Jeanne d'Arc - Die Jungfrau von Orléans

Die "Heilige Johanna" lebte vor 600 Jahren

von Tanja Lindauer

Am 6. Januar 1412 wurde eine außergewöhnliche Frau geboren, die später große Berühmtheit erlangen sollte. Sie trug Männerkleider und kämpfte im Alter von 17 Jahren im Krieg. Doch schließlich wurde Jeanne d'Arc als "Hexe" auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Einige Jahrhunderte später wurde sie heiliggesprochen. Auch Künstler und Schriftsteller wie Shakespeare, Schiller oder Brecht beschäftigten sich mit der heldenhaften Frau. Wer war die Heilige Jungfrau und wofür kämpfte sie?

Portrait von Jeanne d'Arc, der Jungfrau von Orléans (Quelle: Wikimedia Commons)

Jeanne d'Arc lebte zur Zeit des Spätmittelalters und erblickte vermutlich am 6. Januar 1412 das Licht der Welt. Ihr genaues Geburtsjahr kann nur geschätzt werden, aber die meisten Quellen nennen dieses Datum als den Tag ihrer Geburt. Sicher ist, dass Jeanne d'Arc auch als Jungfrau von Orléans bekannt war. In Deutschland wird sie zudem die Heilige Johanna oder Johanna von Orléans genannt.

Geboren wurde sie in Domrémy im heutigen Lothringen. Jeanne wuchs in einer recht wohlhabenden Bauernfamilie auf. Zu ihren Lebzeiten tobte der Hundertjährige Krieg und ihre Lebensführung, ihre Gedanken und Überzeugungen waren maßgeblich durch ihre Erziehung und die Lebensumstände geprägt. Als Bauerstochter wuchs sie in relativ einfachen Verhältnissen auf und wurde als gläubiges Mädchen erzogen.

Von 1337 bis 1453 herrschte zwischen England und Frankreich Krieg, in dem es auch um den Anspruch auf die französische Krone ging. 1328 war der französische König Karl IV. gestorben. Da er keine Kinder hatte, brach ein Streit aus, wer der Thronfolger sei. Der König von England, Eduard III., wollte den Thron für sich beanspruchen, denn er war der Sohn von Isabelle von Frankreich, der Tochter des ehemaligen französischen Königs Philipp IV. Frankreich wollte dies natürlich nicht zulassen und so kam es immer wieder zu Kämpfen. England konnte Teile Frankreichs für sich gewinnen. Der englische Herrscher Heinrich V., der Urenkel Eduards III., erneuerte zu Beginn des 15. Jahrhunderts den Anspruch auf die Krone Frankreichs. Er war der Gegenspieler von Karl VII. und entthronte den französischen König 1421 durch das Pariser Parlament.

Die Visionen der jungen Jeanne

Darstellung einer der Visionen der Jungfrau von Orléans, in der Jeanne der Erzengel Michael erscheint (Quelle: Eugene Thirion)

Die junge Jeanne d'Arc sollte gegen England in den Krieg ziehen und Karl VII. unterstützen. Aber wie kam es überhaupt, dass eine junge Frau, noch dazu eine Bauerstochter, vom König beauftragt wurde und in die Schlacht zog? Jeanne soll schon als Kind Visionen gehabt haben, die sie zu diesen Schritten veranlassten.

Als sie zwölf Jahre alt war, erlebte sie ihre erste Vision. In dieser und den weiteren tauchten drei Personen auf, die das Mädchen als den Erzengel Michael, die Heilige Katharina von Alexandria und als Margareta zu erkennen glaubte. Die junge Jeanne wurde von ihnen gebeten, die Engländer aus Frankreich zu vertreiben und den rechtmäßigen Thronfolger nach Reims zu bringen, damit er gekrönt werden konnte.

Jeanne war noch sehr jung und zunächst ratlos, wie sie dies anstellen sollte. Da sie streng gläubig erzogen wurde, wollte Jeanne den Anweisungen auf jeden Fall folgen. Sie sah es als ihre Pflicht an, Frankreich von den Engländern zu befreien. Sie beschloss, König Karl VII. um Hilfe zu bitten. Doch dieser musste aufgrund der Angriffe der Burgunder, sie waren Verbündete der Engländer, nach Chinon fliehen. Sie wollte eine Audienz bei ihm, doch diese wurde abgelehnt.

