Liechtenstein - "Steuerparadies" für die Reichen?

Steuerskandal weitet sich aus: Auch im Ausland wird gegen Verdächtige ermittelt

von Britta Pawlak - 25.02.2008

Im Kampf gegen Steuerhinterzieher: In den Nachrichten kommen immer neue Meldungen über Hausdurchsuchungen und Festnahmen. Zunächst sorgte Post-Chef Klaus Zumwinkel für Schlagzeilen und trat schließlich von seinem Amt zurück. Er hat hohe Geldbeträge am deutschen Staat vorbei geschmuggelt und nach Liechtenstein geschafft. Hunderte weiterer Geschäftsleute stehen im Verdacht, sich auf Kosten des Staates bereichert zu haben. Der Steuerskandal betrifft nicht nur Deutschland: Auch gegen zahlreiche Bürger aus dem Ausland ermitteln die jeweiligen Staaten.

Ehemaliger Post-Chef Klaus Zumwinkel soll Steuern in Höhe von rund einer Million Euro hinterzogen haben.
Wikipedia

Seit einigen Tagen sorgt der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel für negative Schlagzeilen. Er hat rund eine Million Euro am deutschen Staat vorbei geschmuggelt und nach Liechtenstein gebracht. Als sich der Verdacht gegen ihn verhärtete, trat er schließlich am 15. Februar als Vorstandsvorsitzender der Deutsche Post zurück. Der Steuerskandal weitet sich aus: Immer mehr Geschäftsleute stehen im Verdacht, hohe Summen an Steuern hinterzogen zu haben - nicht nur in Deutschland, sondern auch international.

Zumwinkel hat das Geld in Liechtenstein über Treuhänder, die es dort verwalteten, in Stiftungen angelegt. Seine Stiftung trägt den ehrenvollen Namen "Devotion Family Foundation" (das englische Wort "devotion" bedeutet etwa "Hingabe"/ "Treue"). Eigentlich sind Stiftungen als allgemeinnützige Stellen bekannt, die sich für gute Zwecke einsetzen und Not leidenden Menschen helfen. In dem kleinen Fürstentum Liechtenstein haben viele unter ihnen allerdings eine ganz andere Bedeutung: Zahlreiche Stiftungen dienen vornehmlich den Geschäften ausländischer Geldanleger. Die Anonymität solcher Stiftungen in dem kleinen Land inmitten der Alpen, hinter welcher man sich verstecken kann, wird von vielen für Geldwäscherei genutzt.

Denn in Liechtenstein ist das Bankgeheimnis besonders geschützt - und das dortige Stiftungsrecht erleichtert solche Machenschaften. So ist es kein Wunder, dass auch Drogenhändler, Waffenschieber und Steuerhinterzieher hier Stiftungen gegründet haben, in die sie illegales - also verbotenes - Geld investieren, um daraus legales zu machen. Obwohl schon seit vielen Jahren bekannt ist, wem diese "Stiftungen" Unterschlupf gewähren, wurde seitens der deutschen Regierung nichts unternommen, um die Steuerflüchtigen zu bestrafen. Spätestens 1999 konnte man vermuten, warum den Worten kaum Taten folgten: Millionenbeträge illegaler Parteispenden wurden eigens von der Partei CDU nach Liechtenstein geschafft und dort in Form von Stiftungen oder Vermächtnissen verwaltet.

"Steuerparadies Liechtenstein"

Viele nutzen die Anonymität von Stiftungen und das besondere Stiftungsrecht in Liechtenstein, um dort Geldwäscherei zu betreiben und Steuern zu hinterziehen.

Durch einige deutsche Geldinstitute wurde es vielen wohlhabenden Deutschen regelrecht "schmackhaft" gemacht, ihr Geld aus Deutschland zu schaffen und in einer Stiftung in Liechtenstein anzulegen. Um es den Anlegern so bequem wie möglich zu machen, werden sogar Transportfahrten angeboten, die das Schwarzgeld über die Grenze nach Liechtenstein bringen. Zahlreiche Liechtensteiner Treuhandfirmen profitieren davon und machen auf diese Weise Milliardengeschäfte.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) - der deutsche Geheimdienst - beschaffte Daten der LGT Treuhand AG mit über 2.000 Namen deutscher Anleger mitsamt den dazugehörigen "Stiftungen" und den jeweiligen Beträgen. Dass die Daten eigentlich gestohlen sind, interessiert die Steuerfahnder dabei nicht. Deutschland zahlte für diese Informationen sogar einen hohen Betrag.

