J.R.R. Tolkien - Ein Leben voller Hobbits, Elben und Trolle

Zum 40. Todestag des Autors von "Der Herr der Ringe"

02.09.2013

"Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden." Wer kennt ihn nicht, den berühmtesten Satz aus "Herr der Ringe" des britischen Schriftstellers John Ronald Reuel Tolkien? Die Geschichte um den kleinen Hobbit Frodo Beutlin, der den gefährlichen einen Ring in die Feuer des Schicksalsberges werfen muss, ist nicht nur dank der Verfilmung von Peter Jackson eine der bekanntesten Erzählungen unserer Zeit. Tolkien war nicht nur Schriftsteller, sondern auch Sprachwissenschaftler und schrieb bereits seit seiner Jugend an "Mittelerde" - der Welt, in der "Der Herr der Ringe" spielt. Doch was für ein Mensch war J.R.R. Tolkien und wo fand er die Inspirationen für seine fantastischen Geschichten?

Foto von Tolkien aus dem Jahr 1916 (Quelle: Wikimedia Commons)

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 als Sohn des britischen Bankiers Arthur Reuel Tolkien und seiner Frau Mabel Suffield in Bloemfontein in Südafrika geboren. Sein Vater hatte aus beruflichen Gründen England verlassen und versuchte sein Glück in Südafrika. Hier wurde sein Sohn John Ronald geboren. Kaum mehr als vier Jahre später verstarb J.R.R.'s Vater und der Junge zog zusammen mit seiner Mutter und seinem jüngeren Bruder Hilary in die Nähe von Birmingham nach England zurück. Dort wuchs er an einem Ort auf, der einerseits bereits stark von der Industrialisierung gekennzeichnet und von Fabriken und Eisenbahngleisen durchzogen war, andererseits aber noch das typisch englische Landleben auf einem Bauernhof ermöglichte. Diese ländliche Idylle sollte später das Vorbild für das Auenland in "Der Herr der Ringe" und "Der kleine Hobbit" werden. Ebenso sollte den kleinen Tolkien den Wechsel seiner Mutter zum römisch-katholischen Glauben beeinflussen, der ihn später selbst zu einem gläubigen Katholiken werden ließ.

Schon früh interessierte sich Tolkien für fremde Sprachen und alte Sagen und Geschichten. Daher brachte seine Mutter ihm bald schon die Grundlagen der lateinischen, französischen und deutschen Sprache bei. Außerdem zeigte sie ihm typische britische Geschichten wie die Sage um den mythischen König Artus, genauso wie die nordischen Sagen über Siegfried, den Drachentöter. Der Junge begeisterte sich sehr für diese alten Erzählungen. Im Jahre 1904 schließlich erkrankte Tolkiens Mutter an Diabetes, was in der damaligen Zeit eine lebensgefährliche Krankheit war. Nur ein paar Monate nach der Diagnose verstarb seine Mutter Mabel und hinterließ die beiden Brüder John Ronald und Hilary. Ihrer nahm sich nun der Priester Francis Morgan an, der sich um ihr Wohlergehen kümmerte.

In dieser Zeit nahm Tolkiens Interesse für Sprachen aller Art weiterhin zu: Er lernte nicht nur komplizierte "tote Sprachen" wie Altgriechisch oder Gotisch, sondern begann auch, seine ersten Fantasiesprachen mit eigenen Vokabeln und eigener Grammatik zu erfinden. Er las in der Schule weitere altenglische Sagen wie das Gedicht "Beowulf" aus der Zeit nach 700 nach Christus, das zu einer großen Inspirationsquelle für seine Werke werden sollte. Darin wird die Geschichte des gleichnamigen Helden erzählt, der nach Dänemark reist, um dort Ungeheuer wie einen Drachen oder einen Troll zu besiegen. Sowohl der Drache als auch Trolle sollten später Einzug in Tolkiens Erzählungen über Mittelerde finden.

Studium in Oxford und Erster Weltkrieg

Weihnachtskarte von J.R.R. Tolkiens Mutter Mabel aus dem Jahr 1892, die ein Foto der Familie zeigt. Rechts im Bild sieht man den kleinen Tolkien als Baby. (Quelle: Mabel Tolkien/ Public Domain)

Im Jahre 1911 begann Tolkien sein Studium der Alten Sprachen in Oxford. Hier fand er weitere Anregungen für seine späteren Werke: In dem Gedicht "Cryst" des Dichters Cynewulf aus dem 8. Jahrhundert stieß er auf den Begriff "middangeard", der sich mit "Mittelerde" übersetzen lässt und zum Namen der von Tolkien erschaffenen Welt wurde. Bei einem Urlaub in der Schweiz fand Tolkien 1911 eine Postkarte mit einer Darstellung des Gemäldes "Der Berggeist" des deutschen Malers Josef Madlener, die einen alten Mann mit spitzem Bart, Hut und Mantel zeigt. Diese Darstellung sollte später das Vorbild für den Zauberer Gandalf werden. Zeitgleich lernte er nun die drei Jahre ältere Edith Bratt kennen, die sich jedoch mit dem Bruder einer Schuldfreundin verlobte. Nach einigen Überredungsversuchen schaffte Tolkien es dann tatsächlich, Edith umzustimmen, so dass sie am 22. Januar 1916 heirateten.

