Krieg um das "Heilige Land": Saladin und Löwenherz

Die Kreuzzüge im Mittelalter - Teil 2

Teil 2 von 2

von Björn Pawlak

Der erbitterte Krieg zwischen den Christen und den Muslimen hielt nach der Eroberung Jerusalems im Jahr 1099 noch fast zwei Jahrhunderte lang an. Es ging nicht nur alleine um die als heilig angesehenen Stätten, sondern auch um Macht und Reichtümer. Die Kreuzfahrer - vor allem die neu gegründeten Ritterorden - versuchten verzweifelt, die eroberten Gebiete und vor allem Jerusalem gegen die immer stärkeren Widerstand leistenden muslimischen Kämpfer zu verteidigen.

Szene aus der Schlacht von Askalon im Jahr 1099: Anschließend dauerte der "Heilige Krieg" noch fast zwei Jahrhunderte lang an. (Quelle: Wikipedia)

Die umkämpften Gebiete wechselten immer wieder den Besitzer - die Kreuzfahrerstaaten waren nicht geeignet, dem muslimischen Druck auf Dauer standzuhalten. Der Zweite Kreuzzug hatte einzig den Zweck, die bedrängten Kreuzfahrerstaaten zu verteidigen. Teilweise begannen Christen, Muslime und Juden sogar damit, in einigermaßen friedlichem Einvernehmen miteinander auszukommen. Jerusalem konnte nicht dauerhaft von den Christen verteidigt werden - im Jahr 1187 kam es zur muslimischen Rückeroberung unter Sultan Saladin.

Die Rückeroberung Jerusalems war der Auslöser für den letztlich aus christlicher Sicht erfolglosen Dritten Kreuzzug, der als der größte aller Kreuzzüge in die Geschichte eingehen sollte. Das Ziel der Rückeroberung des Heiligen Landes wurde während der noch folgenden Kreuzzüge immer schwieriger. Stattdessen eroberten und plünderten Kreuzfahrer im Vierten Kreuzzug im Jahr 1204 sogar die Stadt Konstantinopel, obwohl diese ja selbst eine christliche Stadt war - und zwar sogar die größte. An der Plünderung Konstantinopels bereicherte sich vor allem die aufsteigende Handelsmacht Venedig.

Vereinigung aller Muslime durch Saladin

Mittelalterliche Darstellung des Sultans Saladin: Als politischer Führer vereinte er die Muslime und eroberte Jerusalem von den Christen zurück. (Quelle: Wikipedia)

Bereits im Jahr 1144 war seitens der Christen der Zweite Kreuzzug ausgerufen worden, nachdem der Kreuzfahrerstaat Edessa verloren gegangen war. Die entscheidenden militärischen Erfolge waren jedoch ausgeblieben - von mehr als einer Million christlichen Kämpfern kehrten nur noch etwa 100.000 in ihre Heimat zurück, die anderen waren in der Schlacht gefallen. Im Jahr 1149 endete der Zweite Kreuzzug nach mehreren militärischen Niederlagen der Christen ohne Ergebnis.

Für die christlichen Eroberer war es zunächst ein Glücksfall, dass die muslimischen Völker des Nahen Ostens zerstritten waren und einander teils auch bekämpften. Dies änderte sich jedoch im zwölften Jahrhundert, als mit Saladin ein neuer politischer Führer an Einfluss gewann.

Saladin wurde in der irakischen Stadt Tikrit geboren und stammte aus einer kurdischen Familie. Er schlug eine militärische Laufbahn ein und wurde später zum "Sultan" von Ägypten - als solcher brachte er fast den gesamten Nahen Osten unter seine Kontrolle. "Sultan" ist ein islamischer Titel - er bedeutet soviel wie "Herrscher".

Schließlich vereinte Saladin die islamische Welt wieder und rief zum "Dschihad" auf, zum "Heiligen Krieg" gegen die Ungläubigen. "Dschihad" nennt man im Islam die Erklärung des "Heiligen Krieges" zu Zwecken der Verteidigung. Sein Ziel war die Rückeroberung Jerusalems. Jerusalem als von den Kreuzfahrern kontrolliertes Gebiet war mittlerweile vollständig von den Feinden umzingelt. Im Jahr 1187 eroberten die Truppen Saladins die Stadt, dies war dann Auslöser für den Dritten Kreuzzug.

Dritter Kreuzzug: Saladin und Löwenherz

Richard Löwenherz, König von England: Gemeinsam mit Philipp II. von Frankreich führte er die christlichen Truppen im Dritten Kreuzzug gegen Saladin. (Quelle: Wikipedia)

Obwohl Saladin den christlichen Pilgern freien Zugang nach Jerusalem gewährte und auch die christlichen Bauten der Stadt vor der Zerstörung bewahrte, riefen die christlichen Herrscher im Jahr 1189 zum Dritten Kreuzzug auf. Zu ihnen zählten damals Friedrich I. Barbarossa (Kaiser des Heiligen Römischen Reiches), Philipp II. (König von Frankreich), Richard I. Löwenherz (König von England) und Papst Gregor VIII. Friedrich Barbarossa, Philipp II. und Richard Löwenherz zogen selbst als Heerführer in den Heiligen Krieg.

Zu Beginn des Jahres 1191 landete der englische König Richard Löwenherz mit einer Flotte in der Hafenstadt Akkon, die von den Muslimen kontrolliert wurde. Dort traf er auf die Truppen Philipps und die über den Landweg angereisten Truppen von Kaiser Barbarossa - er selbst war bereits einige Wochen zuvor in einem Fluss ertrunken. Die vereinigten christlichen Truppen eroberten die zuvor bereits zwei Jahre lang von den Kreuzfahrern belagerte Stadt Akkon im Juli 1191.