Eine Audienz beim König

Gemälde der tapferen Jeanne d'Arc von Peter-Paul Rubens aus dem Jahr 1620 (Quelle: Wikimedia Commons)

Für Jeanne war es schwierig, sich Respekt zu verschaffen und durchzusetzen - viele nahmen sie nicht ernst, da sie eine junge Frau und dazu die "ungebildete" Tochter eines Bauern war. Was soll schon eine Bauerstochter dem König zu sagen haben? Aber Jeanne gab nicht auf - als sie 17 Jahre alt war, wurde sie, nachdem sie bereits zweimal abgewiesen wurde, vom Stadtkommandanten Robert de Baudricourt auf der Festung Vaucouleurs empfangen. In dem Gespräch mit ihm erzählte die junge Frau von ihrem Vorhaben. Der Stadtkommandant schickte sie in einer Eskorte nach Chinon - mit im Gepäck war ein Empfehlungsschreiben an den König.

Und auch der Dauphin, der königliche Thronfolger, schenkte der jungen Bauerstochter Gehör. Sie erzählte ihm, dass sie im Namen des Himmels gekommen sei und dass sie ihm die offizielle Krönung in Reims zusichern könne. Heute kann man leider nicht mehr sagen, warum und inwieweit der König ihr glaubte und ihr sein Vertrauen schenkte. Vermutlich verhalf ihr auch eine Legende dazu, das Interesse des Königs zu wecken. Denn in Frankreich glaubte man, dass eine Jungfrau das Land retten würde. Es ist naheliegend, dass Karl VII. in ihr diese Jungfrau vermutete. Auf jeden Fall hoffte Frankreich auf ein Wunder, denn nur dieses schien das Land noch retten zu können. Man munkelte auch, dass Jeanne sich zusammen mit dem König in ein Zimmer zurückzog und ihn dort an einer ihrer Visionen teilhaben ließ.

Im Kampf gegen England

Jeanne während der Schlacht von Orléans auf einem Gemälde von Jules Eugène Lenepveu aus dem späten 19. Jahrhundert (Quelle: Jules Eugène Lenepveu)

Noch war König Karl VII. jedoch nicht gänzlich überzeugt und bis es tatsächlich zum Kampf kam, verging einige Zeit. Der Machthaber wollte sichergehen, auch das Richtige zu tun. Jeanne wurde drei Wochen lang auf ihre Glaubwürdigkeit geprüft und es wurde untersucht, ob sie die Wahrheit gesagt hatte und tatsächlich noch Jungfrau war - also niemals körperlich mit einem Mann zusammen gewesen war.

Der Thronfolger entschloss sich schließlich, Jeanne Vertrauen zu schenken, und ließ ihr eine Rüstung anfertigen. Er überließ ihr einen kleinen Trupp angeblicher Soldaten, die aber mehr Gauner und Räuber waren als Krieger. Doch Jeanne verlor nicht den Mut und war bestrebt, sie zu richtigen Kriegern zu erziehen. Ihr erster Auftrag als Heeranführerin war es, die Stadt Orléans, die am 7. Oktober 1428 eingenommen worden war, zu versorgen.

Am 29. April 1429 kamen sie und ihre Männer in der Stadt an. Jeanne hatte sich entgegen vieler Widerstände bis hierher durchgekämpft und war fest entschlossen, gegen England zu kämpfen. Am 7. Mai griff ihre Truppe an - Jeanne wurde schwer durch einen Pfeil verwundet und fiel vom Pferd, doch sie blieb tapfer und hielt mit ihrer Armee durch. Das sorgte für Motivation unter den Kämpfern. Die Jungfrau Jeanne d'Arc war mutig und das schätzten ihre Soldaten. Sie standen ihrer Heeranführerin zur Seite und siegten schließlich.

Bruch zwischen Jeanne und Karl VII.

Die Jungfrau Jeanne d’Arc bei der Krönung von Karl VII. auf einem Historiengemälde von Dominique Ingres aus dem Jahr 1854 (Quelle: Wikimedia Commons)

Karl VII. wurde, so wie es Jeanne d'Arc prophezeit hatte, in der Kathedrale in Reims zum König gekrönt. Und natürlich war auch Jeanne bei dieser Zeremonie anwesend, sie durfte sogar die Siegesfahne halten. Der König zeigte sich dankbar und befreite ihren Vater und alle Bürger von Domrémy und Greux für immer von den Steuern.

