Pakistan: Schwere Ausschreitungen nach Mord an Politikerin Bhutto

von Britta Pawlak - 27.12.2007

Am 27. Dezember starb die pakistanische Politikerin Benazir Bhutto durch einen Mordanschlag. Insgesamt fielen dem Selbstmordattentat mehr als 20 Menschen zum Opfer. Bhutto stand an der Spitze der Pakistanischen Volkspartei, der gegnerischen Partei zur Regierung. Anfang Januar soll ein neues Parlament gewählt werden. Ihrer Partei räumte man gute Chancen ein. Nach der Ermordung Bhuttos ist es in Pakistan zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ihre Anhänger bezeichnen Staatschef Musharraf als "Mörder", viele sehen ihren Tod als "herben Rückschlag für die Demokratie".

Die pakistanische Spitzenpolitikerin Benazir Bhutto wurde am 27. Dezember 2007 bei einem Selbstmordanschlag getötet. (Quelle: Wikipedia)

Bei den Randalen in Pakistan sind mindestens 15 Menschen ums Leben gekommen. Zornige und verzweifelte Anhänger der Politikerin Benazir Bhutto zogen auf die Straßen, setzten Autos und Regierungsgebäude in Brand und plünderten Geschäfte. Es kam zu Ausschreitungen zwischen Protestlern und Polizei. In Pakistans größter Stadt Karatschi wurde Sicherheitskräften sogar Schießbefehl gegen randalierende Demonstranten erteilt.

Staatschef Musharraf Pervez, Bhuttos politischer Gegner, wurde von ihren Anhängern als "Mörder" beschimpft. Er betonte die "Einheit des Volkes", machte Terroristen für das Attentat verantwortlich und ordnete eine dreitägige Staatstrauer für die Politikerin an. Eine stabile Demokratie konnte sich in Pakistan bisher nicht entwickeln. Für viele galt Benazir Bhutto, politische Führerin der Pakistanischen Volkspartei (PPP), als Hoffnungsträgerin für die Demokratie. Sie strebte erneut das Amt als Premierministerin an, und ihr wurden gute Chancen eingeräumt.

Die 54-jährige Politikerin, die in den USA und Großbritannien studierte, war schon zwei Mal Regierungschefin Pakistans. Damit war sie die erste Frau an der Spitze eines islamischen Staates. In beiden Fällen musste sie aber wegen dem Vorwurf der Bestechung zurücktreten. Unter anderem wurde ihr vorgeworfen, Familienmitgliedern Minister-Ämter verschafft zu haben. Bhutto verbrachte mit ihrer Familie acht Jahre in Dubai und war am 18. Oktober 2007 nach Pakistan zurückgekehrt - trotz der Gefahr, die ihr drohte.

Wer steckt hinter den Anschlägen?

Regierungschef Musharraf: Keine der beiden großen Gegner-Parteien können mehr mit einem populären Spitzenkandidaten gegen ihn antreten. (Quelle: The White House)

Bereits kurz nach ihrer Ankunft wurde ein Selbstmordattentat auf Bhutto verübt. Dabei kamen 140 Menschen ums Leben, die Politikerin wurde jedoch nicht verletzt. Auch anschließend sprachen radikale Islamisten Morddrohungen gegen Bhutto aus. Der Attentäter schoss am 27. Dezember nach einer Wahlkampfveranstaltung ihrer Partei mehrmals auf die Politikerin und sprengte sich danach selbst in die Luft. Am selben Tag wurden bei einer Wahlveranstaltung der Partei Muslimliga des Politikers Nawaz Sharif drei Mitglieder erschossen.

Sharif, ebenfalls ein politischer Gegner von Staatschef Musharraf, kündigte den Boykott (Verweigerung) der Parlamentswahl an und forderte den Rücktritt Musharrafs. Er betonte, dass freie und demokratische Wahlen unter Musharraf nicht möglich seien. Hinter den Anschlägen wurden von Beginn an radikal-islamische Terroristen vermutet. Diese wollen mit aller Gewalt die Wahlen verhindern, die für den 8. Januar 2008 geplant sind. Pakistan ist das Nachbarland von Afghanistan und dient islamistischen Taliban-Kämpfern immer wieder als Rückzugsgebiet. Es hieß, die Terror-Organisation Al-Qaida habe sich zu dem Mordanschlag auf Bhutto bekannt. Der mutmaßliche Al-Qaida-Führer Pakistans wies eine Verwicklung hingegen zurück.

Nicht nur ihre Anhänger im Land, sondern auch die westliche Welt hoffte auf einen Wahlsieg Bhuttos, die einen demokratisch-fortschrittlichen Kurs verfolgte. Einige glauben, dass Verbündete Musharrafs mitverantwortlich für den Anschlag auf die Politikerin sind und es Mittäter unter den Sicherheitskräften gab. Sie bezweifeln, dass das Attentat am Ort der Wahlveranstaltung sonst möglich gewesen wäre. Andere denken, dass Musharraf nicht unbedingt ein Vorteil daraus ziehen kann, dass seine politische Gegnerin ermordet wurde. Nach seiner verfassungswidrigen Wiederwahl fordern ohnehin immer mehr Menschen seinen Rücktritt. Jedenfalls kann so bald niemand die Rolle übernehmen, die Bhutto im Land hatte - und keine der beiden großen Gegner-Parteien kann mehr mit einem populären Spitzenkandidaten gegen Musharraf antreten.

Weitere Hintergründe erfährst du in unserem Artikel "Zusammenbruch der Demokratie in Pakistan" vom 6. November 2007, der unten verlinkt ist.

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letzte Aktualisierung: 29.08.2009

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