Der afrikanische Kontinent

Die Wiege der Menschheit?

von Björn Pawlak

Obwohl die Grenzen Afrikas scheinbar eindeutig sind, ist der Kontinent in kultureller und geschichtlicher Hinsicht mit vielen Teilen anderswo in der Welt eng verbunden. Die gigantische Größe dieser Landmasse, auf der es mehr als 50 Staaten mit zusammen über einer Milliarde Einwohnern gibt, macht es schwierig, ein umfassendes Wissen aufzubauen.

Afrikanische Büffel, fotografiert in Tansania. (Quelle: Wikipedia || Ikiwaner)

Wenn Afrika in die Schlagzeilen kommt, dann geht es meist um Themen wie Krieg und Hunger - so gerade im Moment im von Bürgerkrieg zerrütteten Somalia sowie in Äthiopien, Kenia, Eritrea und Dschibuti ("Hungerkrise am Horn von Afrika 2011"), wo internationalen Organisationen zufolge 11,5 Millionen Menschen unmittelbar vom Hungertod bedroht sind.

Das Wissen um Afrikas Armut ist weit verbreitet, aber natürlich wird man mit dieser Einschätzung alleine der vielschichtigen afrikanischen Lebenswelt nur schwer gerecht. Macht es dann überhaupt Sinn, von Afrika als einem zusammenhängenden Gebilde zu sprechen? Wahrscheinlich nicht, aber irgendwo muss man mit der Suche ja schließlich beginnen.

Die Entwicklung Afrikas ist untrennbar von der Geschichte der ganzen Welt. Der so genannten "Out-of-Africa-Theorie" zufolge (zu Deutsch: "hinaus aus Afrika") ist der Kontinent sogar die Wiege der Menschheit - man geht hier davon aus, dass die Gattung "Homo", zu der auch der Mensch und seine ausgestorbenen Verwandten gehören, hier ihren Ursprung hatte.

Der Name "Afrika" wurde übrigens vom römischen Senator und Feldherrn Scipio Africanus eingeführt, welcher im Zweiten Punischen Krieg (218 bis 201 vor Christus) mit seinem Heer die nordafrikanische Großstadt Karthago unterwerfen konnte. Dieser Krieg entschied damals den Kampf um die Vorherrschaft im Mittelmeerraum zugunsten Roms. Zu Beginn war "Africa" lediglich Name für die römische Provinz, welche das heutige Tunesien und Teile des heutigen Libyens einschloss.

Geographie des Kontinents: Umgeben von Ozeanen

Der Kilimandscharo ist der höchste Berg Afrikas, er ragt 5.893 Meter in die Höhe. (Quelle: Wikipedia || NASA)

der afrikanische Kontinent hat eine Fläche von mehr als 30 Millionen Quadratkilometern - das macht mehr als 20 Prozent der Landfläche der gesamten Erde aus. Die Küstenlänge beträgt etwas mehr als 30.000 Kilometer. Mit dem über 6.600 Kilometer langen Nil besitzt Afrika den längsten Fluss der Erde (den Amazonas in Südamerika ausgenommen). Das größte Bergmassiv Afrikas ist das fast 6.000 Meter aufragende Kilimandscharo-Massiv im Norden Tansanias, höchster Berg ist der Kilimandscharo. Die großen Seen Afrikas liegen im Osten, die größten sind der Victoriasee und der Tanganjikasee.

Anders als Europa und Asien sind die Grenzen Afrikas deutlich markiert, weil der Kontinent ringsum von Meer umgeben ist: im Westen vom Atlantischen Ozean, im Osten vom Indischen Ozean und im Norden vom Mittelmeer. An der Meerenge von Gibraltar zwischen Marokko und Spanien berühren sich die Kontinente Afrika und Europa. Zwischen Afrika und der arabischen Halbinsel im Osten gibt es ebenfalls zwei Meerengen beziehungsweise Meeresstraßen: den künstlich angelegten Suezkanal in Ägypten und den Bab el-Mandeb zwischen den Küsten der afrikanischen Länder Dschibuti, Eritrea wie auch Somalia und dem zur arabischen Halbinsel gehörendem Land Jemen.

