Wer war Martin Luther und wie kam es zur Reformation der Kirche?

Kirchenspaltung und Reformationstag am 31. Oktober

von Björn Pawlak

Im Jahr 2017 feiern wir das "Martin-Luther-Jahr": Zu diesem Anlass ist am 31. Oktober in diesem Jahr einmalig in ganz Deutschland ein Feiertag. Die evangelische Kirche feiert jährlich an diesem Tag den Reformationstag. Am 31. Oktober 1517 soll Martin Luther die berühmten 95 Thesen veröffentlicht haben. Luther wurde zum "Spalter" des Christentums und zum Urheber der "Reformation". Er griff gängige Praktiken der Römisch-Katholischen Kirche an, besonders den "Ablasshandel": Durch den Kauf von Ablassbriefen sollten Menschen sich angeblich von ihren Sünden "freikaufen" können. Wer war Martin Luther und wie kam es zur "Reformation" der Kirche?

Der Augustinermönch Martin Luther, hier auf einem Porträt von Lucas Cranach dem Älteren, ist einer der "Väter" der Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert. (Quelle: Wikipedia)

In seinen Schriften forderte Luther, religiöse Glaubensfragen wieder streng nach Vorbild der Bibel zu beantworten. Seine Übersetzung der Heiligen Schrift aus dem Altgriechischen ins Deutsche ("Lutherbibel") gilt als Meisterwerk und machte ihn zum meistgelesenen Autor in deutscher Sprache.

Luther war Augustinermönch und Professor der Theologie an der Universität in Wittenberg. Er arbeitete eigene Glaubensgrundsätze heraus, die dann zu einem dramatischen Umdenken innerhalb des Christentums führten. Die neu entstandene christliche Bewegung, "Protestantismus" genannt, breitete sich zunächst vor allem in den deutschen Fürstentümern und in der Schweiz aus. Vor allem taten sich die Protestanten schwer damit, die uneingeschränkte Vorherrschaft des Papstes anzuerkennen.

Luther und andere "Reformatoren" gelten als Erneuerer des Christentums, sie selbst verstanden ihre Standpunkte aber eher als eine Rückbesinnung auf ursprüngliche christliche Werte. Der Begriff "Reformation" spiegelt das gut wider: er leitet sich vom lateinischen Wort "reformatio" ab, welches nichts anderes bedeutet als "Rückformung".

Welche reformatorischen Bewegungen gab es?

Jean Calvin, ein französischer Anhänger der lutherischen Reformvorschläge, trat für einen streng dogmatischen Protestantismus ein. Sein Einfluß machte sich später besonders in England bemerkbar. (Quelle: Wikipedia)

Es gab viele verschiedene reformatorische Bewegungen innerhalb des Christentums, schon lange vor Luther. Zu nennen wären etwa die vor allem im italienischen Raum lebenden "Waldenser", die bereits im zwölften Jahrhundert darüber klagten, dass die Kirche Reichtümer anhäufe. Für die Katholische Kirche waren die Reformer "Häretiker" ("Glaubensabweichler"), sie wurden durch die kirchliche Gerichtsbarkeit der "Inquisition" verfolgt und hart bestraft. Bedeutende frühe Kirchenreformer waren John Wyclif in Oxford (um 1330 bis 1384) und Jan Hus in Prag (um 1370 bis 1415).

Die schwerwiegendste reformatorische Umwälzung begann dann aber zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Deutschland, Ausgangspunkt war dort das Werk Martin Luthers. Die große Reformation des 16. Jahrhunderts ließ neue christliche Religionsparteien entstehen, die sich zum "Protestantismus" bekennen. Der Begriff "protestantisch" leitet sich vom Lateinischen "protestare" ab, was soviel bedeutet wie "öffentlich kundtun". Die protestantische Bewegung spaltete sich dann selbst noch weiter auf.

Wichtige Reformer neben Luther waren Jean Calvin in Genf (1509 bis 1569) und Ulrich Zwingli in Zürich (1484 bis 1531). Ihre Forderungen waren noch radikaler und unversöhnlicher als die von Martin Luther. Auch innerhalb des Katholizismus kam es nun zu einer Reformbewegung, auch "Gegenreformation" genannt. Der Hauptvertreter dieser katholischen Reformation war der von Ignatius von Loyola (1491 bis 1556) gegründete Orden der "Jesuiten", auch "Gesellschaft Jesu" genannt. Bedeutend war außerdem die Loslösung der "Kirche von England" ("Church of England"), die sich im Jahr 1534 nicht mehr länger von Rom aus kontrollieren ließ.

Wer war Martin Luther?

