Türkei: Anschlag religiöser Fanatiker

Drei Christen wurden in Malayta ermordet

24.04.2007

Drei Christen wurden bei einem Überfall auf den Bibelverlag in der türkischen Stadt Malayta ermordet. Deutsche und türkische Journalisten und Politiker stellen nun die Frage, ob die Tat ein einmaliger Anschlag von fanatischen Einzeltätern war oder zu befürchten ist, dass Christen in der Türkei auch in Zukunft nicht mehr sicher sind. Immer wieder kommt es auf der Welt zu religiös motivierten Attentaten radikaler Glaubensanhänger.

Drei Christen wurden in der türkischen Stadt Malayta durch Islamisten ermordet. (Quelle: Moschee München)

Zwei türkische und ein deutscher Mitarbeiter wurden in Malayta durch fanatische Glaubensanhänger auf Stühle gefesselt und erstochen. Ein weiterer wurde schwer verletzt. Fünf Jugendliche im Alter von 19 und 20 Jahren nahm die Polizei nach dem Anschlang noch am Tatort fest. Diese haben die Tat daraufhin gestanden. "Wir haben es fürs Vaterland getan", werden die Jugendlichen vom Fernsehsender CNN-Türk zitiert.

Der Verlag Zirve druckt und verkauft in dem islamischen Land Bibeln, Bücher über das Christentum und Kreuze - ganz offiziell. Der Verlag war dennoch in der Vergangenheit mehrfach tätlich angegriffen worden und hatte Drohungen erhalten. Schon im Jahr 2006 beschlagnahmte die türkische Polizei viele Bibeln. Die türkische Jugendorganisation Ülkücülük (Idealisten) hatte Wochen vor dem Anschlag gegen den Verlag protestiert.

Fanatisches Streben nach Glück

"Ülkülük" bedeutet "idealistisch sein". Die Anhänger der Organisation wollen laut Programm "Zufriedenheit und Glück für sich und ihre Mitmenschen". Das kann die Türkei ihrer Meinung nach nur erreichen, wenn sie vom Einfluss fremder Länder befreit ist. Ursprünglich hatten die Ülkücüler in ihrem Programm festgelegt, dass niemand wegen seiner Religion benachteiligt werden darf. Zusammen mit der nationalistischen Partei "Nationale Bewegung" (Milliyetçi Hareket Partisi, MHP) sehen die fanatischen Täter aber nun in den christlichen Missionaren Feinde des Landes, die die Eigenständigkeit der Politik und den Islam untergraben würden. 8,4 Prozent der Türken wählten im Jahr 2002 die MHP.

Attacken gegen Christen häufen sich

Christen sind in der Türkei eine verschwindend geringe Minderheit. Immer wieder kommt es zu Anschlägen.

Christen sind in der Türkei eine verschwindend geringe Minderheit. Nur 0,5 Prozent der türkischen Einwohner bekennen sich zum Christentum. Der Anschlag in Malayta ist nicht der erste Angriff auf Christen in der Türkei.

Im Februar 2006 wurde ein katholischer Priester in der Stadt Trabzon von einem Jugendlichen erschossen, im gleichen Jahr wurden zwei Priester überfallen. Der Journalist und armenisch-türkische Christ Hrant Dinkl war im Februar 2007 von einem jungen Ultranationalisten ermordet worden. Regierungsvertreter und andere Offizielle hatten im Vorfeld wiederholt die christlichen Missionswerke kritisiert.

Religion gegen Freiheit

Die Lehren des Islam sind friedlich. Als Islamisten bezeichnet man radikale Muslime, die auch vor Terror und Gewalt nicht zurückschrecken, um den "Heiligen Kampf" zu führen. (Quelle: ekilic/ Photocase.com)

Menschen, die einen Anschlag oder einen Mord aufgrund ihrer religiösen Überzeugung begehen, bezeichnet man als religiöse Fanatiker. Sie geben als Motiv oft an, im Sinne ihres Gottes zu handeln. Manchen radikalen Glaubensanhängern ist es sogar egal, ob sie selbst dabei sterben. Sie sind überzeugt davon, dass sie nach dem Tod für ihre Tat von ihrem Gott belohnt werden.

