Lexikon: Surrealismus

von Britta Pawlak

"Elefant von Celebes" aus dem Jahr 1921 von dem surrealistischen Maler Max Ernst (Quelle: Max Ernst/ Wikipedia)

Der Begriff "Surrealismus" wurde Anfang des 20. Jahrhunderts von dem französischen Schriftsteller Guillaume Apollinaire geprägt und verlieh später einer gesamten Bewegung in der Kunst und Literatur ihren Namen. Aus dem Französischen übersetzt bedeutet "surréalisme" soviel wie "über dem Realen", also dem Wirklichen. Das Surreale bezeichnet etwas, das jeglicher Realität enthoben ist und unwirklich und traumhaft erscheint. Die Kunstrichtung des Surrealismus entstand um 1920 in Frankreich. In den Mittelpunkt rückten die Künstler und Schriftsteller das Traumhafte, Fantastische und "Absurde" (damit ist etwas Widersinniges gemeint) - also all jene Dinge, die nicht durch den menschlichen Verstand und seine Erfahrung zu fassen sind und oft in den Tiefen des Unterbewusstseins schlummern.

Als Begründer der surrealistischen Bewegung gelten der französische Schriftsteller André Breton (1896-1966) und der deutschstämmige Künstler und Bildhauer Max Ernst (1891-1976). Für die Bewegung in Paris waren Rauschzustände, Träume und unterbewusste Begierden, Wünsche und Leiden die Quelle für ihre künstlerische Inspiration. Die Künstler und Autoren wollten mit den gängigen Sichtweisen und Regeln brechen und das menschliche Bewusstsein erweitern - deshalb gilt diese Kunstrichtung als "anarchistisch" (gesetzlos) und "revolutionär", also umwälzend. Sie lehnten sich gegen die bürgerliche Kunstaufassung und die "verlogene" Moral der "Bourgeoisie" - gemeint ist die obere Schicht der Gesellschaft - auf. Die surrealistische Kunst galt immer wieder als provokant, also als herausfordernd, aufsässig und gewagt.

Um André Breton entstand in Paris die Surrealisten-Gruppe, der nach und nach viele bekannte Künstler wie Luis Buñuel, Salvador Dalí, Max Ernst, Paul Éluard, René Magritte und Joan Miró angehörten. Der Wegbereiter Breton verfasste wichtige theoretische Schriften über den Surrealismus - 1924 veröffentlichte er sein "erstes surrealistisches Manifest". Darin nahm er auch Bezug auf die Psychoanalyse, die von dem österreichischen Arzt und Psychologen Sigmund Freud begründet wurde und sich intensiv mit dem menschlichen Seelenleben und unterbewusst wirkenden Kräften auseinandersetzt. Ziel der Surrealisten war es, mittels ihrer Kunst neue Bewusstseinsebenen aufzudecken und die Widersprüchlichkeit der Erscheinungen der "wirklichen Welt" und der Traumwelten aufzulösen. Breton entwickelte die so genannte "Écriture automatique" ("automatisches Schreiben"), bei welcher Ausdrücke, Bilder und Stimmungen, die einem spontan einfallen oder überkommen, einfach ohne "Zensur" wiedergegeben werden. Man schreibt bei dieser Methode also alles nieder, ohne vorher nachzudenken, seine Gedanken zu kontrollieren, zu filtern und "Unsinniges" mittels des Verstandes zu verwerfen.

Auch Bilder und andere Kunstformen sollten entstehen, indem das Unbewusste "spricht" und nicht der Verstand die Kontrolle übernimmt. Insbesondere der spanische Künstler Salvador Dalí (1904-1989) und der belgische Maler René Magritte (1898-1967) schufen ausdrucksstarke und traumähnliche Bilder, in denen eine neue "Überwirklichkeit" entsteht - und zwar dadurch, dass ungewohnte oder gegensätzliche Gegenstände, Themen und Motive miteinander verbunden werden. In Dalís Bildern tauchen beispielsweise immer wieder schmelzende Uhren oder brennende Giraffen auf.

Der weltbekannte spanisch-mexikanische Filmemacher Luis Buñuel (1900-1983) gilt als der Vertreter des surrealistischen Kinos. Gemeinsam mit Salvador Dalí schuf er die Filme "Ein andalusischer Hund" (1929) und "Das goldene Zeitalter" (1930), die heute als Meisterwerke des surrealistischen Films gelten. Zu ihrer Zeit wurden sie jedoch als Skandal angesehen und über Jahrzehnte verboten. Die Filme bestehen aus teilweise unzusammenhängenden und widersinnig erscheinenden Szenen, die immer wieder auch gewagt sind. Beispielsweise verletzt ein Mann in dem Kurzfilm "Ein andalusischer Hund" das Auge einer Frau mit einem Rasiermesser, was beim Publikum für Aufsehen sorgte. Der Meisterregisseur Alfred Hitchcock ließ in seinem Film "Ich kämpfe um dich" eine Traumszene von Salvador Dalí im surrealistischen Stil gestalten.

Hinweis zum Copyright: Die private Nutzung unserer Webseite und Texte ist kostenlos. Schulen und Lehrkräfte benötigen eine Lizenz. Weitere Informationen zur SCHUL-LIZENZ finden Sie hier.

letzte Aktualisierung: 19.03.2013

Wenn dir ein Fehler im Artikel auffällt, schreib' uns eine E-Mail an redaktion@helles-koepfchen.de. Hat dir der Artikel gefallen? Unten kannst du eine Bewertung abgeben.

13 Bewertungen für diesen Artikel