Im Jahre 1914 war der Erste Weltkrieg ausgebrochen. Ein Jahr später wurde Tolkien als Bataillonsoffizier an die Front nach Frankreich berufen, wo er an den zermürbenden Grabenkämpfen teilnahm. Hier erlebte er das Grauen des Krieges aus nächster Nähe mit und musste auch den Tod zahlreicherer seiner engsten Studienfreunde auf dem Schlachtfeld verkraften. Im Angesicht dieses Schreckens hatte Tolkien begonnen, seinen Geschichten Feinschliff zu geben, so dass er häufig in den Gräben und Zelten an seinen Erzählungen über Mittelerde schrieb. Nach vier Monaten an der Front erkrankte Tolkien schwer an einem Fieber und wurde wieder zurück nach England geschickt.

Während die Erfahrungen des Krieges ihren Niederschlag in den Schlachten in Mittelerde fanden, entwickelte er nun eine eigene Schöpfungsgeschichte, übernatürliche Wesen und Helden für seine fiktive Welt Mittelerde. Er wollte eine eigene Mythologie für seine Heimat England erschaffen, die ganz in der Tradition seiner literarischen Vorbilder wie Beowulf stehen und sich aus einer großen Menge zusammenhängender Legenden zusammensetzen sollte. In diesen Geschichten benutzte Tolkien nun auch das erste Mal zwei seiner von ihm erfundenen Sprachen: Quenya und Sindarin, die Sprachen der Elben.

In den letzten Jahren des Ersten Weltkrieges bestand immer wieder die Gefahr, dass Tolkien noch einmal zum Kriegsdienst einberufen werden könnte. Zur Ablenkung fuhren er und seine Frau Edith häufig aufs Land und in die nahen Wäldern, wo Tolkien fantastische Ideen für seine Geschichten um den Menschen Beren und die Elbenfrau Lúthien fand - eine Liebesgeschichte, die symbolisch für die Liebe zwischen Tolkien und seiner Ehefrau Edith stehen sollte.

Nach dem Krieg schließlich erhielt Tolkien eine Anstellung als Mitarbeiter beim "New English Dictionary", dem späteren "Oxford English Dictionary". Es ist das bekannteste und wichtigste Wörterbuch für die englische Sprache. Nachdem er hier sein sprachwissenschaftliches Wissen erweitern konnte, nahm er eine Stelle als Juniorprofessor an der Universität von Leeds an. Hier beschäftigte er sich weiterhin mit englischer Literatur wie dem mittelenglischen Rittergedicht "Sir Gawain and the Green Knight" ("Sir Gawain und der grüne Ritter").

Der Anfang des "Kleinen Hobbits"

Wachsfigur des "Gollum" in einem Museum in Mexico City (Quelle: Vic201401, Wikimedia Commons (CC BY-SA 1.0))

Privat schrieb Tolkien auch weiterhin zahlreiche Texte für seine Mittelerde-Mythologie. Aus dem Gedicht mit dem Namen "Glib" über ein schleimiges, schleichendes Wesen, das in einer Höhle lebt, entstand später die Figur des Gollum. 1925 bot sich für Tolkien eine einmalige Gelegenheit: Der Lehrstuhl für die Sprache Angelsächsisch an der Universität von Oxford, wo er selbst studiert hatte, wurde frei. Dank seines guten Rufes, den er durch seine sprachwissenschaftlichen Arbeiten erlangt hatte, bekam er diese Stelle und war nun Professor in Oxford. Hier verfasste er auch seine berühmteste wissenschaftliche Schrift mit dem Titel "Beowulf. Die Ungeheuer und ihre Kritiker" über das Gedicht Beowulf, mit dem er sich ja schon beinahe sein gesamtes Leben beschäftigt hatte.

Mittlerweile war im Jahr 1929 Tolkiens viertes Kind und seine einzige Tochter, Priscilla, geboren worden. Seine Kinder inspirierten ihn dazu, kleine, fantasievolle Kindergeschichten zu schreiben, die er ihnen vor dem Schlafengehen erzählen konnte. Zunächst waren dies Erzählungen, die vom Alltag der Kinder handelten oder vom Weihnachtsmann an die Kinder gerichtet waren. Später jedoch begann er mehr und mehr, diese Kindergeschichten mit seiner Welt von Mittelerde zu verknüpfen.

Eines Tages schließlich war Tolkien gerade dabei, Hausarbeiten seiner Studenten zu korrigieren, als ihm auffiel, dass ein Blatt Papier einer Hausarbeit noch komplett leer und unbeschrieben war. Aus dem Nichts schrieb er folgende Worte auf das Blatt: "In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit." Tolkien wusste in diesem Moment weder, was ein Hobbit war, noch war ihm klar, in was für einem Loch dieser lebte. Doch dies war der Beginn seiner Arbeiten für den Roman "Der kleine Hobbit", den er in der Folgezeit schrieb. Und dieser Satz bildete die Anfangsworte seines Buches.

