Ex-Terrorist Christian Klar wird nicht begnadigt

RAF: Vergebung oder Vergeltung?

Teil 1 von 3

07.05.2007

Die Mitglieder der "Roten Armee Fraktion" Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar wurden vor über 24 Jahren festgenommen. Die Terrororganisation entstand zur Zeit der 68er-Generation, als viele junge Menschen auf die Straßen zogen, um sich für eine "gerechtere Gesellschaft" einzusetzen. Im Gegensatz zu friedlichen Protestlern wollte die radikale RAF ihre Ziele jedoch mit Terror und Gewalt durchsetzen. Als Anführer der Organisation waren Mohnhaupt und Klar an Ermordungen und Anschlägen beteiligt. Das Gnadengesuch von Christian Klar hat Bundespräsident Köhler nun abgelehnt. Brigitte Mohnhaupt konnte dagegen im März 2007 das Gefängnis vorzeitig verlassen.

Ex-RAF-Terrorist Christian Klar wurde im Dezember 2008 aus dem Gefängnis entlassen.
Helles Köpfchen (abfotografiert)

Ex-Terrorist Christian Klar wird nicht vorzeitig freigelassen. Bundespräsident Horst Köhler gab am Montag (7. Mai) bekannt, dass er beide Gnadengesuche der ehemaligen RAF-Mitglieder ablehne - sowohl das von Christian Klar als auch das von Birgit Hogefeld. Eine vorzeitige Entlassung Hogefelds will er allerdings zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal überdenken. Kurz vor seiner Entscheidung hatte sich Köhler mit dem Ex-Terroristen Klar getroffen. Vor allem dieses Gespräch soll ausschlaggebend gewesen sein, sich gegen eine vorzeitige Haftentlassung zu entscheiden. Bisher äußerte sich der Bundespräsident allerdings nicht genauer zu seinem Entschluss.

Christian Klar wird nun mindestens bis Januar 2009 inhaftiert bleiben. Die frühere RAF-Terroristin Brigitte Mohnhaupt wurde dagegen kürzlich nach mehr als 24 Jahren Haft vorzeitig auf Bewährung entlassen. Das Oberlandesgericht in Stuttgart entschied, dass sie das Gefängnis im bayerischen Aichach am 27. März verlassen durfte.

Brigitte Mohnhaupt, ehemalige Terroristin der RAF, wurde im März 2007 nach 24 Jahren Haft vorzeitig entlassen.
Helles Köpfchen (abfotografiert)

Für ihre zahlreichen Gewaltverbrechen verurteilte ein Gericht die beiden ehemaligen Mitglieder der Terrorgruppe RAF, Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, 1985 zu einer Haftstrafe, die auf "fünfmal lebenslang" lautete. Die beiden Ex-Terroristen wurden 1982 von der Polizei gefasst und inhaftiert. Die "Rote Armee Fraktion" war eine terroristische Vereinigung in Deutschland, die im Jahr 1970 gegründet wurde. Erst 28 Jahre später, im Jahr 1998, gab die RAF offiziell ihre Auflösung bekannt. Mit Gewalt, Erpressung, Bombenanschlägen und Mord versuchte die Untergrund-Organisation, ihre politischen Ziele durchzusetzen.

Brigitte Mohnhaupt schloss sich 1971 im Alter von 22 Jahren der RAF an - und wurde bereits ein Jahr später gefasst und zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach ihrer Freilassung gehörte sie von 1977 bis zu ihrer Festnahme 1982 zu den führenden Köpfen der "Roten Armee Fraktion". Christian Klar trat 1976 im Alter von 24 Jahren der Terror-Organisation bei. Beide gehören zu den Hauptverantwortlichen bei der Entführung und der späteren Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns-Martin Schleyer und waren an den Morden an Generalbundesanwalt Siegfried Buback und Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto beteiligt.

Gnade für die Terroristen? - eine umstrittene Frage

Die Meinungen gehen weit auseinander: Ströbele (die Grünen) sprach sich für eine vorzeitige Freilassung der ehemaligen RAF-Terroristen aus.

Für eine Begnadigung der ehemaligen RAF-Terroristen haben Angehörige der Ermordeten kein Verständnis. Sie sind überzeugt davon, dass die Täter bis heute uneinsichtig sind. Der Terrorist Christian Klar weiß, wer den Generalbundesanwalt Siegfried Buback ermordet hat. Der Sohn des Opfers versucht seit 30 Jahren, Gewissheit darüber zu erlangen, doch Klar schweigt weiterhin.

Viele Menschen verlangen eine deutliche Distanzierung der ehemaligen Terroristen zu ihrer Vergangenheit. Vor allem die Parteien CDU, CSU und FDP sprachen sich gegen eine vorzeitige Freilassung der ehemaligen RAF-Mitglieder aus. Die Grünen stimmten dagegen für eine Haftentlassung von Mohnhaupt und Klar, da sie der Ansicht sind, dass die Ex-Terroristen ihre Strafe verbüßt hätten. Sie sollten die Chance auf einen Neuanfang erhalten, um sich wieder in unsere Gesellschaft eingliedern zu können.