Luther forderte auch für Priester das Recht ein, sich zu verheiraten. Er selbst ehelichte die ehemalige Nonne Katharina von Bora (hier auf einem Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren). (Quelle: Wikipedia)

Luther kam am 10. November 1483 in Eisleben zur Welt. Luthers Vater war Bauer und Bergmann, in seinem Sohn Martin sah er einen kommenden Rechtsgelehrten. Luther studierte an der Universität zunächst die "Sieben Freien Künste" und dann auch die Rechtswissenschaften. (Die "Sieben Freien Künste" setzten sich seit der Antike aus den Fächern Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Musik und Astronomie zusammen - man verstand sie damals als eine Art Grundstudium.) Gegen den Willen des Vaters entschied er aber, in das Augustinuskloster in Erfurt einzutreten. Er ließ sich dort zum Priester weihen, widmete sich dem Studium der Theologie und lernte Griechisch und Hebräisch.

Prägend wird für Luther eine Fußreise nach Rom im Jahr 1510, die ihn fünf Monate Zeit kostete. Er zweifelte damals noch nicht an der Allmacht des Papstes, auch wenn er sich schon kritisch zum "Sittenverfall" der Kirche äußerte. Es war die ständige Lektüre der Bibel, die ihn später zu ganz neuen Einsichten brachte. Ihm wurde nach eigenen Angaben klar, dass die Gnade Gottes keine Kirche und keinen Papst brauchte und jedem gläubigen Christen unmittelbar gegeben war.

Was sind die berühmten 95 Thesen?

Die zeitgenössische Abbildung zeigt den Verkauf von Ablassbriefen. Der Ablassprediger Johann Tetzel brachte den Sinn dieser Praxis auf den Punkt: "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer in den Himmel springt!" (Zitat übersetzt ins Hochdeutsche). (Quelle: Wikipedia)

In seinen 95 Thesen fasst Luther seine Auffassungen über die Rolle der Kirche zusammen - vor allem wendet er sich dabei gegen den kirchlichen Ablasshandel. Die Ablassbriefe wurden von der Kirche offiziell an die "Sünder" verkauft: Durch den Kauf dieser Dokumente konnten die Sünden nach gängiger Vorstellung "getilgt" und die Menschen von ihren Sünden "freigekauft" werden. Der katholische Glaube ging davon aus, dass der Mensch nach seinem Tode im "Fegefeuer" für seine Sünden büßen müsste. Das Fegefeuer muss man sich als einen Ort zwischen "Himmel" und "Hölle" vorstellen. Je nach Schwere der Schuld konnte dieser reinigende Prozess demnach länger oder kürzer andauern. Nach der Lehre der Kirche konnte der Kauf von Ablassbriefen die Zeit im Fegefeuer verkürzen.

Luthers 95 Thesen, die er angeblich am 31. Oktober 1517 an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg nagelte, griffen die Praxis des Ablasshandels und die Machtfülle des Papstes an. Evangelische Christen feiern heute deshalb am 31. Oktober den Reformationstag. Auf jeden Fall ließ Luther verschiedene gedruckte Exemplare seiner Thesen anfertigen und verteilte sie an einflussreiche Leute. Durch die technische Neuerung des Buchdrucks konnten die 95 Thesen schnell vervielfältigt werden und eine große Leserschaft erreichen.

Nach Luthers religiösem Verständnis gab es eine direkte Verbindung zwischen dem glaubenden Menschen und seinem Gott, das Ablasswesen hielt er für unwirksam. Die Einmischung der Kirche sah Luther als unzulässig an, weil nur Gott darüber befinden könne, wie er die Sünden der Menschen bestraft. Außerdem kritisierte Luther, dass die im Ablasshandel eingenommenen Gelder dazu benutzt wurden, um prunkvolle Einrichtungen für die Kirche zu bauen. So wurde in Rom der prächtige Petersdom errichtet, auch Bischöfe und Ablassprediger bereicherten sich persönlich.

Versteck auf der Wartburg und Übersetzung der Bibel

Die erste vollständige Luther-Übersetzung der Bibel ging im Jahr 1534 in Wittenberg in den Druck. Sie setzte neue Maßstäbe in der deutschen Schriftsprache. (Quelle: Wikipedia)

Der deutsche Kaiser Karl V. erklärte auf dem Reichstag in Worms im Jahr 1521 im "Wormser Edikt" Luther zum "Feind" der Kirche und des Reiches. Zuvor hatte schon der Papst in Rom Luther "exkommuniziert" (das bedeutet "ausgeschlossen"). Trotzdem hatte Luther unter den Mächtigen seiner Zeit auch Verbündete. Friedrich der Weise, der Kurfürst von Sachsen, half Luther unterzutauchen, indem er ihn auf der Wartburg bei Eisenach versteckt hielt. Die Macht der kaiserlichen Zentralgewalt wurde also nicht von allen unumschränkt akzeptiert, und auch das geldgierige Papsttum hatte sich längst unbeliebt gemacht, was wiederum Luther Sympathien einbrachte. In seinem Zimmer auf der Wartburg tarnte sich Luther als "Junker Jörg" und wartete ab, wie sich seine Sache weiterentwickeln würde.

