Thema: Ich und Abasi (eine etwas andere Liebesgeschichte )

(83 Postings)

Abuja als Gast (Gast) (15) aus

schrieb :

#1

Als es passierte, saß ich gerade auf einem Schreibtischsessel vor Papas Computer und schaute mir gemeinsam mit meinem Bruder zum dritten Mal die Highlights des Classico an. Eigentlich mochte ich Fußball gar nicht so besonders, aber meinen Bruder. Den mochte ich so sehr, dass ich am liebsten jede freie Minute mit ihm verbrachte. Darum saß ich an diesem Tag auch vor dem PC, die Beine auf den Tisch gelegt, und guckte Highlights. Und genau in dem Moment, als Cristiano Ronaldo einen Freistoß aus 30 Metern Entfernung ans Lattenkreuz schoss, fiel ich vom Sessel. Bumm. Ganz plötzlich, ohne jegliche Vorwarnung.
Mein Bruder hat zuerst gedacht, ich mache einen blöden Scherz. "Du bist wohl ein bisschen zurückgeblieben", hat er kopfschüttelnd gesagt. Weil es mir beim dritten Mal ansehen einfiel, aus Trauer über die vergebene Chance zu Boden zu sinken. Und das, wo das Spiel schon gestern Abend war. Und überhaupt hätte ich mich ja freuen sollen, schließlich war Barcelona meine Lieblingsmannschaft. Das hat mein Bruder vor ein paar Jahren für mich beschlossen.
Als ich darauf nichts sagte und mich auch nicht rührte, sagte er: "Jetzt ist es endgültig an der Zeit, dass sie in eine geschlossene Anstalt kommt". Und dabei lachte er. Als ich nach zweieinhalb Minuten noch immer nicht aufgestanden war, und mich außerdem übergeben hatte, hat mein Bruder dann doch ziemlich Angst gekriegt und nach Mama geschrieen. Aber die war in ein Gespräch mit ihren Freundinnen vertieft und hat zurückgebrüllt, dass sie gerade echt keine Zeit hatte. Also hat mein Bruder den Krankenwagen gerufen, und der ist dann auch gekommen, mit ein paar Rettungsleuten, die mich reanimierten. Als Mama sie ins Haus laufen sah, hatte sie dann doch plötzlich Zeit, sich gemeinsam mit ihren Freundinnen in die Tür zum Arbeitszimmer zu stellen und hysterisch zu kreischen.
Das alles hat mir mein Bruder gerade erzählt. Jetzt lag ich auf dem Krankenbett und lachte und lachte, obwohl das ziemlich wehtat in den drei Rippen, die mir der Notarzt bei der Reanimation gebrochen hatte.
Aber die Situation war auch verrückt genug: Ich lag unter dem Tisch in meiner eigenen Kotze und wurde von ein paar Rettungsmännern wiederbelebt, während mein Bruder blöd schaute und meine Mutter und ihre Freundinnen kreischend danebenstanden. Weil ich auf einmal gestorben war. Einfach so, ganz plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung. Und im Hintergrund schoss Cristiano Ronaldo zum ungefähr vierhundertsten Mal den Ball ans Lattenkreuz. Aus dreißig Metern Entfernung.
"Ich glaube, der schöne Cristiano wäre beleidigt gewesen, wenn er erfahren hätte, dass ich während seines phänomenalen Schusses einfach so unter den Tisch gefallen bin, und mich dann auch noch übergeben habe", sagte ich kichernd. "Dass du einfach so gestorben bist", fügte mein Bruder hinzu, "ohne auf den wichtigen Moment Rücksicht zu nehmen. Immerhin war sein Schuss im wahrsten Sinne des Wortes UMWERFEND". "Für mich zumindest". Ich nickte. Wir lachten noch immer, als plötzlich die aggressive Krankenschwester hereinkam und meinen Bruder anfuhr, dass er mich nicht so aufregen durfte. Und dann behauptete sie, die Besuchszeit sei jetzt zu Ende, und jagte ihn hinaus. Schlechter Zeitpunkt. Ich wollte ihm gerade erzählen, wie blöd meine Krankenschwester ist.
Eine halbe Stunde später taten meine Rippen noch immer weh. Nach dem Spaß mit meinem Bruder war meine Laune jetzt am Boden. Ich ärgerte mich, weil ich ihn etwas wichtiges zu fragen vergessen hatte: Welche Krankheit ich hatte. Einen Moment lang dachte ich daran, die Krankenschwester zu fragen. Aber das war definitiv KEINE gute Idee. Wer weiß, wie sie reagiert. Und ich war ihr hier ja völlig ausgeliefert, die Schläuche, an denen ich hing, machten jede Flucht unmöglich. Also schloss ich die Augen und schlief ein. Das war so eine besondere Fähigkeit von mir: innerhalb von Sekunden einzuschlafen, wann und wo ich wollte.

