Der Vorgang der "Annektierung" oder auch "Annexion" beschreibt den gewaltsamen Erwerb eines Gebietes durch einen Staat, das vorher einem anderen Staat gehört hat. Das Wort leitet sich vom lateinischen "annectere" ab, was soviel wie "anknüpfen" oder "anbinden" bedeutet. Eine Annektierung ist also nichts anderes als eine Eingliederung eines Gebiets in das eigene Staatsgebiet - jedoch auf Kosten einen anderen Staates.
Dabei wird zwischen der Annexion, die durch Anwendung von militärischen Mitteln oder zumindest durch Androhung eben dieser erzwungen wird, und der völkerrechtlichen Abtretung unterschieden. Bei der letzteren fällt ein Staatsgebiet aufgrund eines abgeschlossenen Vertrages einem anderen Staat zu. Während die militärische Annexion völkerrechtswidrig, also verboten, ist, wird die völkerrechtliche Abtretung, die so genannte "Zession", von allen betroffenen Seiten akzeptiert.
Der durch den US-amerikanischen Präsident Woodrow Wilson, der in den Jahren 1913 bis 1921 im Amt war, geprägte Begriff des "Selbsbestimmungsrechtes der Völker" ist heute ein Grundsatz, nach dem jeder Staat über seine eigene Staats- und Regierungsform und seinen politischen Status entscheiden darf. Das bedeutet, dass bei Annexionen von Staatsgebieten meist gegen den Willen der dort lebenden Bevölkerung gehandelt wird, was im Widerspruch zu den Selbstbestimmungsrechten eines Staates steht.
In der "Charta" - also der Verfassung - der Vereinten Nationen (UN) wird ebenfalls in Artikel 2, Ziffer 4 das Verbot von Gebietsannektierungen angesprochen: Hier steht geschrieben, dass alle Mitglieder der UN die territoriale (also ein bestimmtes Gebiet betreffende) Unversehrtheit und politische Unabhängigkeit der anderen Mitgliederstaaten bewahren müssen, keine Gewalt gegen sie anwenden oder androhen dürfen sowie keine kriegerischen Maßnahmen ergreifen sollen. Das Wahren der "territorialen Unversehrtheit" bedeutet, dass keine Gebiete anderer Mitgliedsstaaten besetzt oder unter Zwang "einverleibt" werden dürfen. Alle Mitglieder der Vereinten Nationen verpflichten sich, dieses Verbot zu achten und zu befolgen.
In der Geschichte der Menschheit gibt es mehrere Beispiele für die Annexion von Staatsgebieten. Im Jahre 1938, ein Jahr vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, wurde Österreich durch das von den Nationalsozialisten angeführte Deutsche Reich annektiert. Auch wenn die Deutschen diesen Vorgang harmlos ausgedrückt "Anschluss" nannten, so war dies nichts anderes als eine Annexion: Österreichische Nationalsozialisten stürzten am 11. und 12. März die österreichische Regierung und wurden dabei auch von deutschen Soldaten und Polizisten unterstützt. Ein Tag später wurde beschlossen, dass Österreich Teil des Deutschen Reiches werden sollte. Erst kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges, als die Nationalsozialisten den Krieg verloren hatten, wurde Österreich wieder zu einem eigenen, unabhängigen Staat.
Im 19. Jahrhundert, im Anschluss an den Deutschen Krieg im Jahre 1866, annektierte das Königreich Preußen mithilfe seiner Verbündeten zahlreiche Gebiete des Deutschen Bundes, einem Zusammenschluss vieler deutscher Staaten und Fürstentümer. Preußen trat als Sieger aus diesem Krieg hervor, während sich der Deutsche Bund auflösen musste. Zum Königreich Preußen gehörten nun unter anderem Schleswig-Holstein und Gebiete in den Königreichen Hannover, Bayern und im Kurfürstentum Hessen. Nach der anschließenden Gründung des Norddeutschen Bundes war Preußen nicht nur der mächtigste der deutschen Staaten, sondern legte so auch den Grundstein für die Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871.
Doch auch heutzutage finden noch Annektierungen von Staatsgebieten statt. Im Zuge der Krise in der Ukraine, die zu Beginn des Jahres 2014 ihren Anfang nahm, entwickelte sich auf der Halbinsel Krim im Schwarzen Meer ein teilweise auch gewaltsamer Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Im März 2014 ließ der russische Präsident Vladimir Putin die Halbinsel in die Russische Föderation eingliedern. Er begründete dieses Vorgehen unter anderem damit, dass eine auf der Krim durchgeführte Wahl belegt hätte, dass 93 Prozent der Bevölkerung auf der Krim für einen Anschluss an Russland gestimmt haben. Doch nach ukrainischem Gesetz sind solche Wahlen nicht rechtens und keine Region des Landes darf über eine Abspaltung von der Ukraine selbst entscheiden. Einige Politiker, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, bezeichneten diese Einnahme der Krim als eine "Annexion durch Russland". Bis heute kommt es seitdem immer wieder zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen ukrainischen und russischen Soldaten. Aber auch zwischen den Einwohnern der Krim, die die jeweilige Seite unterstützen, wird häufig von gewaltsamen Übergriffen berichtet.
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