Die freie Zeit nutzte Luther übrigens, um seine Bibelübersetzung ins Deutsche zu beginnen. Innerhalb von wenigen Wochen übersetzte er das Neue Testament in die deutsche Sprache, dank des Buchdrucks konnte die Übersetzung schnell vervielfältigt werden. Innerhalb von wenigen Jahren gab es schon mehr als 100.000 Kopien. Fahrende Buchhändler boten die Luther-Übersetzung im ganzen Reich zum Kauf an. 1534 war die vollständige Übersetzung der Heiligen Schrift fertig gestellt. Sie gilt als Meilenstein der deutschen Schriftsprache und war ein Fundament für eine Vereinheitlichung der vielen unterschiedlichen regionalen Eigenheiten der Sprache.

Die Bauernaufstände und Zweifel Luthers

Thomas Müntzer war während der Aufstände der protestantische Anführer der Bauern. Luthers reformatorische Vorschläge verstand er auch als Aufruf zur Revolution. (Quelle: Wikipedia)

Unterdessen spitzte sich die Situation auf deutschem Boden immer weiter zu, auch weil die Bauern einen Aufstand probten und mehr Gerechtigkeit von den Herrschenden verlangten. Sie stützten sich bei ihren Forderungen auch auf den Reformator Luther, dieser aber hatte seine Beschützer gerade auch unter den Landesfürsten. Die Bauern wurden durch hohe steuerliche Abgaben belastet, außerdem begehrten sie gegen "Frondienst" und Leibeigenschaft auf ("Frondienst" bezeichnete die Dienstleistungen, die die Bauern ihren Grundherren erbringen mussten).

Luther wurde von den Landesfürsten nun dazu auserwählt, im Konflikt mit den Bauern schlichtend einzugreifen. Die Hoffnungen der Bauern, in Luther einen Mitstreiter für ihren Kampf gegen Ungerechtigkeit und Unterdrückung zu finden, sollten jedoch enttäuscht werden. Luther konnte sich nicht dazu durchringen, den Kampf der Bauern auch zu seinem zu machen. Nachdem es zu gewaltsamen Übergriffen durch Bauern gegen Adlige gekommen war, schwenkte Luther vollständig um und forderte eine notfalls auch blutige Unterdrückung der Bauernaufstände. Den Kampf der Bauern bezeichnete er gar als Kampf der "Mächte des Bösen".

Machtkampf zwischen Kaiser und Fürsten

Gemälde von Lucas Cranach dem Älteren: Als "Junker Jörg" getarnt versteckte sich Luther auf der Wartburg bei Eisenach. Dort genoss er den Schutz des sächsischen Landesfürsten Friedrich dem Weisen. (Quelle: Wikipedia)

Gleichzeitig kam es zum Machtkampf zwischen den Luther unterstützenden Landesfürsten und dem papsttreuen deutschen Kaiser Karl V. Im Jahr 1530 fand in Augsburg ein Reichstag statt, bei dem die unterschiedlichen Positionen ausgetauscht wurden. Die Protestanten bemühen sich um eine friedliche Beilegung des Konflikts, sie legten dem Kaiser das "Augsburger Bekenntnis" vor, in dem sie die religiöse Unabhängigkeit vom Papst einforderten. Diesem aber war daran gelegen, die alten Zustände und die Einheit der Kirche wiederherzustellen. Dies gelang aber nicht, nur Bayern, Österreich, Böhmen und die westrheinischen Gebiete blieben auch in den Folgejahren römisch-katholisch. In allen anderen deutschen Gebieten verlor der Papst jeglichen Einfluss und der Protestantismus fasste Fuß.

Gegen Kaiser Karl V. gründeten die protestantischen Fürsten im Jahr 1531 den "Schmalkaldischen Bund" als Schutzbündnis. Dieser Bund wurde im "Schmalkaldischen Krieg" 1547 von Karl V. und den kaiserlichen Truppen zerschlagen. Bereits im Jahr zuvor war Luther im Alter von 62 Jahren gestorben. Sein Grab befindet sich in der Schlosskirche in Wittenberg. Der Glaubenskrieg in Europa war zu Luthers Lebzeiten noch lange nicht beendet. Die konfessionellen Lager bekämpften sich weiter, besonders schlimm während des Dreißigjährigen Krieges im 17. Jahrhundert.

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letzte Aktualisierung: 19.11.2017

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