Fußball-WM 2010: Das Viertelfinale

Top-Favorit Brasilien draußen, Deutschland mit grandiosem Sieg ins Halbfinale

Teil 5 von 7

von Björn Pawlak - 03.07.2010

Je näher das Finale der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Johannesburg rückt, desto größer wird die Spannung - mit den Niederlanden, Uruguay, Deutschland und Spanien sind jetzt nur noch vier Mannschaften im Turnier! Im Viertelfinale verabschiedeten sich die Top-Favoriten Brasilien (1:2 gegen die Niederlande) und Argentinien (0:4 gegen Deutschland) - mit Ghana schied auch das letzte afrikanische Team aus, und zwar auf äußerst unglückliche und dramatische Weise (1:1 nach Verlängerung und anschließend 2:4 im Elfmeterschießen gegen Uruguay). Besonders Deutschland wird immer mehr zum dominierenden Team bei dieser WM - nach dem 4:1-Sieg gegen England gab es auch gegen Argentinien ein deutliches Ergebnis.

Fußball-Fieber in Südafrika: Das letzte afrikanische Team, Ghana, schied auf dramatische und fast schon grausame Weise gegen Uruguay aus. Auch Brasilien, für das man hier große Sympathien empfindet, ist draußen. (Quelle: Marcello Casal Jr//ABr || Wikipedia)

Im Fußball liegen Sieg und Niederlage manchmal ganz knapp beieinander - so im Viertelfinalspiel zwischen Uruguay und Ghana: In der letzten Minute der Nachspielzeit verhinderte Uruguays Mittelstürmer Luis Suarez mit Handspiel auf der eigenen Torlinie das Siegtor für Ghanas "Black Stars" (ihr Spitzname). Dafür sah er die Rote Karte - Elfmeter für Ghana! Asamoah Gyan trat an und knallte den fälligen Strafstoß in der letzten Aktion des Spiels gegen die Latte - es wäre der erste Halbfinaleinzug eines afrikanischen Teams bei einer Fußball-Weltmeisterschaft gewesen. Stattdessen kam Uruguay weiter, weil es im danach folgenden Elfmeterschießen die Nerven behielt.

Im Fußball gibt es aber auch Tage, an denen der einen Mannschaft alles und der anderen überhaupt nichts gelingt - so im Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Argentinien. Die leicht favorisierten Südamerikaner fanden überhaupt nicht zu ihrem Spiel und enttäuschten am Ende auf ganzer Linie. Deutschland hingegen, das schon nach drei Minuten durch Thomas Müller in Führung gehen konnte, spielte sich geradezu in einen Rausch hinein und demütigte Argentinien nach 90 Minuten mit 4:0. Im Halbfinale wartet nun Spanien, das sich beim 1:0-Sieg gegen Paraguay lange Zeit schwer tat. Im zweiten Halbfinale wird Brasilien-Bezwinger Niederlande gegen Uruguay antreten.

Niederlande - Brasilien 2:1 - Das Aus für den Rekordweltmeister

Drehte das Spiel gegen Brasilien mit seinen Toren: Wesley Sneijder ist gemeinsam mit Arjen Robben der Schlüsselspieler in der Offensive der "Oranjes". (Quelle: TBWA\Busted || Flickr || Wikipedia)

Im ersten Viertelfinale standen sich Favorit Brasilien und die Niederländer gegenüber - im Land des Rekordweltmeisters war man sich ganz sicher, dass das eigene Team dies Hürde nehmen würde. Und so sah es am Anfang auch aus: Brasilien erspielte sich sofort die ersten Chancen und dominierte mit leichtfüßigem Kurzpassspiel und ging nach zehn Minuten durch Robinho in Führung - sein Schuss kam von der Strafraumgrenze. In der ersten Halbzeit kamen die Brasilianer nie in Gefahr und hätten eigentlich noch mindestens zwei weitere Tore schießen müssen. Die Niederlande konnte froh sein, als es in die Pause ging.

Mit der zweiten Halbzeit und vor allem mit dem Tor aus heiterem Himmel für die Niederländer kam dann aber ein Bruch ins Spiel der Brasilianer. In der 53. Minute brachte Wesley Sneijder einen Freistoß von rechts in den Strafraum richtung langes Torwarteck - Brasiliens Keeper Julio Cesar hechtete ohne Erfolg dem Ball entgegen und stieß dabei mit dem eigenen Abwehrspieler Felipe Melo zusammen, der den Ball unglücklich mit dem Kopf ins eigene Tor beförderte. Man kann darüber streiten, ob es ein Eigentor war oder aber ein Treffer des Freistoßschützen Sneijder, der das Tor gut geschrieben bekam.

