Lexikon: Ölkrise (1973)

Die Ölkrise von 1973 hatte zur Folge, dass das Erdöl in den westlichen Industrieländern wie Deutschland oder den USA knapp wurde, worunter die Wirtschaft stark litt. Bild: Ein Mann liest in der Tageszeitung über das System zur Einteilung von Benzin, welches immer knapper wurde. (Quelle: David Falconer, Creative Commons )

Eine Ölkrise zeichnet sich durch einen hohen Anstieg der Preise für Öl aus, der in der Weltwirtschaft schwerwiegende Auswirkungen hat.

Eine der schlimmsten Ölkrisen fand im Jahre 1973 statt. Der Auslöser dafür waren die seit Ende der 1960er Jahre anhaltenden politischen Unruhen im Nahen Osten. Im Jahre 1967 hatte Israel während des so genannten Sechstagekrieges die ägyptische Sinai-Halbinsel und die syrischen Golanhöhlen erobert sowie den Gaza-Streifen, das Westjordanland und den östlichen Teil der Stadt Jerusalem besetzt. Die arabischen Länder waren entsetzt über Israels Verhalten und die Vorschläge des ägyptischen Präsidenten Anwar as Sadat, über den Frieden zu verhandeln, wurden von Israel ausgeschlagen.

Am 6. Oktober 1973 schließlich entschlossen sich die Ägypter und Syrer an Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Feiertag, Israel anzugreifen. Mit US-amerikanischer Unterstützung konnte Israel die Angriffe jedoch abwehren und kam seinerseits Kairo und Damaskus, der ägyptischen und syrischen Hauptstadt, gefährlich nah. Anstatt wieder zu kriegerischen Maßnahmen zu greifen, benutzten die Araber stattdessen ein anderes Druckmittel. Am 17. Oktober wurde von der Organisation der Erdölexportierenden Staaten (OPEC), einer Gemeinschaft von arabischen Ländern, die Erdöl fördern und an andere Länder in der Welt verkaufen, festgelegt, dass den westlichen Staaten, die Israel unterstützen, fünf Prozent weniger Erdöl verkauft werden sollte. An die USA und die Niederlande, die Israel besonders im Krieg halfen, wurde sogar ein kompletter Stopp der Erdöllieferungen verhängt. Da Erdöl einer der wichtigsten Rohstoffe für die Weltwirtschaft war und immer noch ist, erhofften sich die arabischen Länder so, Druck auf die westliche Welt auszuüben. Die westlichen Länder sollten Israel überzeugen, die besetzten Gebiete zu verlassen.

Infolgedessen stieg der Preis für Erdöl extrem an. Dies war ein schwerer Schlag für die westlichen Industrieländer, so auch für Deutschland. In der Bundesrepublik wurden 55 Prozent des benötigten Erdöls aus anderen Ländern importiert. Davon kamen wiederum sogar 75 Prozent aus den arabischen Ländern. Nachdem entdeckt wurde, dass die Erdölreserven in Deutschland selbst bei sehr sparsamen Verbrauch nur noch für drei Monate ausreichen würden, brach eine Panik in der Öffentlichkeit aus. Das Öl wurde nicht nur in der Industrie benötigt, sondern auch von jedem einzelnen Bürger. Man brauchte es, damit man das eigene Auto fahren oder die eigene Wohnung heizen konnte. Die Menschen, die noch die entbehrungsreichen Jahre der Nachkriegszeit nach 1945 erlebt hatten, sorgten sich sehr, dass sie nun wie damals im Winter frieren mussten. Diese Ängste wurden durch die katastrophalen Vorhersagen von Wirtschaftswissenschaftlern und die angsteinflößenden Überschriften in den Tageszeitungen geschürt.

Als erste große Maßnahme beschloss die Bundesregierung unter Bundeskanzler Willy Brandt am 10. November 1973, dass es an vier Sonntagen im November und Dezember nicht erlaubt sein sollte, mit dem Auto zu fahren. Zudem setzte man eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Kilometern pro Stunde auf der Autobahn und 80 auf den Landstraßen durch. Ausgenommen waren davon Berufsgruppen wie Taxi- und Busfahrer oder Ärzte. So hoffte man den Energieverbrauch senken und Erdöl sparen zu können. In Deutschland waren davon alleine 13 Millionen Menschen betroffen, die ein Auto besaßen. Doch viele Menschen machten sich einen Spaß aus der ungewöhnlichen Situation: Am 25. November, dem ersten Tag des Sonntagsfahrverbotes, konnte man zahllose Menschen auf den Autobahnen spazieren oder eine Fahrradtour machen sehen.

Für die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt hatte die Ölkrise verheerende Folgen. Zu Beginn des Jahres 1974 war der Preis für Rohöl schon vier Mal so hoch wie vor der Krise. Die Autoindustrie machte über 25 Prozent Einbußen und einige Unternehmen mit hohem Energieverbrauch mussten ihre Produktion so weit zurückfahren, dass zahlreiche Menschen nur noch in Kurzarbeit arbeiten konnten oder sogar entlassen werden mussten. Dadurch verdoppelte sich die Arbeitslosenzahl und in Deutschland gab es nun anstatt 273.000 Menschen mehr als eine Million Arbeitslose.

Die Ölkrise von 1973 führte den Menschen vor Augen, dass sie von den Öllieferungen, vor allem aus den arabischen Ländern, stark abhängig waren. Den Menschen wurde bewusst, dass nun ein Umdenken stattfinden musste. Man suchte nach anderen Energiequellen, die unabhängig von Energieproduzenten aus dem Ausland genutzt werden konnten. Dazu zählten saubere Quellen wie Sonnen- und Windenergie, aber vor allem auch die gefährliche Atomenergie. Bereits im Dezember 1973 hatte die Bundesregierung unter großem Protest aus der Bevölkerung den Bau von 40 Kernkraftwerken in Deutschland in Auftrag gegeben. Dennoch war vielen Menschen nun bewusst geworden, dass jedermann auch bei sich zu Hause durch kleine Maßnahmen wie Strom- oder Heizungssparen seinen Energieverbrauch senken konnte.

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letzte Aktualisierung: 30.11.2015

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