Klima: Riesige Wüsten und Regenwald

Das Satellitenbild zeigt die ausufernde Wüstenlandschaft der Sahara, in Äuatornähe hingegen verdichtet sich die Vegetation zum Regenwald. (Quelle: Wikipedia || NASA)

Vier Klimazonen gibt es in Afrika, so dass die Menschen je nach Ort mit ganz unterschiedlichen Lebensanforderungen klarkommen müssen. Diese Klimazonen sind "Mittelmeerklima", "Wüstenklima", "trockenes Tropenklima" und "feuchtes Tropenklima". Große afrikanische Länder, wie zum Beispiel Nigeria, haben Anteil an mehreren Klimazonen.

An der nordafrikanischen Küste (diese Region wird auch "Maghreb" genannt) herrscht Mittelmeerklima vor, ein ganz ähnliches Klima findet man in der südafrikanischen Kap-Region. Landeinwärts im Norden liegt die größte Wüste der Welt, die Sahara - der Name ist arabisch und bedeutet nichts anderes als "Wüste". Die Sahara ist in ihrer west-östlichen Ausrichtung 5.000 und in ihrer nord-südlichen Ausrichtung 2.000 Kilometer lang.

Die Wüste Kalahari im Süden des Kontinents erstreckt sich von Südafrika bis Namibia, Botsuana, Angola und Sambia. An der Westküste des Kontinents, in den Ländern Angola und Namibia, gibt es mit der Namib noch eine weitere Wüste. Insgesamt besteht somit fast ein Drittel der afrikanischen Landmasse aus Wüste. Im Inneren des Kontinents und an die Wüsten angrenzend findet man ein Tropenklima mit ausgedehnten Steppen und Savannen. Noch näher am Äquator wird das Klima feucht und tropisch, mit Ausnahme des Ostens bedeckt hier dichter Regenwald das Land. Das Kongo-Becken besitzt nach dem Amazonasgebiet den größten zusammenhängenden Regenwald der Welt.

Wichtige Völker und Sprachen in Afrika

Kinder in Sudan: Wie auch anderswo in Afrika leiden hier viele Menschen unter Hunger und Unterernährung. (Quelle: Wikipedia | PHCM TERRY C. MITCHELL)

Auch hier muss wieder gesagt werden, dass der Gegenstand äußerst vielschichtig ist. Afrika ist, sowohl was die Volkszugehörigkeiten, als auch was die gesprochenen Sprachen angeht, ein sehr zerrissenes Gebilde. So geht man davon aus, dass es über 1.500 in Afrika gesprochene Sprachen gibt - viele afrikanische Staaten haben folgerichtig bereits Probleme, die Verständigung der Bevölkerung untereinander zu gewährleisten (das macht die Sprachen der europäischen Kolonialstaaten, Französisch etwa, als "Verkehrssprache" umso bedeutender).

Zunächst zu den großen Sprachgruppen: Im Norden und auch im Osten haben die afroasiatischen Sprachen ihren Platz gefunden, zu ihnen gehören unter anderen Arabisch, Berbersprachen sowie die so genannten Kuschitischen Sprachen. Im Westen und im Zentrum Afrikas werden die Niger-Kongo-Sprachen gesprochen. Hierbei handelt es sich um eine Sprachfamilie mit weit über 1.000 Einzelsprachen. Fast im ganzen Süden des Kontinents sind Bantusprachen, im Südwesten die Khoisansprachen verbreitet. Auf der Insel Madagaskar spricht man hingegen eine Sprache, die zu den Malayo-Polynesischen Sprachen (verbreitet über die Inseln Südostasiens und des Pazifiks) zählt. Im Nordosten herrschen die Nilosaharanischen Sprachen vor.

Große Bevölkerungsgruppen in Afrika sind zum Beispiel die Berber im Norden, die Amhara im Nordosten und die Tuareg in der Sahara. Im siebten Jahrhundert kamen die Araber nach Afrika, wo sie sich mit den eben genannten Volksgruppen vermischten. Große Bevölkerungsgruppen im Westen sind zum Beispiel die Hausa und die Yoruba, im Osten die Bantu und im Süden die Khoisan-Völker. Daneben hat natürlich die Einwanderung Spuren hinterlassen - die größte Gruppe europäischer Einwanderer sind die Buren in Südafrika.

