Trend: Komasaufen und Internetsucht unter Jugendlichen

Sucht- und Drogenbericht 2009 veröffentlicht

04.05.2009

In Deutschland wurde der Sucht- und Drogenbericht 2009 veröffentlicht. Demnach ist "Komasaufen" unter Jugendlichen weiterhin sehr verbreitet. Zum ersten Mal wurden in der Studie auch Zahlen einer neuen Sucht erfasst: der Online- und Computerspielsucht. Warum ist die Suchtgefahr bei Jugendlichen besonders hoch? Worin liegt die Gefahr von Drogen?

Einstieg leicht gemacht: Alkohol ist ab 16 erlaubt, Rauchen seit 2007 ab 18 Jahren. (Quelle: pixelio.de)

Der Drogen- und Suchtbericht 2009 wurde in Berlin vorgestellt und - in Zeiten des Wahlkampfes - überwiegend als "Erfolg" präsentiert. Zwar geht daraus hervor, dass auch weiterhin weniger Jugendliche Tabak oder Haschisch rauchen - wobei die Rate nur im geringen Maß rückläufig ist. Der Alkoholkonsum unter Jugendlichen gibt jedoch Anlass zur Sorge. "Komasaufen" unter Freunden oder auf Partys sowie Krankenhauseinweisungen wegen Alkoholkonsums werden immer häufiger.

Ungefähr jeder fünfte Jugendliche soll sich mindestens einmal im Monat bis in den Rauschzustand betrinken. Die Zahl der Alkoholvergiftungen unter Kindern und Jugendlichen ist alarmierend: Im Jahr 2008 wurden mehr als 23.000 zehn- bis 20-Jährige aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums ins Krankenhaus gebracht. 2007 waren es noch 19.500 Kinder und Jugendliche.

Neue Suchtgefahr: Online- und Computerspielsucht

Spiele wie Ego-Shooter haben einen hohen Suchtfaktor. Wie stark beeinflussen sie die Gewaltbereitschaft von Jugendlichen? Die Experten streiten sich darüber.

Erstmalig erfasst der Bericht auch Zahlen eines relativ neuen Suchtphänomens: der Online- und Computerspielsucht. Laut Studie wird geschätzt, dass zwischen drei und sieben Prozent der Internetnutzer bereits als "onlinesüchtig" zu bezeichnen sind. Danach sollen zwischen 1,5 und drei Millionen Menschen allein in Deutschland zehn bis 18 Stunden am Tag damit verbringen, im Internet zu surfen, zu bloggen oder Computer- und Onlinegames zu spielen.

Als "suchtgefährdet" gelten mindestens noch einmal so viele Internetnutzer - möglicherweise ist aber noch von weitaus höheren Zahlen auszugehen. Immer mehr Jugendliche sind stark gefährdet und verbringen viele Stunden am Tag vor dem Computer. Auch über den Zusammenhang zwischen Computer- sowie Internetnutzung und Gewalt wird erneut diskutiert. Viele warnen davor, dass eine neue "Generation Internet" heranwächst. Konkrete Maßnahmen gegen diese Entwicklung wurden nicht vorgelegt.

Was macht Drogen so gefährlich?

Vernebelte Sicht: Drogen können das Bewusstsein und die Psyche massiv verändern. Extreme Entzugserscheinungen können eintreten, wenn man bereits abhängig ist und die Wirkung der Droge nachlässt.

Drogen bergen viele Risiken: zum einen besteht natürlich die Gefahr, seelisch und körperlich abhängig zu werden und sein Leben immer mehr nach der Sucht auszurichten. Dies wirkt sich auf die ganze Persönlichkeit aus. Bei harten Rauschmitteln treten schließlich schlimme seelische und körperliche Entzugserscheinungen auf, wenn die Wirkung der Droge nachlässt. Der Körper hat sich an die Droge gewöhnt und "braucht" immer mehr davon. Zum anderen wirken viele Rauschmittel wie Giftstoffe auf den Körper - sie sind also schädlich für unsere Gesundheit.

Außerdem wirken Drogen bewusstseinsverändernd - man hat ein falsches Bild der Realität und neigt oft zu gefährlicher Selbstüberschätzung. So ignoriert man Bedürfnisse seines Körpers, verkennt Gefahren und kann sich und andere auf diese Weise in bedrohliche Situationen bringen. Viele Unfälle sind auf den Konsum von Drogen zurückzuführen. Hinzu kommt, dass verbotene Drogen oft von skrupellosen Händlern auf dem Schwarzmarkt verkauft werden. Welche (giftigen) Inhaltsstoffe wirklich enthalten sind und was man eigentlich zu sich nimmt, kann nicht überprüft werden. Viele Drogen werden aus Kostengründen "gestreckt", man mischt also irgendwelche - häufig schädlichen - Zusatzstoffe unter.

