Geiselnahme auf den Philippinen unblutig beendet

von Sebastian Schwalbach - 28.03.2007

In Manila, der Hauptstadt der Philippinen, haben bewaffnete Geiselnehmer am Mittwochmorgen 32 Schüler und zwei Lehrer in einem Schulbus in ihre Gewalt gebracht. Sie forderten eine Verbesserung der Schulsituation und wollten auf die schlimme Lage der Kinder in dem armen Land aufmerksam machen. Nach mehrstündigen Verhandlungen ließen die Entführer die Geiseln frei und stellten sich der Polizei.

Kinder an einer Unicef-Schule auf den Philippinen. (Quelle: Unicef)

Die überwiegend fünfjährigen Kinder waren mit dem Bus zu einem Schulausflug unterwegs, als die Geiselnahme begann. Der Busfahrer sagte aus, er sei gezwungen worden, Nahrungsmittel und Wasser einzuladen. Dann habe er den Bus vor dem Rathaus der Hauptstadt abstellen müssen und sei weggeschickt worden. Bei den Geiselnehmern handelte es sich um Armando Jun Ducat - dem Leiter der Kindertagesstätte, in der die Kinder betreut werden - und eine weitere Person.

Sie wollten mit der Aktion erreichen, dass den Kindern in dem verarmten Viertel von Manila ein Schulabschluss ermöglicht wird. Den Politikern der Philippinen warf er Bestechlichkeit und Versagen vor. Bei der Geiselnahme wurde niemand verletzt. "Ich möchte lediglich ihre Zukunft sicherstellen. Ich möchte diesen Kindern nichts antun. Ich liebe sie", stellte Armando Jun Ducat während der Geiselnahme immer wieder klar.

Entführer verlangen die Unterbringung und Ausbildung der Kinder

Viele Kinder verlassen bereits nach der 2. Klasse die Schule, da sie arbeiten müssen. (Quelle: Unicef)

Schließlich wurde der demonstrativ vor dem Rathaus der philippinischen Hauptstadt Manila abgestellte Bus von Polizeikräften umstellt. An den Fensterscheiben konnte man lächelnde und winkende Kinder erkennen. Die Geiselnehmer hatten an der Windschutzscheibe des Busses ein großes Plakat mit ihren Forderungen befestigt. Darauf stand: "Wir halten 32 Kinder und zwei Lehrer gefangen. Wir sind mit Handgranaten und einem 45 Kaliber-Maschinengewehr bewaffnet. Wir verlangen die Unterbringung und Ausbildung von 145 Kindern der Musmos Kindertagesstätte."

Rund um den Bus versammelten sich die besorgten Angehörigen der Kinder sowie zahlreiche Schaulustige. Am Nachmittag äußerten sich die Entführer im philippinischen Fernsehen: "Die Regierung und Politiker müssen die Lage der Armen spüren, sodass sie nicht nur Versprechungen machen. Versprechungen, die ich gehört habe, die aber nie erfüllt wurden“, erklärte Geiselnehmer Armando Jun Ducat. Damit meinte er die schlechte Schulsituation der Kinder, auf die er schon vor der Entführung immer wieder aufmerksam gemacht hatte. Eine Großmutter eines der festgehaltenen Kinder sagte: "Ich habe Angst um die Kinder, aber ich denke, dass Jun dies tut, damit die Behörden ihm zuhören“.

Den Entführern stehen trotz guter Absichten Haftstrafen bevor

Der Senator Ramon Revilla verprach den Geiselnehmern, ihre Forderungen ernst zu nehmen und sich um die Kinder zu kümmern. (Quelle: comappt.gov.ph)

Der Senator des Viertels Ramon Revilla Junior verhandelte mit den Geiselnehmern und versprach: "Ich gebe Ihnen mein Wort, ich werde mich um Ihre Forderungen kümmern". Den Kindern solle ein erträglicheres Leben zugesichert werden: "Ich werde mich um ihre Erziehung kümmern." Nach diesen Worten beruhigte sich die Lage. Die Entführer ließen die Geiseln nach neun Stunden frei und stellten sich der Polizei. "Ich akzeptiere, dass ich jetzt ins Gefängnis komme, denn was ich getan habe, war gegen das Gesetz“, sagte Ducat kurz bevor er die Geiselnahme beendete.

Bei der Entführung hatten die Geiselnehmer keine schlimmen Absichten. Die Forderung der Entführer nach einer besseren Schulsituation soll den Kindern zugute kommen. Mit ähnlichen Aktionen hatte Armando Jun Ducat auch schon früher versucht, auf Missstände im Land aufmerksam zu machen. So hatte die philippinische Regierung ausdrücklich auf Gewalt gegen die Geiselnehmer verzichtet. Dennoch werden ihre guten Absichten die Geiselnehmer nicht vor Gefängnisstrafen bewahren.

Kinderarbeit und sexueller Missbrauch sind keine Seltenheit

Manila ist die größte Stadt der Philippinen. Hier leben über 12 Millionen Menschen.

Die Situation der Kinder auf den Philippinen ist mehr als schlecht. Schätzungsweise leben mehr als 1,5 Millionen Kinder auf der Straße. Weit über die Hälfte aller Kinder brechen vorzeitig - oft schon nach der zweiten Klasse - die Schule ab, da sie mit harter Arbeit Geld verdienen müssen. Offiziell gibt es auf den Philippinen ein Gesetz gegen Kinderarbeit, welches das Arbeiten für Kinder unter 15 Jahren verbietet. Doch es halten sich nur wenige daran.

Im Februar gab es bereits schockierende Berichte über Missbrauch von Kindern auf den Philippinen. Die Polizei befreite 70 Kinder aus den Händen von Kinderhändlern. Diese hielten die Kinder fest, um sexuelle Videos mit ihnen zu drehen. "Es ist möglich, dass Tausende von Kindern betroffen sind“, so Unicef-Vertreter Nicholas Alipui. Das Problem sei viel größer als es von der Öffentlichkeit wahrgenommen werde.

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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