Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London - Teil 2

Teil 2 von 2

26.07.2012

Geschäftemacherei und Sicherheitswahn

In London werden schon seit einiger Zeit kräftig die Werbetrommeln für Olympia gerührt. Bild: Ein Zug der "London Underground" trägt eine Werbung für die Olympiakandidatur (Quelle: Ed g2s, Wikimedia Commons)

Beobachter kritisieren, dass durch die Spiele in London vor allem große Firmen gute Geschäfte machen und die Sicherheitsvorkehrungen ein bisher ungekanntes Ausmaß erreicht haben. Wie bei anderen großen Sportveranstaltungen werden auch die Olympischen Spiele von privaten Konzernen mitbezahlt. Sie verkaufen ihre Produkte während der Wettkämpfe in und um die Sportstätten herum. Einer der großen Sponsoren ist der US-Konzern Coca-Cola. Deshalb dürfen auf den Olympia-Sportplätzen keine Getränke anderer Hersteller verkauft werden und die Besucher dürfen auch keine eigenen Getränke mitbringen. Wenn man Geld abheben will, ist man auf die Geldautomaten vom US-Sponsoren Visa angewiesen, andere Bankkarten werden nicht akzeptiert.

Auch sind die Preise in den Sportstätten sehr hoch. Ein belegtes Brötchen kostet beispielsweise vier, ein halber Liter Bier umgerechnet acht Euro. Für Kritik sorgten weiterhin die zum Teil sehr hohen Eintrittspreise, die pro Karte bis zu 700 Euro kosten. Insgesamt rechnet das Internationale Olympische Komitee mit 5,8 Milliarden Euro Einnahmen, die sich aus Fernseh-Geldern, Zahlungen von Sponsoren, Eintrittskarten- und Lizenzverkauf ergeben. Den größten Teil machen dabei die TV-Gelder aus. Die TV-Stationen bezahlen insgesamt 3,18 Milliarden Euro, um die Spiele übertragen zu dürfen.

Außerdem wird die Veranstaltung von gewaltigen Sicherheitsmaßnahmen begleitet. Die Spiele in London bedeuten den bisher größten Militäreinsatz in Großbritannien in Friedenszeiten. Insgesamt sollen 40.000 Polizisten, Soldaten und andere Sicherheitskräfte die Wettkämpfe absichern. Das kostet den britischen Steuerzahler mehr als 1,5 Milliarden Euro - so viel wie noch nie in der Geschichte der Olympischen Spiele. Um Einlass zu den Sportveranstaltungen zu bekommen, werden die Zuschauer wie sonst an Flughäfen überprüft. Auf Hausdächern rund um das Olympiagelände sollen sogar Boden-Luft-Raketen installiert werden, die im Ernstfall mitten über dem Wohngebiet Flugzeuge von Terroristen abschießen sollen. Auf dem Fluss Themse liegt das größte britische Kriegsschiff "HMS Ocean" vor Anker. Von ihm aus sollen Armeehubschrauber das Olympiastadion und die anderen Sportarenen aus der Luft überwachen. All diese Maßnahmen sollen dazu dienen, Gewaltanschläge zu verhindern, heißt es.

Politik und Olympia

Die Olympischen Sommerspiele 1936 fanden in Berlin statt. Das nationalsozialistische Deutschland trug hier seine neue politische Stärke zur Schau. (Quelle: Wikipedia)

Die Olympischen Spiele waren in ihrer Geschichte oft von der Politik beeinflusst. Das ist auch kein Wunder, weil es nur wenige Ereignisse auf der Welt gibt, die so viele Menschen interessieren. Diese große Aufmerksamkeit wollen auch Politiker für sich ausnutzen. Sie wollen sich im Umfeld der Olympischen Spiele den Menschen präsentieren und dabei möglichst viele Sympathien einheimsen. Pierre de Coubertin, der "Erfinder" der Olympischen Spiele der Neuzeit, kämpfte noch für eine strikte Trennung von Politik und Sport. Dass das eine naive Hoffnung war, wurde spätestens bei den Olympischen Spielen 1936 im damaligen Nazi-Deutschland klar: Hitler wollte die Welt mit einer perfekten Organisation und spektakulären Veranstaltungen begeistern, die "deutsche Stärke" demonstrieren und ihr gleichzeitig ein "friedliches" und "tolerantes" Deutschland vorgaukeln.

Die Olympischen Spiele wurden immer wieder für politische Zwecke missbraucht. Im Jahre 1972 kam es bei den Spielen in München zu einem Terrorakt gegen die israelische Mannschaft. Die palästinensische Organisation "Schwarzer September" nahm elf Sportler gefangen. Bei einer Befreiungsaktion der Polizei starben alle Geiseln, fünf der Terroristen und ein Polizist. Bei den Spielen 1996 in Atlanta explodierte eine Bombe und tötete zwei Menschen, 111 wurden verletzt. Den Sprengsatz hatte ein rechtsradikaler christlicher Fanatiker gezündet, der erst sieben Jahre später festgenommen werden konnte.

