Martinsumzug: Wer war der Heilige Sankt Martin?

von Tanja Lindauer

"Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne" oder "Ich geh mit meiner Laterne, und meine..." - diese Lieder kennen viele Kinder und jährlich um den 11. November herum werden sie gesungen, denn dann ist wieder Martinstag. Er gilt als der Tag der "Nächstenliebe" und "Hilfsbereitschaft". Aber warum feiert man eigentlich diesen Tag mit einem Laternenumzug und wer ist der Heilige Sankt Martin gewesen? Was hat es mit dem Brauch der Martinsgans auf sich?

Am Martinstag gibt es abends meistens einen schönen Umzug, bei dem die Kinder mit ihren Laternen durch die Straßen ziehen und Martinslieder singen.
Helles Köpfchen

Martin von Tours wurde im Jahr 316/ 317 nach Christus in Pannonien im heutigen Ungarn als Sohn eines römischen Offiziers geboren - sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Pannonien war damals eine römische Provinz, und als Martin geboren wurde, wurde das Römische Reich zum ersten Mal von einem Kaiser regiert, der sich zum Christentum bekannte, nämlich von Konstantin dem Großen.

Viele Menschen standen dem Christentum damals noch kritisch bis ablehnend gegenüber, und auch Martins Familie hatte ihre Schwierigkeiten mit dem christlichen Glauben. Martins Vater arbeitete in der römischen Armee und sein Sohn sollte einmal in seine Fußstapfen treten, daher gab er ihm auch den Namen Martinus (Martin), denn dieser Name stammt von dem römischen Kriegsgott Mars.

Als Martin 15 Jahre alt war, trat er also den Weg an, den sein Vater für ihn vorgesehen hatte und er wurde ein Soldat im römischen Heer. Sein Vater konnte stolz sein, denn schon bald wurde er Offizier und reiste durch viele Länder, wie beispielsweise Frankreich oder Italien. Auf diesen Reisen kam er immer wieder mit dem christlichen Glauben in Kontakt und er begann sich dafür zu interessieren. Er vertiefte seinen Glauben immer weiter. Bald gehörte Martin auch zur Leibgarde (er war also so eine Art Bodyguard) von Konstantin II.

Die berühmte Mantelteilung

Auch der berühmte Maler El Greco hielt die Szene der Mantelteilung in einem Bild fest. Martin schneidet seinen Mantel in zwei Hälften und gibt dem armen Bettler eine der Hälften.
Wikimedia Commons

Als Martin etwa 17 Jahre alt war, war er in der Stadt Amiens in Frankreich stationiert. An einem kalten Wintertag soll ihm hier ein Bettler begegnet sein, der kaum etwas anhatte und fürchterlich fror. Die Menschen ignorierten den Bettler und wollten ihm nicht helfen. Martin sah den armen Mann und beschloss, da er nichts anderes als seine Waffen und seinen Mantel dabei hatte, seinen Mantel mit dem Schwert in zwei Hälften zu teilen - die eine Hälfte gab er dem frierenden Mann. Du musst wissen, dass die Mäntel früher wie eine große Decke aussahen und einfach umgelegt wurden. Ärmel oder so etwas gab es an den Mänteln noch nicht.

So soll sich die berühmte Situation zugetragen haben - diese Mantelteilung symbolisiert bis heute die Wohltätigkeit des Heiligen Sankt Martin. Viele Künstler haben diesen Moment später festgehalten - meistens ist Martin dabei auf einem Pferd abgebildet. Aber wahrscheinlich hatte Martin kein Pferd dabei, sondern war zu Fuß unterwegs. Mit dem Pferd wollten die Künstler zum Ausdruck bringen, wie sehr sich Martin in dieser Situation "erniedrigt" habe: Ein angesehener Mann, ein Soldat, beugt sich zu einem Bettler hinab.