Drogen als Problemlösung?

Veränderte Wahrnehmung: Drogen wirken auf das Hormonsystem unseres Körpers und täuschen ein verändertes Bild der Wirklichkeit vor. (Quelle: Quelle: pixelio.de)

Gerade unter Stress, wenn vieles nicht so läuft, wie man will, beginnt der oft fatale Einstieg in den Drogenkonsum. In Situationen, die auf das Gemüt drücken und scheinbar nicht bewältigt werden können, sehen viele in Drogen eine Art "Ausweg". Mal vergessen, mal entspannen, mal abschalten - viele Drogen entlasten im Rausch zunächst vordergründig von Problemen, vermindern Ängste und Hemmungen. Viele Drogen bewirken ein gesteigertes Selbstwertgefühl, Glücksgefühle und Entspannung. Wer die Erfahrung macht, dass Drogen zunächst das Wohlbefinden verbessern, ist schnell in Versuchung, immer öfter auf sie zurückzugreifen.

Dann steigt die Gefahr, süchtig zu werden. Drogen helfen niemals bei Problemen. Die vordergründige Erleichterung führt schnell zu einem Suchtverhalten und massiven Problemen, welche es ohne Drogen überhaupt nicht gäbe. Die Situation wird immer schlimmer. Bei vielen Rauschmitteln muss immer häufiger und mehr von dem Stoff konsumiert werden, um die gleiche Wirkung zu erzielen. Entzugserscheinungen und seelische Verstimmungen treten ein. Der regelmäßige Gebrauch von Rauschmitteln kann sich erheblich auf unsere Psyche auswirken sowie Charaktereigenschaften und Verhalten verändern. Viele stumpfen ab, werden depressiv, leicht reizbar oder haben immer größere Probleme, die Realität im "nüchternen Zustand" - also nicht berauscht - zu ertragen.

Spaßfaktor Droge?

Spaßfaktor Droge: Viele Rauschmittel hellen die Stimmung auf. (Quelle: Quelle: pixelio.de)

Drogen lösen die Probleme jedoch nicht, sondern sie helfen dabei, sie vorübergehend zu verdrängen und eine Art Realitätsflucht zu betreiben. Nach dem Drogenrausch geht es vielen deshalb oft noch schlechter. Aber es muss nicht immer der Stress oder Problembewältigung sein - viele junge Menschen probieren auf der "Suche nach Spaß" alle möglichen Drogen aus. Viele betrachten diese Erfahrungen als cool und gewinnbringend.

Gerade weil so viele Jugendliche Kontakt und Erfahrungen mit Drogen machen, ist es schwer, sich abzugrenzen und "Nein" zu sagen. Wer dazugehören will, macht in vielen Fällen einfach mit. Man steht schnell alleine da, wenn man nicht mitraucht oder mittrinkt - oft gilt man auch als "Langweiler" oder "Angsthase". Es braucht also häufig einiges an Mut zu sagen, dass man keine Drogen - ob legale wie Zigaretten und Alkohol oder illegale, also verbotene - zu sich nehmen will. Es ist eben fast schon normal, beim Ausgehen Alkohol zu trinken, zu rauchen oder zu "kiffen" - also Haschisch zu rauchen.

Das aus der Cannabis-Pflanze gewonnene Rauschmittel ist neben Zigaretten und Alkohol die am weitesten verbreitete Droge. Die meisten haben schon einmal an einem "Joint" - also einer gedrehten Haschischzigarette - gezogen. In der Techno-Szene ist der Konsum von synthetischen Ecstasy-Pillen verbreitet, die leistungssteigernd wirken. Abgesehen davon, dass der Konsument nicht weiß, welche schädlichen Stoffe in den verbotenen, chemischen Pillen wirklich enthalten sind, birgt diese Droge weitere Gefahren: Körperliche Bedürfnisse werden vermindert oder überhaupt nicht mehr wahrgenommen. So tanzen einige trotz völliger Erschöpfung die ganze Nacht durch, ohne Flüssigkeit zu sich zu nehmen, da sie kaum ein Durst- und Müdigkeitsgefühl verspüren. Das ist gefährlich und kann sogar tödlich enden.