Auch während der Zeit des so genannten "Kalten Krieges", als sich der Westen und der Osten feindlich gegenüberstanden, wurden die Olympischen Spiele für politische Zwecke genutzt. Als sowjetische Truppen 1980 in Afghanistan einmarschierten, um islamistische Rebellen zu bekämpfen, nahmen die USA und mit ihr verbündete Staaten wie Westdeutschland diesen Vorfall zum Anlass, nicht an den Olympischen Spielen in Moskau teilzunehmen. Das war der erste große "Olympia-Boykott" in der Geschichte - unter einem "Boykott" versteht man einen Ausschluss oder eine Verweigerung, die von Staaten als politisches Druckmittel genutzt werden. Daraufhin sagten die damaligen Ostblock-Staaten vier Jahre später ihre Teilnahme an den Spielen 1984 in Los Angeles ab. Erst nach der politischen Wende in Europa 1989 gaben viele Sportfunktionäre aus Ost und West zu, dass sie unter großem politischem Druck gestanden hatten und die Entscheidung, nicht teilzunehmen, später bereuten.

Schlafende Läufer und zu kaltes Wasser

Weil zwei Konkurrenten vom Wettkampf ausgeschlossen wurden und zwei weitere deshalb aus Protest nicht teilnahmen, musste der 400-Meter-Läufer Wyndham Halswelle bei den Olympischen Spielen 1908 das Finale ganz ohne Gegner "bestreiten". (Quelle: Wikimedia Commons)

Es gibt einige bemerkenswerte, tragisch-komische und lustige Geschichten von Olympia zu erzählen. Als der Marathon-Läufer Dorando Pietri zum Beispiel 1908 ins Londoner White City Stadion einlief, um seine letzte Runde zu drehen, stand er eigentlich schon als Sieger fest. Leider war Pietri so erschöpft, dass er zuerst in die falsche Richtung lief und dann auf den letzten Metern mehrmals zusammenbrach. Schiedsrichter halfen ihm zwar auf, aber er stürzte fünf Mal und brauchte für die knappe Stadionrunde mehr als zehn Minuten. Zwar schleppte er sich noch ins Ziel, wurde aber später wegen unerlaubter Hilfe disqualifiziert. Zum Trost erhielt er von der Queen einen Goldpokal für besonderen Kampfgeist.

Der japanische Marathon-Läufer Shiso Kanaguri startete 1912 in Stockholm. Nach etwa 30 Kilometern kam der Japaner am Garten einer Familie vorbei, die ihm etwas zu Trinken und eine Rast anbot. Das nahm der Athlet gerne an, aber durch die Erschöpfung schlief er sofort ein und verpasste den Zieleinlauf. Im Stadion wurde man unruhig und ließ Kanaguri sogar von der Polizei suchen. Der fand sich aber erst am nächsten Tag wieder ein.

Im Jahre 1960 gewann den Marathonlauf ein barfüßiger Läufer aus Äthiopien. Abebe Bikila sprang für seinen verletzten Mannschaftskameraden ein. Leider waren seine eigenen Schuhe kaputt und andere passten ihm nicht. Also rannte Bikila ohne Schuhe und gewann den Lauf in Rekordzeit. Vier Jahre später gewann er erneut - dieses Mal aber mit Schuhen.

Ebenfalls bei den Olympischen Spielen 1908 musste der 400-Meter-Läufer Wyndham Halswelle das Finale ganz ohne Gegner "bestreiten". Zwei Konkurrenten waren zuvor disqualifiziert worden, zwei andere liefen aus Protest gegen die Entscheidung nicht mit.

Den italienischen Wasserballern war das Wasser bei den Olympischen Spielen 1920 in Antwerpen zu kalt. Daher weigerten sie sich, ins Becken zu steigen und gegen die Schweden zu spielen. Lediglich der Kapitän der Italiener biss die Zähne zusammen und stellte sich den Schweden entgegen. Als es 0:7 für die Schweden stand, hatte er aber die Nase voll und gab auf.

Und übrigens sind die Olympischen Spiele von Helsinki 1952 offiziell genau genommen noch immer nicht zu Ende. Der damalige IOC-Präsident Sigfrid Edström vergaß in seiner Abschiedsrede, den festgelegten Satz zu sagen: "Ich erkläre die Spiele der XV. Olympiade für beendet."

Die Olympischen Spiele 2012 in London - Teil 1

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letzte Aktualisierung: 27.07.2012

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