In der nächsten Nacht soll dem schlafenden Martin Jesus erschienen sein, der seinen halben Mantel trug. In seinem Traum war der Bettler also der Heiland Jesus. Jesus sagte zu den Engeln: "Martinus, der noch nicht getauft ist, hat mich mit diesem Mantel bekleidet!" Als Martin am nächsten Morgen erwachte, stand für ihn fest, was er zu tun hatte. Für ihn war der Traum ein Zeichen, er wollte die Armee verlassen und sich ganz in den Dienst Gottes stellen.

Martin tritt dem christlichen Glauben bei

Auf dem Umzug ist meistens auch immer ein Reiter dabei, der Sankt Martin darstellen soll, und der wie ein römischer Soldat gekleidet ist.
Thomas Max Müller/ pixelio.de

Martin ließ sich taufen und wollte also aus dem Heer austreten. Das war aber sehr schwierig, denn er hatte sich verpflichtet, dem Militär 25 Jahre lang zu dienen. Sein Vorgesetzter glaubte Martin nicht, dass er die Armee aus einer religiösen Überzeugung heraus verlassen wolle. Für ihn stand fest, dass Martin nur Angst vor einer Schlacht habe, die zwischen den Römern und den Germanen bevorstand, und deshalb das Weite suchen wollte.

Er beschimpfte Martin als Feigling - dieser zeigte sich jedoch gelassen und teilte ihm mit, dass er auch unbewaffnet in die Schlacht ziehen würde, da er auf Gott vertraue. Aber der Gegner ergab sich schon vor Beginn der Schlacht, und so kam es gar nicht erst zu einem Kampf. Martin wurde nicht aus dem Militärdienst entlassen, sondern er musste warten, bis die 25 Jahre verstrichen waren. Im Alter von 40 Jahren durfte er dann endlich das Heer verlassen und er ließ sich von Bischoff Hilarius zum Priester ausbilden. Später gründete er das erste Kloster des Abendlands in Ligugé in Frankreich.

Die Heiligsprechung des Bischofs Martin

Darstellung des Heiligen Martin am Basler Münster
Jacob Burckhardt/ Wikimedia Commons

Martin soll ein gutherziger und großzügiger Mann gewesen sein und die Menschen liebten ihn. Daher wollten sie ihn auch zum Bischof von Tours wählen. Aber Martin wollte überhaupt nicht Bischof werden, weil er sich für diese Position nicht "würdig" genug empfand. Ihm war die Situation so unangenehm, dass er sich in einem Gänsestall versteckt haben soll. Aber auch die Gänse hatten sich wohl gegen ihn verbündet und schnatterten so laut, dass er doch gefunden wurde. Zur Strafe soll Martin die Gänse gebraten haben. Und so wurde er im Jahr 372 unfreiwillig zum Bischof ernannt.

Für Martin sollte sich aber nichts ändern und er blieb so bescheiden, wie er auch als Mönch gelebt hatte. Er lebte in Askese - das bedeutet, er verzichtete auf jede Art von Luxus, obwohl er als Bischof auch ein Leben voller Genuss hätte führen können. Martin war 30 Jahre lang Bischof und die Menschen bewunderten ihn, denn er soll viele Wundertaten und Heilungen vollbracht haben. Später gründete er ein Kloster in Marmoutier.

Am 8. November 397 starb Martin auf einer seiner Reisen und am 11. November, dem heutigen Martinstag, wurde er beerdigt. Viele Menschen kamen von nah und fern zu seiner Beerdigung und wollten sich so von ihm verabschieden und ihm die letzte Ehre erweisen. Nach seinem Tod wurde er vom Papst heiliggesprochen. Er wurde zum Schutzpatron für viele Berufe, wie etwa Winzer, Fassmacher, Schneider, Müller oder Hutmacher.