Doch nach seiner Krönung befolgte der Herrscher nicht mehr länger den Rat der Jungfrau von Orléans. Sie bat ihn immer wieder, nach Paris aufbrechen zu dürfen, um weiter gegen die Engländer vorzugehen. Erst nachdem Karl einige Fehlentscheidungen im Krieg getroffen hatte, stimmte er ihr zu. Die Burgunder nutzten die Zeit, in der der König haderte, und sie konnten sich gut auf die Schlacht vorbereiten. Als sie von den Franzosen am 8. September 1429 in Paris angegriffen wurden, konnten sie den Kampf für sich entscheiden.

Der König wandte sich daraufhin von Jeanne d'Arc ab und nahm dies zum Anlass, mit Burgund Frieden zu schließen. Als Zeichen seines guten Willens entließ er viele Soldaten aus seiner Armee. Die Burgunder waren aber nach wie vor für den Kampf gerüstet, und sie wollten nichts dem Zufall überlassen. Jeanne und ihre Truppe versuchten, die von den Burgundern besetzte Stadt Compiègne im Norden von Paris zu befreien. Doch sie mussten sich zurückziehen, die Armee der Burgunder war zu stark.

Als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt

Die Jungfrau von Orléans wird auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Bild: Wandgemälde im Panthéon von Jules Lenepveu, das um 1890 entstand (Quelle: Mcyjerry/ Wikimedia Commons)

Jeanne wurde von den Burgundern festgehalten und war sieben Monate lang in Gefangenschaft. Sie versuchte wiederholt zu fliehen, bis sie schließlich vom Herzog von Burgund an den Herzog von Bedford für 10.000 Franken verkauft wurde - eine Summe, die eigentlich nur für Könige gezahlt wurde.

Die Engländer hofften, so den französischen König in die Knie zu zwingen und ihm nachzuweisen, dass er mit einer Hexe und Ketzerin Umgang habe. Die vermeintliche Hexe Jeanne d'Arc wurde vor Gericht gestellt. Nur der Papst könne ein Gesandter Gottes sein, daher müsse sie entweder eine Ketzerin oder eben eine Hexe sein - so lautete der Vorwurf. Ketzer wurde eine Person genannt, die die Lehren Gottes und der Kirchen bestritt.

Der Prozess begann am 9. Januar 1431. Es wurde eine große Gerichtsverhandlung geführt, von der auch König Karl VII. Kenntnis erlangte. Aber der König half ihr nicht - er fürchtete um seinen Ruf und wollte nicht mit einer Ketzerin und Hexe in Verbindung gebracht werden. Die junge Jeanne war erneut auf sich selbst angewiesen. Sie verlor den Prozess und wurde am 30. Mai 1431 öffentlich als "Hexe" auf dem Scheiterhaufen in Rouen verbrannt. Zu dieser Zeit war sie gerade einmal 19 Jahre alt.

Die Jungfrau von Orléans wird zur Heiligen

Reiterstandbild von Jeanne d’Arc auf der Place des Pyramides in Paris (Quelle: Francois Trazzi/ Wikimedia Commons)

Jeannes Mutter glaubte weiterhin an die Berufung ihrer Tochter und schaffte es, 24 Jahre nach ihrem Tod das Verfahren noch einmal neu aufzurollen. Der Inquisitionsgeneral Jean Bréhal unterstützte ihren Antrag und Papst Kalixt III. genehmigte die Wiederaufnahme. Dies wurde auch vom König unterstützt, der in die Kritik geraten war, da er Jeanne d'Arc nicht geholfen hatte. Viele Menschen im Volk liebten die junge Frau und bewunderten sie für ihren Mut und ihre Taten.

Der Hundertjährige Krieg war nun vorbei, Frankreich ging als Sieger hervor und Karl VII. hoffte auf diese Weise, die Gunst des Volkes zurückzugewinnen. Am 7. Juli 1456 wurde das Urteil öffentlich bekannt gegeben: Das Mädchen wurde unschuldig hingerichtet und man räumte sogar ein, dass ihr Mut und ihre Tapferkeit bewundernswert gewesen seien.

Nach 450 Jahren wurde Jeanne d'Arc von Papst Pius X. selig und elf Jahre später, im Jahr 1920, von Papst Benedikt XV. heiliggesprochen. In dem Biografisch-Bibliografischen Kirchenlexikon steht geschrieben: "Die Jungfrau von Orléans war, wenngleich zu einem viel zu frühen Tod verdammt, angefüllt mit einem unbedingten Glauben an Gott und dem Bewusstsein der Göttlichkeit ihrer Sendung, ihr Leben war selbstlos und heroisch. Ihr Wesen erwies sich als großherzig und schlagfertig." Der 30. Mai ist der Gedenktag an die tapfere Jeanne oder Johanna von Orléans.

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Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 28.09.2017

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