Stanley Urwin, der Leiter eines Verlages, bekam ein Manuskript von Tolkien in die Hände und las es seinem zehnjährigen Sohn Rayner vor. Dieser war begeistert, so dass Urwin beschloss, Tolkiens Roman zu veröffentlichen. "Der kleine Hobbit", der im Jahre 1937 erschien, wurde so erfolgreich, dass Urwin Tolkien nach weiterem Material fragte. Dieser hatte noch zahlreiche Geschichten über Mittelerde, unter anderem die über Beren und Lúthien, unter dem Namen "Silmarillion" zusammengefasst. Doch nachdem Urwin mehreren Testlesern diese Skripte vorgelegt hatte und die Reaktionen nur mittelmäßig gewesen waren, wollte er das "Silmarillion" nicht mehr veröffentlichen. Stattdessen beauftragte er Tolkien mit einem zweiten Teil des "kleinen Hobbits".

"Der Herr der Ringe" und Tolkiens Erbe

Grabstein von J.R.R. und Edith Tolkien auf dem Wolvercote Cemetery in Oxford. Darunter stehen die Namen Beren und Lúthien, die beiden Liebenden aus den Erzählungen von Tolkien, die ein Symbol für die Liebe bis über den Tod hinaus sind. (Quelle: Twooars, Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0))

Doch schon bald stellte sich heraus, dass der Nachfolger viel aufwändiger, länger und vor allem keine Kindergeschichte werden würde. Bis in die Zeit des Zweiten Weltkrieges hinein recherchierte und schrieb Tolkien an seinem Werk "Der Herr der Ringe". Da der Verlag von Stanley Urwin das "Silmarillion" nicht hatte veröffentlichen wollen, entschloss Tolkien sich dazu, sein neues Buch bei einem anderen Verlag herauszubringen. Er wandte sich an das Verlagshaus Collins, doch dieses wollte "Der Herr der Ringe" nur veröffentlichen, wenn Tolkien beträchtliche Kürzungen an der Geschichte vornahm. Damit war der Schriftsteller nicht einverstanden, so dass er wieder zurück zu seinem alten Verlag ging. Hier war nun Rayner Urwin, der als Junge ja "Der kleine Hobbit" gelesen hatte, als neuer Mitarbeiter in der Firma seines Vaters mit Tolkiens Werken betraut. Er mochte seine Bücher so sehr, dass er "Der Herr der Ringe" ohne Kürzungen veröffentlichte. Allerdings waren nach dem Krieg die Papierpreise in England so hoch, dass die Geschichte nicht als sechsbändiges Werk, wie es eigentlich von Tolkien beabsichtigt gewesen war, sondern zusammengefasst als Roman in drei Bänden erschien. Die in den Jahren 1954 und 1955 erschienen Bände tragen die Titel "Die Gefährten", "Die zwei Türme" und "Die Rückkehr des Königs".

Über das Werk "Der Herr der Ringe" waren die Buchkritiker geteilter Ansicht: Einige Autoren wie C. S. Lewis, mit dem Tolkien in den 1930er Jahren einen Literaturkreis mit dem Namen "Inklings" gegründet hatte, lobten es überschwänglich, andere Kritiker fanden es weniger gut. Doch absoluten Kultstatus erreichte das Buch erst in den 1960er Jahren, als eine illegal (gesetzeswidrig) kopierte Version von "Der Herr der Ringe" an US-amerikanischen Universitäten verbreitet wurde. Die Studenten liebten Tolkiens Geschichten und seine Welt von Mittelerde. Dieser neue Ruhm hatte für Tolkien auch Schattenseiten: Meist US-amerikanische Fans seiner Bücher bedrängten ihn immer mehr und es kam häufig vor, dass er nachts um drei Uhr angerufen und mit Fragen über Frodo und den Ring gelöchert wurde. Tolkien sah sich nun gezwungen, seine Adresse zu ändern und mit seiner Familie wegzuziehen.

Am 2. September 1973, zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau Edith, verstarb auch J.R.R. Tolkien. Zusammen mit Edith wurde er in Oxford in einem gemeinsamen Grab bestattet. Auf dem Grabstein stehen unter den Namen von J.R.R. und Edith die Namen Beren und Lúthien, die beiden Liebenden aus den Erzählungen von Tolkien, die ein Symbol für die Liebe bis über den Tod hinaus sind. Tolkiens Sohn Christopher war nach dem Tod seines Vaters nun für seinen Nachlass verantwortlich und ließ neben anderen Werken auch das zuvor noch abgelehnte "Silmarillion" veröffentlichen. Nicht nur seinen Fans bleibt Tolkien als sagenhafter Geschichtenerzähler und Erschaffer einer eigenständigen, mythischen Welt in Erinnerung, der eines der beliebtesten Bücher aller Zeiten geschrieben und damit die Fantasy-Literatur bis heute nachhaltig beeinflusst hat.

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letzte Aktualisierung: 02.09.2013

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