In der Folgezeit mussten die Kreuzfahrer um Richard Löwenherz jedoch einsehen, dass eine Rückeroberung Jerusalems kaum machbar war. Im Jahr 1192 wurde mit Sultan Saladin immerhin ein Vertrag ausgehandelt, der den unbewaffneten Christen die freie Pilgerfahrt zu den heiligen Stätten in Jerusalem garantierte. Saladin beharrte darauf, dass Jerusalem als heilige Stadt auch der Muslime keinesfalls von ihnen geräumt werden würde. In der Tat sollte es den Christen trotz der noch folgenden Kreuzzüge nicht mehr gelingen, Jerusalem noch einmal einzunehmen. Gegen Ende des Dritten Kreuzzuges entwickelte sich zwischen Saladin und Löwenherz sogar so etwas wie gegenseitiger Respekt. Die Feinde sprachen und verhandelten miteinander und für einige Jahre herrschte Waffenstillstand. Saladin verstarb kurz nach dem Ende des Dritten Kreuzzugs im Jahr 1193.

Vierter Kreuzzug: Die Plünderung Konstantinopels

Abbildung des Goldenen Horns, der Bucht in der Meerenge des Bosporus in Istanbul: Die damals christliche und Konstantinopel genannte Stadt wurde im Vierten Kreuzzug von den Kreuzfahrern geplündert. (Quelle: Wikipedia)

Im Jahr 1202 flammte der alte Konflikt wieder auf, es kam zum Vierten Kreuzzug. Papst Innozenz III. hatte Befehl gegeben, das Heilige Land vom Meer aus anzugreifen. Die Republik Venedig, ein aufstrebendes Handelsreich dieser Zeit, hatte für die Unternehmungen der Kreuzfahrer eigene Schiffe zur Verfügung gestellt. Völlig im Gegensatz zum Kreuzzugsgedanken endete der Vierte Kreuzzug im Jahr 1204 nicht etwa mit der Wiedereroberung des Heiligen Landes, sondern mit der Plünderung der christlichen Stadt Konstantinopel.

Nicht Christen und Muslime kämpften nun gegeneinander, sondern christlicher Westen und christlicher Osten. Die Venezianer waren die Nutznießer dieser Entwicklung - sie gründeten in Konstantinopel das "Lateinische Kaiserreich" und hatten fortan das Monopol über den europäischen Handel mit dem Orient. ("Monopol" nennt man eine Marktsituation, in der es für eine bestimmte Ware nur einen einzigen Anbieter gibt.) Viele Gebiete des einstigen Byzantinischen Reiches wurden vorerst unter den westlichen Siegern aufgeteilt. Zwar gelang den Byzantinern bereits im Jahr 1261 die Rückeroberung Konstantinopels, allerdings nur vorübergehend - im Jahr 1453 eroberten die Osmanen Konstantinopel, was zum endgültigen Untergang des Byzantinischen Reichs führt.

Die letzten Kreuzzüge

Darstellung des "Kinderkreuzzugs" von Gustave Doré: Im Jahr 1212 brachen mehrere Tausend Jugendliche aus Deutschland und Frankreich zu einem Kreuzzug auf - sie kamen bis Italien. (Quelle: Wikipedia)

Nach dem Vierten Kreuzzug kam es noch zu weiteren Kreuzzugsbewegungen, die jedoch aus christlicher Sicht allesamt erfolglos blieben. Je nach Zählung spricht man in der Geschichtsschreibung von sieben beziehungsweise von acht Kreuzzügen.

Im Jahr 1228 führte der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. den Fünften Kreuzzug an, bei dem es noch um die Rückeroberung Jerusalems ging. Friedrich landete mit 60.000 Kämpfern bei Akkon. Ohne direkte kriegerische Auseinandersetzung konnte er den so genannten "Frieden von Jaffa" aushandeln - Sultan Alkamil, ein Nachfahre Saladins, überließ den Kreuzfahrern gemäß dieses Vertrags für die Dauer von zehn Jahren die Städte Bethlehem, Nazareth, einen Küstenstreifen sowie Teile Jerusalems.

Der Friede von Jaffa mündete jedoch nicht in stabile und friedliche Zustände, schon bald brachen wieder bürgerkriegsähnliche Zustände aus. Der letzte Kreuzzug unter der Leitung des französischen Königs Ludwigs IX. endete im Jahr 1272. Man hatte ein weiteres Mal erfolglos versucht, die Kreuzfahrerstaaten militärisch zu entlasten. Schließlich ging alles von den Christen eroberte Land wieder verloren, im Jahr 1291 wurden die letzten Kreuzfahrer aus dem Heiligen Land vertrieben.

Insgesamt gesehen haben die Kreuzzüge im Mittleren Osten aus Sicht der Kreuzfahrer nicht das gebracht, was man sich erhofft hatte. Im wirtschaftlichen und im kulturellen Leben haben sie in Europa jedoch tiefe Spuren hinterlassen, da es zu einem regen geistigen und materiellen Austausch mit den orientalischen Völkern gekommen war. Die europäische Wissenschaft erhielt durch den Austausch mit den Wissenschaftlern des Morgenlandes einen neuen Schub, die europäische Kunst und Architektur wandelte sich durch neue orientalische Einflüsse. Auch die Entstehung der vielen europäischen Ritterorden - ein berühmtes Beispiel sind die "Templer" - war indirekt eine Folge der Kreuzzüge.

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letzte Aktualisierung: 02.10.2011

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