Die brasilianische Lockerheit war mit dem Ausgleichstor zunichte gemacht - die "Oranjes" vom Team Niederlande hingegen witterten jetzt ihre Chance und erspielten sich durch Zweikampfstärke im Mittelfeld zusehends ein Übergewicht. Zunächst kam es zu einem offenen Schlagabtausch - Dani Alves und Kaká vergaben Chancen, die Brasilianer erneut in Führung zu bringen. Für die Niederländer war es in der 68. Minute dann wieder eine Standardsituation (diesmal eine Ecke), die den Weg zum Tor ebnete - der immer stärker werdende Robben bediente mit seinem Eckball Sneijder, der mit dem Kopf zum 2:1 traf. Brasilien reagierte schlecht auf den Rückstand - Felipe Melo gingen in der 73. Minute die Nerven durch, als er gegen Robben nachtrat und dafür die Rote Karte sah. Brasilien rannte bis zum Spielende noch einmal an, kam aber nicht mehr zu klaren Torchancen. Brasiliens Trainer Carlos Dunga droht nach dem Auscheiden auch das Aus in der Nationalmannschaft.

Uruguay - Ghana 1:1, 4:2 im Elfmeterschießen - Drama in der Schlussminute

Die entscheidenden Spieler bei Uruguay: Diego Forlán (rechts) erzielte das Tor, Luis Suárez (links) verhinderte mit seinem Handspiel auf der Linie Ghanas Siegtreffer. (Quelle: Jimmy Baikovicius || Flickr || Wikipedia)

Die Partie zwischen Uruguay und dem letzten verbliebenen afrikanischen Team Ghana war über die gesamte Spieldauer höchst spannend und attraktiv, das bessere Ende für sich hatte Uruguay. "Held" des Spiels war schließlich ein Mann, der durch sein Handspiel auf der Linie ein Tor verhinderte und damit erst möglich machte, dass Uruguay überhaupt ins Elfmeterschießen kommen konnte. Einmal mehr zeigte sich, dass "Fair Play" und Fußball nicht unbedingt besonders viel miteinander zu tun haben.

Zu Beginn des Spiels begann Ghana noch zögerlich, Uruguay setzte mit seinen starken Angreifern Diego Forlán und Suárez die ersten Akzente. Ghana kam dann aber immer besser in die Partie, immer wieder angetrieben vom erneut starken Kevin-Prince Boateng im Mittelfeld. Überhaupt muss man sagen, dass Ghana bei dieser WM mit schönem und technisch anspruchsvollem Fußball begeisterte, auch wenn er letztlich nicht zum ganz großen Erfolg reichte. Kurz vor der Halbzeit schlug Ghana dann zu: Sulley Muntari zog aus der Distanz ab und traf mit einem Aufsetzer ins rechte Eck - dem Torwart war die Sicht genommen, so dass er diesen Ball nicht mehr erreichen konnte.

In der zweiten Halbzeit spielte Ghana stark auf - bis zum überraschenden Ausgleich durch Forlán. Der Kapitän der "Urus" vewandelte in der 55. Minute einen Freistoß direkt. Ghana war nun wieder eingeschüchtert, Uruguay anschließend dem Siegtor mehrere Male nahe. Es blieb aber bis zum Abpfiff bei diesen beiden Toren - die Verlängerung folgte. Ghana war jetzt wieder entschlossener und schien anders als Uruguay gewillt, das Spiel vor dem Elfmeterschießen zu entscheiden. Kurz vor Schluss vergab Boateng zwei Chancen, in der letzten Minute gab es noch einmal Freistoß von der rechten Seite und dann eigentlich das Siegtor für Ghana - Suárez klärte den ersten Schuss für seinen geschlagenen Torwart mit dem Fuß auf der Linie, einen zweiten Schuss dann jedoch mit der Hand. Statt Tor für Ghana Elfmeter und die Rote Karte für Suárez (vielleicht sollte man hier über eine Regeländerung nachdenken) - Asamoah Gyan trat an und nagelte den Ball an die Latte. Im nun folgenden Elfmeterschießen versagten zwei Spielern von Ghana die Nerven - Uruguay siegte und steht im Halbfinale.

Deutschland - Argentinien 4:0 - Maradona gedemütigt

Weltklasseleistung gegen Argentinien: Bastian Schweinsteiger sticht im deutschen Team als kampfstarker Mittelfeldstratege heraus. (Quelle: Horst Ettensberger || Wikipedia)

Was ist nur mit der deutschen Nationalmannschaft los? Das Team von Trainer Joachim Löw scheint immer stärker zu werden - nun wurde das als einer der Hauptfavoriten gehandelte Argentinien mit 4:0 nach Hause geschickt. Die Deutschen erwischten einen perfekten Start, als schon in der dritten Spielminute nach einer Freistoßflanke von Bastian Schweinsteiger der Führungstreffer fiel - wieder hatte Youngster Thomas Müller zugeschlagen, diesmal mit dem Kopf. Argentinien brauchte einige Minuten, um den Schock zu verdauen. Zwar wurde das Team von Trainer Diego Maradona immer stärker, Deutschland hielt aber weiter gut dagegen und hatte durch Miroslav Klose sogar die große Chance, auf 2:0 zu erhöhen. Mit 1:0 für Deutschland ging es in die Pause.