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Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#13

Wenn ihr wissen wollt wie es weitergeht: BITTE KOMMENTIEREN!!!!!

Mi**** (abgemeldet) - Avatar
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Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#12

Die Tür wurde aufgestoßen und die tyrannische Schwester kam herein. "Hast du ihr den Laptop gegeben, Pfleger Abasi?", fragte sie und schaute den Jungen scharf an. Pfleger Abasi. Ich musste grinsen.
"Scheiße", antwortete Abasi. "Macht doch nichts", versicherte ich. Da war ich noch so naiv zu glauben, dass er fluchte, weil er was vergessen hatte. Eine Sekunde später war ich den größten Teil dieser Naivität los. Der Pfleger sah der Diktatorin direkt ins Gesicht. "Jetzt haben Sie's versaut!", bemerkte er vorwurfsvoll, "wenn sie das nicht gesagt hätten, hätte ich mir den Laptop mitnehmen können, ohne dass irgendwem was auffällt".
Die Tyrannin schnappte nach Luft. "Der Typ muss lebensmüde sein", dachte ich entsetzt. "Das war doch bestimmt nicht ernst gemeint", beeilte ich mich zu sagen. Ich wollte echt nicht, dass der schönste Junge der Welt die Todesstrafe bekam oder ins nächste Straflager deportiert wurde oder was auch immer hier mit Regimegegnern gemacht wurde. Die Diktatorin kniff nur die Lippen zusammen und stampfte aus dem Raum. Endlich.
Ich sah Abasi an. "Gibst du mir den Laptop jetzt?", fragte ich. Er seufzte. "Na wenns sein muss", antwortete er dann. Und er brachte mir eine kleine Schachtel, in der ein Laptop drin war, ein richtig schöner, guter. "Wer hat dir das gegeben?", fragte ich Abasi. "Die Oberschwester", antwortete er.
"Und woher hat die ihn?"
"Von deinen Eltern, hat sie gesagt". Der Junge zuckte die Schultern. Ich grinste zufrieden. Das Kranksein begann wieder, Vorteile zu haben. Bis vor fünf Minuten hatte ich nämlich keinen Laptop. Aber wer im Spital ist, kriegt ziemlich viel. Im Grunde war es also gut, wenn ich noch eine Weile bleiben musste.

Der gastige Gast (Gast) (13)

schrieb :

#11

Haha, dachte ich es mir doch! :)

Nur wir Österreicher verwenden so coole Wörter wie: fad ;)

 

Mir ist gerade aufgefallen, dass ich keine Ahnung habe wie das Mädchen heißt. Aber ich denke das werden wir bald erfahren, weil der Junge (er heißt doch Abasi, oder?) sicher irgendwann das Mädchen bei ihrem Namen nennen wird, oder sonst ihr Name indirekt wo vor kommt. (ich hoffe ich habe ihren Namen nicht irgendwo übersehen...das wäre dann ganz schön peinlich) 

 

Und jetzt habe ich noch eine kleine Notiz an alle die das hier lesen:

Jetzt seit mal nicht so schüchternd! Schreiben ist schwerer als lesen, und aus meiner Erfahrung ist jedes Komentar gold wert, und motiviert

immens! Also nehmt euch mal ein paar Sekunden zeit, und schreibt was ihr über diese Geschichte denkt.  Dann bin ich nicht mehr so alleine...