Doch viele Proteste wurden laut, dass der vom damaligen BND-Chef persönlich ins Kanzleramt getragene Bericht sehr zweifelhaft sei. Der Hauptinformant dieser Hinweise ist selbst ein vorbestrafter Erpresser und Anlagenbetrüger. Während Liechtenstein sich in Sachen deutscher Steuerfahndung bisher nicht hilfsbereit gezeigt hat, haben die USA schon seit 2002 ein Abkommen, in dem sich das Fürstentum Liechtenstein verpflichtet, alle US-amerikanischen Bürger, die ihr Geld dort anlegen, zu melden. Doch der Steuerskandal nimmt immer größere Ausmaße an: Neben Deutschland haben jetzt auch weitere Länder durch die Erkenntnisse des BND gegen mutmaßliche Steuerhinterzieher Ermittlungen eingeleitet.

Steuersündern geht es an den Geizkragen

Es gibt verschiedene Arten von Steuern. Bei der Lohnsteuer gibt der Arbeitnehmer einen Teil seines Gehaltes an den Staat ab.
Pixelio (Tom-higgins)

Steuern dienen dem Gemeinwohl. Jeder Bürger zahlt Abgaben an den Staat. Mit dem Geld werden dann zum Beispiel öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser oder Sozialleistungen an Arbeitslose und Hilfsbedürftige finanziert. Außerdem bezahlt der Staat damit Beamte wie Lehrer und Polizisten - oder auch den Straßenbau. Ohne diese Abgaben eines jeden Einzelnen könnte das alles nicht finanziert werden. Viele Menschen sind empört darüber, dass sich ausgerechnet wohlhabende Geschäftsleute, die an der Spitze stehen, auf Kosten des Staates bereichern, um ihren Reichtum noch zu vergrößern.

Auch Erbprinz Alois von und zu Liechtenstein ist wütend - aber nicht auf die Steuerhinterzieher, sondern auf die Vorgehensweise des deutschen Staats. Immerhin sei es ein verurteilter Krimineller gewesen, dem Deutschland damals Millionenbeträge für Informationen angeboten hatte, ganz abgesehen von der "mangelnden Glaubwürdigkeit" des Informanten. Allerdings kann man auch die Frage stellen, ob sich Erbprinz Alois vor allem deshalb so aufregt, weil es die LGT Treuhand AG war, der die Daten entwendet wurden. Das Geldinstitut ist in den Händen seiner eigenen Fürstenfamilie und wird von ihr geleitet. Auch die Steuerfahnder wissen schon lange, dass das Fürstentum Liechtenstein von Geldgeschäften aller Art aus dem Ausland lebt. Die Bundesregierung verteidigte das Vorgehen des BND und bezeichnete es als "völlig korrekt".

Bundeskanzlerin Angela Merkel forderte Liechtenstein auf, Deutschland bei der Verfolgung von Steuerflüchtlingen entgegen zu kommen, ansonsten könnte sich der Beitritt Liechtensteins zum Schengen-Abkommen deutlich verzögern (mehr Informationen zu "Schengen": siehe unten verlinkter Artikel). Bis dahin hat die Steuerfahndung viel zu tun. Steuerhinterzieher werden nun aufgefordert, sich selbst anzuzeigen - damit kann sich das Strafmaß deutlich verkürzen. Das haben einige Geschäftsleute auch getan. Doch weiterhin gibt es Hunderte Verdächtiger, und tägliche Hausdurchsuchungen sind an der Tagesordnung. Die Informationen werden immer umfassender, und es zeichnet sich der größte Steuerskandal in der deutschen Geschichte ab.

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letzte Aktualisierung: 15.08.2009

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