung, die nicht schreiben und lesen können - also 13 von hundert Menschen! Und auch in Deutschland gibt es viele Menschen, die Bücher oder die Beiträge auf Helles-Köpfchen nicht lesen können. Schätzungen zufolge leben in Deutschland vier Millionen Analphabeten. Total-Analphabeten sind in Deutschland allerdings sehr selten. Wie kann es passieren, dass in einem Land, in der Kinder schulpflichtig sind, Menschen weder richtig lesen noch schreiben können?

Die Gründe dafür sind nicht einfach zu benennen - meistens sind es mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen. Analphabetismus hat aber nichts mit "Dummheit" zu tun. Persönliche Probleme oder Probleme in der Familie können zum Beispiel Gründe für Analphabetismus sein. Kinder, die in schwierigen Verhältnissen und zerrütteten Familien aufwachsen, fühlen sich manchmal in ihrer Situation völlig überfordert, was sich stark auf die schulischen Leistungen auswirken kann. Kinder, die Probleme haben, lesen und schreiben zu lernen, werden auch häufig auf Sonderschulen geschickt. Andere Schüler "mogeln" sich irgendwie durch ihre Schulzeit und haben am Ende nicht einmal einen Abschluss. Und das, was sie über Schreiben und Lesen gelernt haben, vergessen sie schnell wieder. Denn sie wenden diese Kenntnisse nur selten an - und Übung ist entscheidend, um das Lesen und Schreiben richtig zu beherrschen! Wenn man nur ganz selten Texte liest und schreibt, dann wird man es nie richtig lernen und mit der Zeit immer schlechter können.

Analphabeten haben es sehr schwer. In ihrem Alltag geraten sie ständig in Situationen, in denen sie etwas lesen oder schreiben müssen - sei es im Supermarkt oder bei einer Behörde. Wie meistern sie diese Situationen? Oft haben Analphabeten eine Ausrede parat, um nicht aufzufallen. Zum Beispiel sagen sie, sie hätten ihre Brille vergessen und bitten jemand anderen, ihnen etwas vorzulesen. Den meisten Betroffenen ist es sehr unangenehm und peinlich, dass sie das Lesen und Schreiben nicht beherrschen - die meisten Menschen in unserer Gesellschaft hätten dafür auch wenig Verständnis. Die UNESCO, die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, hat den 8. September zum "Weltbildungstag" erklärt. An diesen Tag soll man sich daran erinnern, dass es viele Menschen gibt, die nicht lesen und schreiben können. Und dass es in vielen Ländern noch lange keine Selbstverständlichkeit ist, zur Schule zu gehen.

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Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 29.11.2011

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