Wie erwartet kam Argentinien dann stark in die zweite Spielhälfte rein - immerhin galt es, den Rückstand aufzuholen. Bis zum zweiten Tor der Deutschen war es ein offener Schlagabtausch, in dem Argentinien Chancen zum Ausgleich hatte. In der 67. Minute schlug Deutschland eiskalt zu: Müller spielte den Ball im Liegen zu Lukas Podolski, der bediente in der Mitte Klose, der den Ball nur noch ins leere Tor befördern musste. Argentinien antwortete kurz mit wütenden Angriffen, aber die Deutschen legten sofort den dritten Treffer nach - diesmal war es Abwehrspieler Arne Friedrich, der eine ganz starke Vorarbeit von Schweinsteiger verwertete.

Argentinien gab sich geschlagen und musste sogar noch das 0:4 durch ein weiteres Tor von Klose hinnehmen. Für Klose war es das 52. Tor im 100. Länderspiel und das 14. Tor bei einer WM - in der ewigen Bestenliste der WM-Torschützen liegt er jetzt gleichauf mit Gerd Müller auf dem zweiten Platz, nur der Brasilianer Ronaldo steht mit 15 Toren noch besser da. Auf deutscher Seite konnte man kaum glauben, mit welcher Dominanz dieses Spiel gewonnen wurde. Mittlerweile ist Deutschland selbst zum großen Favoriten bei dieser WM geworden - im Halbfinale wartet mit Europameister Spanien die nächste Weltklassemannschaft.

Spanien - Paraguay 1:0 - Wird der Europameister auch Weltmeister?

Wer kommt ins Finale? Xavi und seine Spanier erwarten Deutschland zu einem "heißen Tanz". (Quelle: Alfonso Jimenez || Flickr || Wikipedia)

Das kleine Paraguay war nah dran, den Europameister aus Spanien zu ärgern. Die Südamerikaner waren lange Zeit das ebenbürtige Team - Nelson Valdéz von Borussia Dortmund erzielte kurz vor der Pause sogar das vermeintliche 1:0 für Paraguay, das aber wegen ganz knapper Abseitsstellung nicht gegeben wurde. In der ersten Halbzeit beackerten sich beide Mannschaften gegenseitig - Torchancen waren Mangelware.

Die zweite Hälfte hatte dann ihre ganz besondere Dramatik: Nachdem es zunächst in einem engen Spiel ähnlich weiterging wie im ersten Durchgang, wurde es um die 60. Spielminute herum chaotisch, als es unmittelbar hintereinander zuerst für Paraguay und dann für Spanien einen Foulelfmeter gab. Beide Male versagten dem Schützen aber die Nerven - Oscar Cardozo vergab für Paraguay, Xabi Alonso scheiterte auf spanischer Seite. Alonso verwandelte zwar zunächst, der Schiedsrichter ließ den Elfmeter aber wiederholen, weil ein spanischer Spieler zu früh in den Strafraum gerannt war. Im zweiten Versuch scheiterte der Schütze an Paraguays starkem Torhüter Justo Villar.

Ein Spitzenteam schlägt in den entscheidenden Augenblicken zu, und das gelang den Spaniern schließlich: In der 83. Minute markierte Spaniens Torjäger David Villa sein Tor Nummer fünf bei dieser WM, als er einen Pfostenschuss von Pedro im Nachschuss und mit Hilfe beider Innenpfosten im Netz unterbringen konnte - ein Billardtor. Paraguay blieb nun nicht mehr viel Zeit - eine Riesenchance gab es allerdings noch: Roque Santa Cruz hatte die hundertprozentige Chance aus kurzer Distanz, nachdem Spaniens Torhüter Iker Casillas einen Flachschuss von Lucas Barrios nur abprallen konnte. Der spanische Torhüter parierte auch den Schuss von Santa Cruz und hielt somit den Sieg für Spanien fest. Jetzt wartet Deutschland, das sich für die Niederlage im Finale der Europameisterschaft vor zwei Jahren revanchieren möchte.

Das Viertelfinale im Überblick

Niederlande - Brasilien 2:1 (in Port Elizabeth)

Uruguay - Ghana 1:1, 4:2 i.E. (in Johannesburg)

Argentinien - Deutschland 0:4 (in Kapstadt)

Paraguay - Spanien 0:1 (in Johannesburg)

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letzte Aktualisierung: 04.07.2010

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