Berühmte Märchensammler: Die Gebrüder Grimm

Teil 1: Das Leben von Jacob und Wilhelm Grimm

Teil 1 von 2

von Tanja Lindauer

Wer kennt sie nicht, die Märchen von Hänsel und Gretel, vom Rotkäppchen oder von Dornröschen? Fast jedes Kind auf der Welt hat schon von den Märchen der Brüder Grimm gehört. Auch du hast bestimmt schon einige der "Grimms Märchen" gelesen. Jacob und Wilhelm Grimm haben die meisten der Märchen aber nicht selbst erfunden, sondern zusammengetragen und aufgeschrieben. Wer waren die Brüder und wodurch wurden sie so berühmt?

Die dänische Malerin Elisabeth Maria Anna Jerichau-Baumann malte 1855 die Brüder Wilhelm Grimm (links) und Jacob Grimm (rechts). (Quelle: Wikimedia Commons)

Vor einigen Jahrhunderten wurden Märchen nur erzählt und nicht vorgelesen, denn so etwas wie ein Märchenbuch gab es noch nicht. So entstanden verschiedene Geschichten und Mythen, die vom Volk weitererzählt und dabei auch immer wieder verändert wurden. Manche Menschen machten sich schließlich die Mühe, diese Märchen zusammenzutragen und aufzuschreiben, damit sie nicht in Vergessenheit geraten. Genau das machten sich auch die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm zur Aufgabe. Und so wurden die "Gebrüder Grimm" vor allem als Märchensammler bekannt.

Die so genannten "Grimms Märchen" (eigentlich heißen sie "Kinder- und Hausmärchen") werden heute fast auf der ganzen Welt gelesen. Aber nicht nur als Märchensammler konnten sich die Brüder einen Namen machen, sondern auch als bedeutende deutsche Sprachwissenschaftler. Deshalb zählen sie auch zu den "Gründungsvätern" der Germanistik - also der Wissenschaft von der deutschen Sprache und Literatur.

Die Brüder Grimm wirkten im 19. Jahrhundert und ihre Märchen werden der literarischen Epoche der Romantik zugeordnet. In diesem Zeitabschnitt, in welchem sich die Künstler und Dichter verstärkt dem Gefühlsbetonten, Fantastischen, Übernatürlichen und auch Unheimlichen zuwandten, wurde dem "einfachen Volk" eine große Rolle beigemessen, da es als das "Wahrhaftige" galt. Deshalb waren auch Volksmärchen sehr beliebt - denn die einfachen Leute und deren Verhalten waren die Symbole für das natürliche und wahre Leben. Auch andere Länder, wie Frankreich oder England, wurden von den romantischen Ideen aus Deutschland stark beeinflusst.

Die frühen Jahre

Friedrich Carl von Savigny war ein Lehrer der Brüder Grimm und er erlaubte ihnen, in seiner privaten Bibliothek zu lesen. (Quelle: Wikimedia Commons)

Jacob Ludwig Karl Grimm wurde am 4. Januar 1785 in Hanau geboren, Wilhelm Grimm am 24. Februar 1786, ebenfalls in Hanau. Sie waren die ältesten der insgesamt neun Geschwister der Pastorenfamilie, jedoch starben drei von ihnen bereits im Säuglingsalter. Ihre Eltern hießen Dorothea und Philipp Wilhelm Grimm. Die Brüder verloren früh ihren Vater, der 1796 an einer Lungenentzündung starb. Nach dem Tod ihres Vaters schickte Dorothea Grimm ihre beiden ältesten Söhne 1798 nach Kassel zu ihrer Tante.

Die Mutter wollte den Kindern eine gute Schulbildung ermöglichen, und so gingen beide auf das Friedrichgymnasium (damals wurde es Lyceum Fridericianum genannt). Nach dem Abitur begannen beide Brüder ein Jurastudium (Rechtswissenschaften) in Marburg - im Jahr 1802 Jacob und ein Jahr später auch Wilhelm. Sie interessierten sich aber sehr für die romantische Literatur dieser Zeit, und ihr Professor Carl von Savigny machte sie mit dieser noch besser vertraut. Denn der Lehrer erlaubte es ihnen, in seiner Privatbibliothek zu lesen. Zudem lernten sie auch berühmte Schriftsteller kennen, wie Achim von Armin und Clemens Brentano.

Begeisterung für Märchen

1812 veröffentlichten die Brüder Grimm den ersten Band ihrer gesammelten Kinder- und Hausmärchen. Bild: Hänsel und Gretel stehen vor dem Haus der bösen Hexe. (Quelle: Wikimedia Commons)

Nach dem Tod ihrer Mutter im Jahr 1808 wurde Jacob Privatbibliothekar des westfälischen Königs Jérome Bonaparte. Als ältester Sohn war er für den Unterhalt der Familie verantwortlich. 1811 veröffentlichten die Brüder ihre ersten Bücher: Jacob über Altdeutschen Meistersang und Wilhelm über Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen. 1812 gaben Jacob und Wilhelm Grimm den ersten Band ihrer gesammelten Kinder- und Hausmärchen heraus - die heutigen "Grimms Märchen". Weitere Auflagen sollten folgen, und vor allem der jüngere Bruder Wilhelm beschäftigte sich fast ein ganzes Leben lang mit Märchen.

Insgesamt sammelten die zwei Brüder 240 Märchenerzählungen - neben "Hänsel und Gretel" und "Aschenputtel" sind darunter viele weitere bekannte Märchen wie "Frau Holle", "Der Wolf und die sieben Geißlein" und "Rotkäppchen". Die Brüder ließen sich die Märchen von ganz verschiedenen Menschen erzählen. Eine große Hilfe war ihnen Dorothea Viehmann, die zum Beispiel die Märchenerzählungen von den "Bremer Stadtmusikanten" und der "Gänsemagd" beisteuerte.

