Sieg trotz Giftanschlag und Wahlbetrug

Viktor Juschtschenko ist offiziell als Präsindent der Ukraine vereidigt worden

23.01.2005

Viktor Juschtschenko hat Ende Januar 2005 im zweitgrößten Land Europas offiziell sein Amt als Präsident angetreten. Ein harter Weg liegt hinter ihm. Seinen Sieg verdankt Juschtschenko dem ukrainischen Volk, das sich energisch gegen den massiven Wahlbetrug seines Gegners zur Wehr gesetzt hat.

Endlich geschafft: Viktor Juschtschenko feiert seinen Sieg bei der Präsidentschaftswahl mit einem orangefarbenen Schal. (Quelle: Christdemocratic Party of Ukraine)

Nun hat es Viktor Juschtschenko also endgültig geschafft, Präsident der Ukraine zu werden. Am zweiten Weihnachtsfeiertag hatte er die Stichwahl gegen seinen Gegenspieler, Viktor Janukowitsch, klar gewonnen. Von nun an ist er offiziell im Amt.

Diese Stichwahl war bereits der zweite Versuch der Ukrainer, ihren neuen Präsidenten zu bestimmen. Wahrscheinlich hatte Juschtschenko bereits bei der ersten Stichwahl die meisten Stimmen erhalten. Doch sein Gegner Janukowitsch war erstens sehr mächtig und zweitens ein sehr schlechter Verlierer. Janukowitsch behauptete listig, er habe die Wahlen gewonnen. Das Wahlergebnis hatten er und seine kriminellen Helfer einfach gefälscht.

So etwas ist in einer echten Demokratie eigentlich nicht möglich. Doch in der Ukraine bestand die Demokratie bis dahin nur auf dem Papier. Wahlen wurden nur zum Schein abgehalten, doch der Sieger stand schon vor der Stimmauszählung fest. In Wirklichkeit war die Ukraine keine Demokratie sondern eine Diktatur.

Schweigen aus Bequemlichkeit und Angst

Das ukrainische Volk wusste das natürlich. Aber es fühlte sich lange Zeit machtlos. Wer die korrupte Regierung kritisierte, wurde vom Geheimdienst verfolgt und hart bestraft. Doch es war nicht nur Angst vor Verfolgung, die die Menschen daran hinderte, für mehr Freiheit und Demokratie in ihrem Land einzutreten.

Gleichgültigkeit spielte auch eine große Rolle. Vielen Ukrainern war es schlichtweg egal, wer an der Spitze ihres Landes stand. Um dem Stillstand in ihrer Heimat zu entkommen, verließ eine große Zahl schlauer, junger Leute ihr Land. Sie wollten im europäischen Ausland studieren oder arbeiten. Wer zuhause geblieben war, schwieg - die meisten aus Bequemlichkeit, einige auch aus Angst.

Erst als Viktor Juschtschenko erklärte, er wolle bei der Präsidentschaftswahl antreten, begann sich die Stimmung im Lande zu ändern. Juschtschenko ist nämlich bekannt für seinen Mut. Er sagt, was er denkt und fürchtete sich nicht vor seinen mächtigen Gegnern. Selbst nachdem er bei einem Essen vergiftet wurde, gab er nicht auf. Das Gift entstellte sein Gesicht, doch das machte ihn nur noch entschlossener, die Wahl zu gewinnen.

Wer soll der Freund der Ukraine werden - Westeuropa oder Russland?

Juschtschenko will, dass sein Land sich mehr mit Westeuropa anfreundet. Sein Traum ist, dass die Ukraine einmal Mitglied der Europäischen Union wird. Sein Gegner Janukowitsch hält dagegen nicht so viel von Westeuropa. Er wollte lieber hauptsächlich Handel mit Russland treiben, dem östlichen Nachbarn der Ukraine.

Besonders der Teil der Bevölkerung, der im Westen des Landes lebt, stellte sich hinter Juschtschenko. Beim ersten Wahlgang bekam er deshalb so viele Stimmen, dass er die Stichwahl erreichte. In diesem zweiten Wahlgang mussten sich die Ukrainer nur noch zwischen zwei Kandidaten entscheiden: Viktor Juschtschenko und Viktor Janukowitsch.

Sieger verliert und Verlierer gewinnt

Die alten Machthaber erkannten, dass Juschtschenko die meisten Stimmen erhalten würde. Dennoch wollten sie die Macht auf keinen Fall aus den Händen geben. Sie bezahlten Menschen, damit diese ihre Stimme für Janukowitsch abgaben, was verboten ist. Außerdem haben einige Janukowitsch-Anhänger heimlich mehrmals wählen dürfen. Auch das ist natürlich streng verboten. Weil das jedoch immer noch nichts geholfen hat, wurden am Ende auch noch die Stimmen falsch ausgezählt und der eigentliche Verlierer Viktor Janukowitsch zum Sieger erklärt.

Jetzt passierte allerdings etwas, womit die alten Machthaber überhaupt nicht gerechnet hatten: Die Menschen hatten keine Angst mehr vor den Diktatoren und protestierten wochenlang lautstark gegen den Wahlbetrug. Hunderttausende Menschen demonstrierten friedlich in orangefarbener Kleidung, weil das die Farbe von Viktor Juschtschenkos Partei ist. Und nun passierte noch etwas, womit das alte Regime niemals gerechnet hatte: Das oberste Gericht der Ukraine legte fest, dass die Stichwahl wegen offensichtlicher Fälschungen wiederholt werden muss.

Endlich: Sieger gewinnt und Verlierer verliert

Diese Wiederholung der Wahlen fand am 26. Dezember unter den Augen hunderter Wahlbeobachter aus der ganzen Welt statt. Und tatsächlich verlief die Wahl diesmal fair. Wie erwartet gewann Viktor Juschtschenko und konnte diesmal auch wirklich jubeln. Denn niemand traute sich, den Verlierer noch einmal einfach zum Sieger zu erklären.

Durch hartnäckigen aber dennoch friedlichen Protest haben es die Menschen in der Ukraine geschafft, dass am Ende die Demokratie gesiegt hat. Nun steht der neue Präsident Viktor Juschtschenko vor der schwierigen Aufgabe, auch das Vertrauen der russisch-stämmigen Bevölkerung im östlichen Teil des großen Landes zu gewinnen.

Denn die Menschen im Osten haben sich im Wahlkampf eindeutig hinter seinen Gegner Janukowitsch gestellt. Deshalb gab es auch viele Streitereien und Konflikte mit den Ukrainern im Westen. Juschtschenko muss nun also zunächst die zerstrittene Bevölkerung der Ukraine wieder miteinander versöhnen.

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letzte Aktualisierung: 29.10.2009

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