Junge Menschen besonders gefährdet

"Komasaufen" gilt bei einigen Jugendlichen als "angesagt" und "cool". Nicht selten landen Jugendliche mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus. (Quelle: photocase)

Gerade junge Menschen sind anfälliger dafür, in die Sucht abzurutschen. Wer Drogen nimmt, kann schwer abschätzen, wann er in den Strudel der Abhängigkeit gerät. Sucht ist ein stetig voranschreitender Prozess, eine klare Grenze ist beim Drogenkonsum nur schwer zu erkennen. Oft fängt es ganz "harmlos" an - man will einfach mal etwas Neues ausprobieren und seine Erfahrungen machen - so wie es viele andere schließlich auch schon mal getan haben.

Das Problem ist aber, dass viele die Gefahr einer Abhängigkeit unterschätzen und glauben, den Konsum von Rauschmitteln "im Griff" zu haben. Dass sie bereits abhängig sind, ist den meisten nicht einmal bewusst - oder sie wollen nicht wahrhaben, dass sie ein Suchtproblem haben. Da Jugendliche schneller als Erwachsene lernen und ihr Körper empfindlicher reagiert, gewöhnen sie sich auch schneller an den Genuss von Suchtstoffen. Bei jungen Menschen führen die sensiblen Nervennetze rasch zum Suchtverhalten. Und nicht nur das: Sie können die Persönlichkeit verändern. Besonders gefährdet sind nach Einschätzung vieler Experten junge Menschen, die mit Hilfe der Droge Lebensaufgaben wie Schule, Studium, Berufstätigkeit, Kontakte knüpfen sowie die ersten Liebeserfahrungen bewältigen wollen und so versuchen, ihre Probleme zu lösen. Sie gehen oft leichtsinnig mit der Gefahr von Rauschmitteln um und können die Folgen schwer einschätzen.

Einstieg leicht gemacht

Cannabis ist neben Alkohol und Zigaretten das am weitesten verbreitete Rauschmittel und gilt als "Einstiegsdroge". Der Konsum soll bei Jugendlichen gesunken, bei Erwachsenen dagegen gestiegen sein. (Quelle: Pixelio (Henning Hraban Ramm))

Ob gegen das Gesetz verstoßend oder erlaubt - Drogen wie Alkohol, Zigaretten, Haschisch, Ecstasy, Kokain, psychoaktive Pilze, LSD oder gar Heroin verändern unsere Wahrnehmung, beeinträchtigen ein freies, selbstbestimmtes Leben und machen süchtig. Viele der Rauschmittel führen sogar sehr rasch zur Abhängigkeit. Bei der gefährlichen Droge Heroin beginnt der Teufelskreislauf der Sucht meist schon nach der ersten oder zweiten Einnahme.

Natürlich ist das Konsumverhalten bei Rauschmitteln, die Wirkung der Droge sowie die Anfälligkeit zur Sucht individuell verschieden. Der Einstieg zu den illegalen Drogen erfolgt aber sehr häufig über die erlaubten und gesellschaftlich anerkannten Drogen Zigaretten und Alkohol. Anders ausgedrückt: Wer raucht, ist in den meisten Fällen deutlich anfälliger für Haschisch, Ecstasy und andere Drogen. Dabei zielt gerade die Getränke- und Zigarettenindustrie verstärkt auf immer jüngere Konsumenten ab: beispielsweise mit süßen Alkopops, die auch Jugendlichen schmecken und denen man den hohen Alkoholgehalt kaum anmerkt, und Werbung mit jungen, gutaussehenden Models für Zigaretten. Und das, obwohl für alle Suchtstoffe die Tatsache gilt: je jünger ein Mensch Drogen konsumiert, desto größer ist das Suchtrisiko.

Welche verschiedenen Drogen gibt es, wie werden sie hergestellt oder gewonnen und wie wirken sie? Warum machen sie süchtig und wie gefährlich sind sie? Im unten verlinkten Artikel erfährst du mehr über die einzelnen Rauschmittel.

Wie sind deine Erfahrungen? Warum ist der Drogenkonsum unter Jugendlichen so hoch? Wo liegen die Probleme? Was könnte dagegen getan werden? Wie denkst du zu diesem Thema? Im unten verlinkten Diskussionsforum kannst du dich mit anderen Lesern austauschen.

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letzte Aktualisierung: 24.10.2009

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