Martinstag: Der Laternenumzug

Es ist Brauch, zum Martinsumzug auch ein großes Feuer zu entzünden.
segovax/ pixelio.de

Am Martinstag gibt es abends meistens einen schönen Umzug, bei dem die Kinder mit selbst gebastelten Laternen durch die Straßen ziehen und Martinslieder singen. Oft wird auch davon gesungen, dass Martin seinen Mantel mit einem Bettler teilte, oder die Mantelteilung wird sogar nachgespielt. Die Umzüge werden auch fast immer von einem Mann auf einem Pferd begleitet, der wie ein römischer Soldat mit einem Umhang gekleidet ist und die Rolle von Sankt Martin übernimmt. Aber warum ist es üblich, zu Sankt Martin mit Laternen umherzuziehen?

Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen. Zum einen sollen die Menschen an seinem Grab oft Lichterumzüge veranstaltet haben, woraus sich dann später der Umzug mit Laternen entwickelte, mit dem man sich an seinem Todestag an ihn und seine Taten erinnern soll. Zum anderen könnte es aber auch an dem Jahresablauf der Bauern liegen. Denn um den 11. November herum wurden das Licht und vor allem das Feuer für die Menschen sehr wichtig. In der kalten Jahreszeit wird es bekanntlich schon früh dunkel und man musste in früheren Zeiten die Öfen wieder benutzen. Einst war der 11. November auch der Winteranfang und man feierte das Ende des Erntejahres. Der Martinstag war der letzte Tag der Ernte von Korn und Wein und man begann, Tiere zu schlachten. Als Dank hat man ein Erntefest veranstaltet und auf den Feldern ein großes Feuer gemacht.

Die Kinder haben dann Fackeln an diesem Feuer entzündet oder auch ein Licht in ausgehöhlte Rüben oder Kürbisse gesteckt - diese nannte man Trullichter -, um damit durch die Ortschaften zu wandern und um Obst und Gebäck zu bitten. Das machen viele Kinder auch noch heute - sie ziehen mit ihren Laternen von Haus zu Haus, singen Lieder und fragen nach Gebäck oder etwas Süßem. In vielen Gegenden gibt es jährlich zum Martinstag leckere Weckmänner oder Laugenbrezeln. Ein anderer Grund könnte auch sein, dass man damit der Nacht gedenkt, in der das Volk Martin suchte, um ihn zum Bischof zu ernennen, während er sich im Gänsestall versteckte. Denn um ihn zu finden, mussten die Menschen nachts mit Laternen auf die Straßen gehen.

Die Martinsgans und das Feuer

Oft wird am Martinstag eine Gans, die "Martinsgans", verlost.
December-Girl/ pixelio.de

Wie du ja schon gelesen hast, besagt die Legende, dass Martin sich im Gänsestall vor dem Volk von Tours versteckt haben soll, und dass die Gänse ihn dann verrieten. Der Brauch der Martinsgans könnte also daher rühren, dass Martin sich an den armen Gänsen rächen wollte und sie deswegen hat schlachten lassen.

Er könnte aber auch einen anderen Ursprung haben: Früher fasteten die Menschen zur kalten Jahreszeit für zwei Wochen. Mit einem Gänsebraten wurde noch einmal richtig geschlemmt, bevor man mit dem Fasten zum Advent begann. Zudem mussten die Bauern zu dieser Zeit ihre Pacht bezahlen, und oftmals geschah das in Form von Essen. Woher der Brauch also kommt, ist nicht ganz geklärt, aber er hat sich bis heute gehalten und zum Martinstag wird häufig eine Gans mit Rotkohl, Semmelknödel oder Klößen serviert. Manchmal wird auf den Martinsumzügen auch eine lebendige Gans verlost.

Das Martinsfeuer ist in vielen Gegenden ein fester Bestandteil des Martinstags, und es hat eine lange Tradition. Das Feuer kann dabei als ein Symbol verstanden werden, denn es bringt Licht ins Dunkel, wie einst Martin mit seinen Taten. Der Brauch geht aber vermutlich auf die Germanen zurück, die den Sommer verabschiedeten, das nannte man auch "Sommerverbrennen". Das Feuer sollte reinigende Kräfte haben, damit der Sommer im nächsten Jahr mit voller Energie zurückkommen konnte.

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Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 14.11.2020

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