 

Also an alle:

einen schönen Tag, und vergesst nicht, ihr habt noch was zu tun ;)

 

 

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Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#10

Danke für das Lob :p
Jap, bin Österreicherin xD
Aber jetzt weiter mit der Geschichte:Es war anstrengend, so liegen zu bleiben. Jede Faser meines Körpers wollte sich umdrehen, diesen unglaublichen Jungen wieder ansehen, in seinen unendlichen Augen versinken.
Aber meine Vernunft sagte mir, dass ich ruhig halten musste. Der Junge durfte auf gar keinen Fall merken, was mit mir los war. Sonst hatte ich schon verspielt.
Nach ungefähr einer Ewigkeit fiel mir etwas ein. Ich war hier die Patientin. Und er mein Pfleger. Ich brauchte nicht mehr länger nach einem Grund, mit ihm zu reden, zu suchen. Ich drehte mich um. Er saß nach wie vor auf dem Stuhl und starrte gelangweilt an die Wand. "Kannst du nir bitte was zu trinken bringen?" Der Junge sah mich an, überlegte eine Weile. "Nein", sagte er dann. Weiter?

Der gastige Gast (Gast) (13)

schrieb :

#9

Natürlich weiter schreiben!!! Ich mag deinen Scheibstil, und ich hab mich so ab gehauen, als du geschrieben hast: "die ekelige Pampe, bezeichnet mit dem Decknamen: Essen"  und das mit dem nächsten Top Modell 2016 war auch echt cool :)

 

Kleine Frage an dich: Bist du aus Österreich?

 

 

 

 

ab**** (abgemeldet) - Avatar
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ab**** (abgemeldet) (23)

schrieb :

#8

 weiter

Mi**** (abgemeldet) - Avatar
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Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#7

Die folgenden beiden Tage waren schrecklich. Die tyrannische Schwester zwang mich dreimal täglich dazu, die eklige Pampe, bezeichnet mit dem Decknamen "Essen", runterzuwürgen, und ab und zu kam auch noch ein Arzt vorbei, der war dick und laut und hässlich und erinnerte mich an einen Fleischhauer, wie er im Bilderbuch dargestellt wird. Und ich muss ehrlich sagen, das machte mir irgendwie Angst.
Meine Eltern hatten kaum Zeit zu kommen. Einmal kam Papa, brachte mir mein Handy und meine Kopfhörer und ein paar Bücher, damit mir nicht so langweilig war. Er strich mir mit seiner schwieligen Arbeiterhand über die Wange, sagte: "Durchhalten, Liebes!" und war wieder weg. Ich schlief so viel wie möglich, das war die einzige Überlebensstrategie hier.

Als ich eines morgens die Augen wieder öffnete, saß auf dem Stuhl in der Zimmerecke ein umwerfend hübscher Junge. Ich machte die Augen wieder zu und wieder auf und wieder zu und wieder auf, aber er war immer noch da. Ich starrte ihn an wie das siebte Weltwunder. Er war groß, stark und schwarz. Richtig schwarz, wahrscheinlich der dunkelste Mensch der Welt. Und der mit den breitesten Schultern. Ich hatte schon EWIG keinen gut aussehenden Menschen mehr gesehen, seit ich im Krankenhaus bin nicht mehr. (Weder der fette Chefarzt noch die diktatorische Oberschwester werden Germany's Next Topmodel 2016 werden).
Der Junge grinste mich an. Und sein Grinsen war das Schönste, das ich je in meinem Leben gesehen habe. Obwohl es eine Mischung aus amüsiert und spöttisch, fast ein wenig verächtlich war. "Warum bist du hier?", fragte er.
Entweder ihm war SEHR fad oder die Diktatorin hat es ihm befohlen, denn er sah definitiv nicht aus wie der Typ, der sich für dramatische Schicksale interessiert. Und als Pfleger konnte er wahrscheinlich ohnehin keine Krankheitsgeschichten mehr hören.
Ich zuckte die Schultern. "Ich bin vorige Woche, während ich mit meinem Bruder Videos guckte, unter den Tisch gefallen", erzählte ich, "Einfach so, ganz plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung. Dann sind Rettungsleute gekommen und haben mich hierher gebracht und seither nicht mehr rausgelassen. - Ach ja, ich bin übrigens an Nierenversagen gestorben, damals, als ich unter den Tisch fiel. Der Junge sah mich an. Ich glaube, er fand die Geschichte komisch. Ich auch.
Ich fragte ihn, warum er hier war. Nicht aus Höflichkeit, es interessierte mich ehrlich. Er sah nicht aus wie der Sozial-Mitleid-Krankenpfleger-Typ.
Der Junge grinste von einem Ohr zum anderen. "Ich war gerade in meinem Zimmer", fing er an. Ich mochte seine Stimme. Er übernahm meine Geschichte: "Ich habe ferngesehen, allerdings ohne meinen Bruder. Und dann wurde ich verhaftet. Ganz plötzlich und ohne jeglich Vorwarnung. Aber leider nicht einfach nur so. Schließlich sind Gerichtsleute gekommen, haben mir fünfhundert Stunden Sozialdienst verordnet und mich hierhergebracht. Und seitdem nicht mehr rausgelassen. - Ach ja, ich hatte übrigens die vorige Woche in einer Villa eingebrochen, damals, als sie mich verhafteten".
Wie viele Stunden hast du schon hinter dir?", fragte ich ihn. "Zwei", antwortete der Junge.
-"Achso" Sehr gut. Blieben mir noch vierhundertachtundneunzig Stunden mit dem interessantesten Typen, mit dem ich je gesprochen hatte. Und dem schönsten Jungen, den ich je gesehen hatte.
"Und, was machst jetzt so?", fragte ich.
"Sozialdienst halt".
"Ach wirklich? Darauf wär ich jetzt nicht gekommen".
Er grinste wieder, sagte aber nichts mehr. Also sagte ich auch nichts mehr, stopfte mir die Kopfhörer in die Ohren und drehte mich zur Wand.

