Lexikon: Sturm und Drang (1767 bis 1785)

von Tanja Lindauer

Goethes Briefroman vom jungen Werther, der sich unglücklich in Lotte verliebt hat, ist eines der wichtigsten Werke des Sturm und Drang. Bild: Zeichnung von Johann Daniel Donat (Quelle: Wikimedia Commons)

Der Begriff Sturm und Drang ist von dem gleichnamigen Gedicht (1776) des deutschen Dichters Friedrich Maximilian Klinger hergeleitet. Als Sturm und Drang wird eine bestimmte Strömung in der deutschen Literatur bezeichnet, die während der Epoche der Aufklärung aufkam. Vor allem junge Autoren interessierteren sich für diese Strömung, es war also auch sozusagen eine Jugendbewegung. Mit der Literatur des Sturm und Drangs wollten die jungen Autoren gegen bestehende Verhältnisse protestieren und ihre künstlerische Schöpferkraft zum Ausdruck bringen. Die Missstände in Deutschland sollten angesprochen werden, damit sie sich ändern konnten.

Mithilfe der Literatur erhoffte man sich, ein Umdenken und Änderungen in der Gesellschaft zu erreichen. Der Absolutismus in Deutschland sollte endlich ein Ende finden. Jeder Mensch sollte sich frei entfalten und entscheiden dürfen. In der Epoche der Aufklärung interessierte man sich vor allem für die Poetik. Junge Autoren dieser Zeit empfanden diese Einstellung aber als überholt, daher forderten sie eine Umorientierung. Im Mittelpunkt stand bei ihnen nun das Genie. In der Literatur wurde das Genie, das seine Regeln selbst schaffen konnte, hochgelobt. Die Zeit des Sturm und Drang wird deshalb auch als "Geniezeit" oder "Genieperiode" bezeichnet. Dichter galten zu dieser Zeit als etwas Besonderes, denn sie alle könnten im Grunde genommen Genies sein. Das waren natürlich nicht alle, aber viele wünschten es sich. Man glaubte, dass sich im Genie die schöpferische Kraft der Natur äußerte. Die Natur wurde damit zum Ursprünglichen und Göttlichen ernannt. Der Slogan der Strömung war "Zurück zur Natur!". Ein großes Vorbild war Shakespeare - er galt als genialer Dichter und eben als Genie. Viele junge Autoren strebten danach, so zu sein wie er.

Die bevorzugte Form des Sturm und Drangs war das Drama. Mithilfe dessen erhoffte man sich eine verbesserte erzieherische und bildende Wirkung. Bestimmt hast du schon einmal etwas von Goethe und Schiller gehört, sie waren wichtige Vertreter des Sturm und Drangs. Schiller schrieb zum Beispiel "Die Räuber" (1781) und "Kabale und Liebe" (1784), Goethe seinen "Götz von Berlichingen" (1773). Im Drama wurden aktuelle Probleme der Gesellschaft angesprochen - etwas, was neuartig in der Literatur war. Es wurden sehr viele Dramen geschrieben, die viele verschiedene Probleme aufzeigten. Aber allen Dramen gemein ist ihr Ende: Der Held der Geschichte scheitert und muss meistens sterben - entweder durch Selbstmord oder Mord. Die Autoren des Sturm und Drang waren also keine Freunde von "Happyends".

Ein wichtiger Roman des Sturm und Drang ist Goethes "Die Leiden des jungen Werther". Mithilfe des Briefromans konnte Goethe so die Gefühlswelt eines Mannes mit Liebeskummer beschreiben. Die Gefühle, die in der Epoche der Aufklärung untergeordnet waren, wurden nun wieder sehr bedeutsam. Aber auch die Vernunft, die in der Aufklärung im Mittelpunkt steht, hatte nach wie vor einen wichtigen Stellenwert. Daher verwundert es nicht, dass ebenso die Lyrik, also Gedichte, es sich zur Aufgabe machte, Gefühlswelten zum Ausdruck zu bringen. Das Ende dieser literarischen Strömung wurde von Schiller und Goethe selbst besiegelt, indem sie die Klassik einläuteten.

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Co-Autorin: Britta Pawlak
letzte Aktualisierung: 18.10.2011

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