1814 zogen die Brüder Grimm zusammen mit ihrer Schwester Lotte in eine Wohnung in Kassel. Jacob und Wilhelm waren im Alter von 30 Jahren durch ihre Bücher schon recht bekannt, bis 1814 lebten sie ausschließlich vom Erbe der Familie und Jacobs Gehalt. Von 1814/ 1816 bis 1829 arbeiteten sie an der Bibliothek in Kassel - Wilhelm als Sekretär und sein Bruder als Bibliothekar. In dieser Zeit forschten die beiden immer weiter und erhielten 1819 die Ehrendoktorwürde der Universität Marburg. Wilhelm und Jacob Grimm verdanken ihren Erfolg aber auch vielen anderen Menschen, die ihnen geholfen haben. Den ohne Unterstützung hätten sie sich nicht auf die Forschung konzentrieren und so viele Bücher veröffentlichen können. Die Kurfürstin Wilhelmine Karoline von Hessen half den Brüdern beispielsweise in Form von Geldspenden.

Erforschung der deutschen Sprache

In der Geburtsstadt Hanau wurde zu Ehren der Brüder Grimm ein Denkmal errichtet. (Quelle: User:Dr. Meierhofer/ Wikimedia Commons)

Nach dem Tod der Kurfürstin 1821 mussten Jacob und Wilhelm Grimm zusammen mit ihrer Schwester in eine schlechtere Wohnung ziehen, da das Geld knapp wurde. Bald darauf heiratete die Schwester und verließ die beiden. Jacob Grimm begann sich intensiv mit der deutschen Sprache zu beschäftigen und veröffentlichte die "Deutsche Grammatik" - den ersten Band 1819, der Zweite folgte dann 1826.

In diesem Werk widmete er sich aber nicht nur mit der Grammatik, sondern auch der geschichtlichen Entwicklung der germanischen Sprachen. Jacob Grimm gilt mit diesem Werk als Wegbegründer der "Etymologie" - das bedeutet, dass man die Herkunft und Entwicklung von Wörtern untersucht. Wilhelm beschäftigte sich in dieser Zeit mit Runen - das waren die alten Schriftzeichen der Germanen - und veröffentlichte im Jahr 1829 sein Hauptwerk hierzu: Die "deutschen Häldensagen" (früher wurde Held noch mit "ä" geschrieben).

1825 heiratete Wilhelm Grimm die Apothekerstochter Henrietta Dorothea Wild. Manche Menschen munkelten, dass der Grund für die Hochzeit alles andere als romantisch gewesen wäre: Schwester Lotte hatte ihre Brüder nach ihrer Heirat verlassen, und so konnte sie sich nicht länger um die beiden kümmern. Daraufhin soll Wilhelm Grimm beschlossen haben zu heiraten. Nun konnte seine Ehefrau den Platz der Schwester einnehmen: Dorothea, die "Dortchen" genannt wurde, kümmerte sich fortan um den Haushalt der Brüder Grimm. 1828 brachte sie den Sohn Herman Grimm auf die Welt. Nachdem Jacob Grimm an der Bibliothek nicht befördert wurde, entschieden sich die Brüder im Jahr 1829, nach Göttingen zu ziehen. Ab 1830 war Jacob Professor, Wilhelm arbeitete bis 1835 noch als Bibliothekar und wurde dann ebenfalls zum Professor berufen. Jacob Grimm veröffentlichte zudem bis 1837 zwei weitere Bände seiner deutschen Grammatik.

Einsatz für Menschenrechte

Szene aus dem Märchen "Dornröschen", das ebenfalls in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm niedergeschrieben wurde: Der Prinz weckt Dornröschen aus dem 100-jährigen Schlaf. (Quelle: Henry Maynell Rheam)

Die Brüder Grimm setzten sich auch politisch ein und halfen beispielweise, die Menschenrechte in Deutschland zu formulieren. 1837 hob König Ernst August II. von Hannover das Grundgesetz, das vier Jahre zuvor erlassen worden war, wieder auf. Jacob und Wilhelm protestierten mit den "Göttinger Sieben" (neben den Brüder Grimm gehörten zu dieser Gruppe beispielweise der Historiker Friedrich Christoph Dahlmann und der Physiker Wilhelm Weber) gegen diese Entscheidung - denn die vorherige Verfassung gewährte den Bürgern für die damalige Zeit recht viele Freiheiten, die nun deutlich eingeschränkt werden sollten.

Der König ließ sich das aber nicht bieten, und so wurden die sieben Professoren am 11. Dezember 1837 ihrer Ämter enthoben. Jacob wurde sogar des Landes verwiesen. Mithilfe eines Komitees von Bürgern wurden die Gehälter durch Spenden an die Professoren zunächst weiterbezahlt. Jacob und Wilhelm Grimm hatten aber keine Anstellung mehr. Von einem Leipziger Verleger bekamen sie schließlich das Angebot, ein deutsches Wörterbuch zu verfassen. Bis zu ihrem Tod sollte sie dieses Projekt noch begleiten, jedoch schafften sie es nicht, es jemals fertigzustellen.

Die Brüder kehrten nach Kassel zurück. Mithilfe von Alexander von Humboldt und anderen Befürworten wurden die Brüder Grimm am 2. November 1840 von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen nach Berlin eingeladen, bereits ein Jahr später wurden sie in die Akademie der Wissenschaften aufgenommen. Am 16. Dezember 1859 starb Wilhelm Grimm infolge eines Schlaganfalls. Sein Bruder starb am 20. September 1863.

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Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 27.10.2011

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