von Jacqueline Rau
Im Begriff "Psychologie" stecken die altgriechischen Wörter "psyché" - das heißt "Seele" und "Gemüt" - und "lógos", was "Lehre" und "Wissenschaft" bedeutet. Psychologie ist also eine Wissenschaft, die sich mit der Gefühlswelt, der Wahrnehmung und dem Verhalten des Menschen befasst. Das Wissen darüber wird immer wieder durch neue Ergebnisse aus der Forschung bereichert, korrigiert und ergänzt und diese Erkenntnissen werden an die Menschen, die Psychologie studieren, weitergegeben.
Die Psychologie sucht nach Beschreibungen und Erklärungen für das menschliche Verhalten. So fragen sich die Wissenschaftler zum Beispiel: Wieso reagiert Robert aggressiv, wenn man ihm seine Schultasche wegnimmt? Warum nimmt Tom sie ihm überhaupt weg? Was hat das Verhalten von Robert mit dem von Tom zu tun? Genauso kann man andersherum fragen: Was hat das Verhalten von Tom mit dem von Robert zu tun?
Die Psychologie als Wissenschaft stellt dabei auch Messungen an und sammelt Fakten und Ergebnisse. Zum Beispiel stellen sich ganz bestimmte körperliche Anzeichen ein, wenn jemand wütend ist - so steigt etwa der Blutdruck. Es gibt also Versuche, bei denen will man erreichen, dass die Versuchsperson (derjenige, der sich bereit erklärt, einen psychologischen Test mitzumachen) wie im wirklichen Leben wütend wird. Zum Beispiel werden Fotos von ungerechten Situationen gezeigt oder Filme vorgespielt. Oder die Versuchsperson wird absichtlich und geplant in eine Situation gebracht, in der sie Wut empfinden wird. Natürlich weiß derjenige vorher nichts davon. Das ist die eine Seite der Psychologie - es wird nach Erklärungen geforscht, wie das Verhalten der Menschen zustande kommt.
Eine andere Seite der Wissenschaft ist es, mithilfe der Psychologie Menschen zu helfen, die seelische Probleme haben. Wenn sich etwa jemand ständig schlecht und abgespannt fühlt und dann seinen Hausarzt aufsucht, dann kann es passieren, dass dieser Allgemeinmediziner trotz intensiver Untersuchungen nichts finden kann. Oft liegen dann psychische Ursachen vor und der Patient wird an einen Psychotherapeuten überwiesen. Das ist eine Person, die in vielen Fällen Psychologie studiert und sich dann im Bereich der Therapie weitergebildet hat. Denn bei dem betroffenen Patienten hat sich ein bestimmter Lebensumstand oder ein Ereignis so stark ausgewirkt, dass die Seele erkrankt ist. Diese Krankheit kann starke körperliche Probleme hervorrufen, ohne dass ein körperliches Leiden dahinter steckt. So ist zum Beispiel die Diagnose "burn out" (auf Deutsch "ausgebrannt") eine weit verbreitete Erscheinung. Sie beschreibt einen extremen Erschöpfungszustand, der oft mit Kreislaufproblemen, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit einhergeht und sich nicht so schnell wieder beheben lässt. Der Patient muss dann für längere Zeit all seine Aufgaben, Verpflichtungen und vor allem seine Arbeit ruhen lassen, um sich davon zu erholen. Schuld an einem solchen Zustand kann zu viel Stress, große Sorgen oder zu viel Druck sein, zum Beispiel Erfolgsdruck in Prüfungssituationen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts lebte der sehr bekannte Psychologe Sigmund Freud. Er gilt als Erfinder der "Psychoanalyse". Mit dieser Therapieform versuchte er zum ersten Mal, Menschen mit psychischen Krankheiten zu helfen. Die zentrale Frage in der Psychoanalyse war: Was ist die Ursache für mein Problem? Er versuchte frühere Ereignisse des Erkrankten, vor allem aus dessen Kindheit, zu analysieren. Er redete dann ausschließlich mit dem Patienten darüber. Und durch das Erkennen der damaligen Situation sollte sich im Jetzt-Zustand etwas zum Besseren verändern. Das war ein sehr langwieriger und oft quälender Prozess, der nicht immer Erfolg versprach und auch einige Kritiker hatte.
Die Psychologen erweiterten im Laufe der Zeit ihr Wissen. Um 1950 herum setzte sich die Verhaltenstherapie als gängige Psychotherapie durch. Geprägt haben diese neue Therapieform die Wissenschaftler Rogers, Berne und Perls. Dabei geht es weniger um eine bestimmte "Ursachenfindung", sondern die zentrale Fragestellung ist: Was hält das Problem aufrecht? Das Erleben des Patienten soll durch neu gesammelte Erfahrungen geändert werden. Wenn also jemand eine bestimmte Phobie - etwa Angst vor Spinnen - hat, dann wird er von seinem Therapeuten aufgefordert, sich mit ihnen zu beschäftigen. Er geht etwa in den Zoo und wird zu den Riesenspinnen geschickt. Er muss sie sich ansehen, in einem späteren Schritt am besten noch anfassen. Wird jemand von Höhenangst geplagt, ist es sein Ziel, einen hohen Turm zu besteigen. Auch wenn er zitternde Knie und Schweißausbrüche bekommt, soll er damit erfahren, dass ihm dennoch nichts Schlimmes geschieht, wenn er in die Höhe steigt. Begleitet werden kann eine solche Therapie von Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder Muskelentspannung nach Jacobson. Aber auch die Verhaltenstherapie hat ihre Grenzen und ist nicht bei jedem seelischen Problem der richtige Ansatz.
Nach und nach setzten sich weitere effektive Methoden durch - wie etwa die "Lösungsorientierte Psychologie". Besonders Therapeuten, die sich einfach nur "Coach" (auf deutsch: Begleiter) nennen, wenden diese Methode an. Sie wurde in den USA von De Shazer und Bandler etwa um 1980 entwickelt. Zentrales Thema bei dieser Therapieform ist: Wie finden wir Lösungen? Es wird weniger über das Problem, sondern viel mehr über die Lösung dafür gesprochen. Mit einfachen Grundsätzen - etwa "Tue mehr von dem, was funktioniert" - sollen Lösungsansätze gefunden werden. Bereits die Vorstellung von dem, was man erreichen möchte, kann dabei schon "Berge versetzen".
Die menschliche Seele ist aber so komplex, dass es kein "allgemeingültiges" Rezept zur Beschreibung und Heilung von seelischen Problemen geben kann. Psychologie ist also ein vielfältiges Forschungsgebiet, das sich stets weiterentwickelt.
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