Weiter?

Der gastige Gast (Gast) (13)

schrieb :

#6

Auf jedenfall weiter schreiben!!! Ich finde deine Gedichte richtig gut, und ich freue mich wie immer auf weitere updates ;)

Mi**** (abgemeldet) - Avatar
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Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#5

Weiterschreiben - ja oder nein?
Was sagt ihr?

Mi**** (abgemeldet) - Avatar
Mi**** (abgemeldet) - Avatar

Mi**** (abgemeldet) (24)

schrieb :

#4

Am nächsten Tag brachte meine Mutter mir meine Sachen ins Spital: ein bisschen was zum Anziehen, meine Zahnbürste, Duschgel und Haarshampoo. Sie erklärte mir, dass das erst mal für ein paar Tage sei. Dann würde man mich genau untersuchen und entscheiden wie es weitergeht. Ich tat, als nehme ich das alles ganz gelassen. Aber kaum war meine Mutter weg, fing ich an zu heulen. Ich wollte das nicht, verdammt noch mal, ich WOLLTE ES EINFACH NICHT!! Konnte mein Körper oder das Schicksal oder der liebe Gott oder wer auch immer schuld war an dieser blöden Krankheit das denn nicht einsehen? Einmal war doch genug!
Ich kannte das alles gut genug. Als ich sieben war, habe ich meine erste Chemotherapie bekommen. Damals hatte ich ihn in den Nieren, den Krebs. Die linke bekam man wieder gesund, aber die rechte wurde herausgeschnitten. Das fand ich nicht schlimm - schlimm war, dass ich mich dauernd übergeben musste und fast nie aufstehen durfte, dass ich die Klasse wiederholen musste und mich die anderen Kinder dumm nannten deswegen, dass ich keinen Kuchen essen und unsere Katze nicht mit ins Krankenhaus nehmen durfte.
Als ich zehn war, war dann aber alles vorbei. Und als jetzt, mit fünfzehn, meine Haare schon bis zum zweiten Rippenpaar von unten reichten, war ich fest überzeugt, die Krankheit für immer besiegt zu haben.
Aber jetzt... Jetzt fing alles von vorne an. Und außerdem war ich jetzt kein kleines Kind mehr, dass es so ohne weiteres wegsteckt, keine Haare zu haben, dafür ein aufgedunsenes Gesicht und einen abgemagerten Körper.
Ich wollte nicht mehr. Ich wollte nur noch heim und dort von mir aus krepieren, wenns nicht anders ging. Aber das Krankenhaus - das wollte ich nicht. Nie wieder!

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