Markus Söder (CSU) hatte sogar die Wiederwahl Köhlers in Frage gestellt, falls dieser Christian Klar begnadigen sollte.
Wikipedia

Der Grünen-Politiker Ströbele sagte: "Ich bin dafür, sowohl Mohnhaupt als auch Klar zu begnadigen wie andere Verurteilte in der Vergangenheit. Sie waren ein Vierteljahrhundert in Haft. In Zukunft geht keine Gefahr mehr von ihnen aus". CSU-Politiker Beckstein dagegen sprach sich deutlich dagegen aus: "Der brutale Terror der RAF hat Deutschland an den Rand des Ausnahmezustandes gebracht. Klar und Mohnhaupt haben bislang keine Distanzierung und Reue hinsichtlich ihrer Taten erkennen lassen".

Horst Köhler hatte alleine deshalb aus den Reihen der CSU heftige Kritik geerntet, weil er überhaupt bereit war, sich mit Christian Klar zu treffen. Seine Entscheidung, Klar nicht zu begnadigen, begrüßten sie dann. Auch SPD-Politiker betonten, dass sie Respekt vor Köhlers Entschluss hätten. Die Reaktion der CSU auf Köhlers Gespräch mit dem Ex-Terroristen bezeichnete SPD-Generalsekretär Hubertus Heil als "dreisten Versuch, den Bundespräsidenten zu nötigen". Indirekt hatten einige Politiker der CSU sogar damit gedroht, Köhler nicht wiederzuwählen. Vor allem Markus Söder wurde wegen seiner Äußerungen nun massiv kritisiert, einige Politiker forderten sogar seinen Rücktritt. Politiker der Grünen bezeichneten die Entscheidung des Bundespräsidenten schließlich als "vertane Chance".

Vergebung oder Vergeltung?

Fahndungsplakat nach RAF-Terroristen aus dem Jahr 1980.

Derzeit sitzen noch drei ehemalige Terroristen der RAF ihre Freiheitsstrafen ab. Neben und Christian Klar, der heute 53 Jahre alt ist, sitzen auch Birgit Hogefeld und Eva Haule noch im Gefängnis. Schon im Jahre 1993 wurden neun ehemalige RAF-Mitglieder vorzeitig aus der Haft entlassen.

Nach dem deutschen Strafrecht ist eine Freilassung vor Absitzen der eigentlichen Haftzeit möglich. Das höchste deutsche Gericht, das Bundesverfassungsgericht, hat im Jahr 1977 entschieden, dass auch ein Mörder, der zu "lebenslanger Haft" verurteilt wurde, die Hoffnung haben sollte, irgendwann wieder freizukommen. Jedem Menschen soll die Möglichkeit zur Reue seiner Straftat, die Chance auf Änderung und persönliche Weiterentwicklung zugestanden werden.

Die "Würde des Menschen" ist als erstes Recht im deutschen Grundgesetz festgeschrieben. Artikel 1 lautet: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt." Das ist auch auf die Menschen anzuwenden, die die Würde anderer völlig missachtet haben, selbst auf Mörder. Dazu steht Deutschland als Rechtsstaat, denn es gilt der Grundsatz, nicht "Gleiches mit Gleichem" zu vergelten. Jeder Häftling hat deshalb auch das Anrecht auf eine menschenwürdige Behandlung. Dazu gehört zum Beispiel, dass er nicht geschlagen oder misshandelt werden darf - und die Hoffnung, das Gefängnis irgendwann wieder verlassen zu können.

Wie lang ist lebenslang?

Bundespräsident Köhler wies 2007 das Gnadengesuch von Christian Klar ab.

Aus diesem Grund bedeutet "lebenslang" heutzutage nach dem Gesetz eine Mindeststrafe von 15 Jahren. Anschließend kann der Straftäter eventuell freigelassen werden. Das ist aber nur möglich, wenn er nicht mehr als Gefahr für andere Menschen angesehen wird und man ihm nicht zutraut, erneut eine Straftat zu begehen. Das Gericht lässt deshalb ein Gutachten über den Täter anfertigen, das einschätzen soll, wie er sich in Freiheit verhalten wird. Grundlage dafür ist immer, dass jedem Menschen eine Chance auf "Besserung" gewährt wird, damit er sich wieder in die Gesellschaft eingliedern kann.

Ex-Terrorist Manfred Grashof wurde 1988 nach 16 Jahren Haft durch Ministerpräsident Bernhard Vogel begnadigt.
Helles Köpfchen (abfotografiert)

Eine frühzeitige Freilassung wird eingeschränkt, wenn das Gericht eine "besondere Schwere der Schuld" festgestellt hat. Es wird dann ein Mindestzeitraum festgelegt, den der Häftling im Gefängnis absitzen muss. Bei den Terroristen Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar war dies der Fall. Laut Gerichtsbeschluss musste Mohnhaupt mindestens 24 Jahre und Klar mindestens 26 Jahre in Haft bleiben. Christian Klar hatte deshalb den Bundespräsidenten um Gnade gebeten. Denn seine Mindesthaftzeit endet erst am 3. Januar 2009. In einem solchen Fall kann also nicht das Gericht darüber entscheiden, wie bei Brigitte Mohnhaupt.

Schon in der Vergangenheit wurden einige ehemalige RAF-Mitglieder durch eine Begnadigung vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. So zum Beispiel der Ex-Terrorist Manfred Grashof, der im Jahre 1988 nach 16 Jahren Haft durch die Entscheidung des damaligen Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel (CDU), begnadigt wurde. Auch Vogel hatte Grashof zuvor im Gefängnis besucht und ein Gespräch mit ihm geführt.

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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