Auch der islamistische Ausruf des "Dschihad", des "heiligen Krieges", basiert auf einem fanatischen Religionsverständnis. Der Islam ist eigentlich eine friedliche Religion. Im heiligen Buch der Muslime steht, dass kein Mensch einen anderen töten soll. Auch Toleranz wird im Koran groß geschrieben: "In der Religion gibt es keinen Zwang", steht dort (Sure 2, 256). Radikale Glaubensanhänger allerdings sind überzeugt davon, ihre Religion sei die einzig wahre und sie müssten ihren religiösen Kampf gegebenenfalls auch mit Terror und Gewalt durchsetzen.

Christliche Fanatiker

Gerade das Christentum hat eine dunkle Vergangenheit. Zur Zeit der Kreuzzüge wurden unzählige Nicht-Christen ermordet.

Mehr als eine Milliarde Muslime leben friedlich nach den Lehren des Islam. Die radikalen Glaubensanhänger des Islams werden dagegen als "Islamisten" bezeichnet. Aber ebenso Christen sind vor religiösen Fanatismus nicht gefeit. Vor allem in der Geschichte der Christenheit hat es sehr dunkle Kapitel gegeben.

Es kam vor einigen Jahrhunderten zu zahlreichen Morden an Andersgläubigen oder "Ungläubigen" - zur Zeit der Kreuzzüge ab dem Jahr 1095 n. Chr. gegen Muslime. Ab 1592 wurden zahlreiche Ureinwohner Amerikas durch Christen ermordet, die sich dagegen wehrten, ihren Glauben anzunehmen. Und das, obwohl eines der zehn Gebote heißt: "Du sollst nicht töten".

Vor etwa einem Monat, am 23.03. 2007, ist ein Anschlag auf die Baustelle einer Moschee in Berlin Heinersdorf verübt worden. Verletzt wurde dabei niemand. Anhänger der rechtsradikalen Partei NPD hatten zuvor mit einer Mahnwache gegen den Bau der Moschee protestiert.

Freiheit der Religionsausübung

Religionsfreiheit soll jedem die Möglichkeit gewähren, seinen Glauben auszuüben. (Quelle: Photocase)

In den Mitgliedsländern der EU ist die Religion geschützt. Im deutschen Grundgesetz ist die Religionsfreiheit garantiert. Das bedeutet, jeder hat das Recht, sich zu seiner Religion zu bekennen und sie auszuüben. 1182 Moscheen gibt es offiziell in Deutschland. In vielen Organisationen und Foren tauschen sich Moslems und Christen aus.

Papst Benedikt XVI., Oberhaupt der katholischen Kirche, wurde im vergangenen Jahr vor allem in der islamischen Welt scharf kritisiert, nachdem er in einer Rede ein Zitat anführte, in dem der Islam angegriffen wird. Der Papst betonte nach den empörten Reaktionen, dass man ihn missverstanden habe und besuchte im November 2006 die Türkei. Seine Reise sollte zu einem besseren Verständnis zwischen den Religionen beitragen. Er verkündete, dass er an Zusammenarbeit und nicht an Auseinandersetzungen interessiert sei. Die katholische Kirche wolle niemanden etwas aufzwingen, so der Papst.

Anders als in den europäischen Staaten garantieren einige Länder keine gesetzliche Religionsfreiheit. Auch hierzulande kommt es allerdings immer wieder zu Anschlägen aus religiösem Fanatismus oder Fremdenhass - wie die rechtsradikaler Gruppierungen gegen Muslime.

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letzte Aktualisierung: 24.01.2010

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