Auch gegenwärtig finden Einwanderungsbewegungen nach Afrika statt, so zum Beispiel aus China und aus Indien. Gleichzeitig versuchen zahlreiche Afrikaner, nach Europa oder Amerika auszuwandern - nur die wenigen gut ausgebildeten haben hierfür gute Chancen. Mehrere zehntausend Flüchtlinge versuchen jedes Jahr Not und Elend in ihren Heimatländern zurück zu lassen, um "illegal" nach Europa einzuwandern. Tausende sterben jedes Jahr beim Versuch, das Meer zu überqueren.

Religionen in Afrika

Bild der Gottheit Mami Wata: Die alten afrikanischen Naturreligionen leben trotz Islam und Christentum fort und vermischen sich mit ihnen, man spricht von "Synkretismus". (Quelle: Wikipedia)

Eine ähnliche Vielfalt wie bei den Sprachen findet sich auch bei den Religionen, welche in Form von Naturreligionen überall auf dem Kontinent verbreitet sind - also auch dort, wo sich die großen Weltreligionen des Christentums und des Islams durchgesetzt haben.

Kleinere und ältere Religionen leben auch unter dem Deckmantel der großen Religionen fort, welche den Menschen nicht selten mit Gewalt aufgezwungen wurden. Was die großen Religionen angeht, so kann gesagt werden, dass nördlich der großen Regenwälder sich mehrheitlich der Islam durchgesetzt hat, während im Süden das Christentum Fuß fassen konnte.

Viele Konflikte in Afrika treten vordergründig auch in Form von Religionskriegen auf, hintergründig geht es allerdings zumeist um etwas anderes, nämlich um die Erlangung und Durchsetzung von Macht. Diese Feststellung trifft freilich auf alle Religionskriege zu allen Zeiten zu, da man mittels der Religion Menschen kontrollieren und lenken kann. Auf der anderen Seite bieten sich die Religionen natürlich auch an, um Zugehörigkeit aus Sicht der Menschen zu stiften.

Afrikanische Ländergrenzen

Hier sieht man, in welcher Reihenfolge die afrikanischen Staaten ihre politische Unabhängigkeit, zumindest der Form nach, zurückerlangten - man spricht von der "Dekolonisation" Afrikas. (Quelle: Wikipedia || Vardion)

Schon in alten Zeiten haben sich auf afrikanischem Boden große und zusammenhängende kulturelle und politische Einheiten herausgebildet - so zum Beispiel im Alten Ägypten (einer der ältesten Hochkulturen der Welt) und in den muslimischen Großreichen des Mittelalters im Norden und im Nordosten. Nach der "Entdeckung Amerikas" im 15. Jahrhundert wurde Afrika zur Quelle für den internationalen Sklavenhandel, womit die Ausplünderung des Kontinents und seiner Bevölkerung ihren Lauf nahm.

Die heutigen afrikanischen Grenzen sind ein Erbe der Kolonialzeit, und sie haben sich seitdem höchstens geringfügig verändert (es gab wenige neue Staatsgründungen: die Abspaltung der Westsahara von Marokko, die Abspaltung Eritreas von Äthiopien und zuletzt die Abspaltung des Südsudans). Wichtig in Bezug auf die Grenzziehung war die Berliner "Kongo-Konferenz", welche in den Jahren 1884 und 1885 für die Kolonialmächte als Plattform diente, um sich über die Aufteilung Afrikas einig zu werden - die Einladung zu dieser Konferenz erfolgte auf Weisung des damaligen deutschen Reichskanzlers Otto von Bismarck.

Die Tatsache, dass innerhalb der künstlich und mit Gewalt erschaffenen afrikanischen Staatsgebilde Völker zusammengepfercht wurden, welche geschichtlich kaum oder gar nicht zusammengewachsen sind, ist Hintergrund für zahlreiche Kriege und Konflikte, welche bis zum heutigen Tage noch nicht zu Ende gefochten sind. Die schlimmsten Kriege innerhalb der letzten Jahre fanden im Sudan (1983 bis 2003), im Kongo (1998 bis 2003) und in Ruanda (1994) statt - die Opferzahlen allein für diese drei Konflikte gehen in die Millionen, daneben gab es zahlreiche weitere kriegerische Auseinandersetzungen.

Das Zugehörigkeitsgefühl der Menschen in Afrika gilt meist eher der eigenen Gruppe (so zum Beispiel der Stammes- oder Clanzugehörigkeit, welche sich an einer gemeinsamen Abstammung orientieren). Demgegenüber gibt es den "Panafrikanismus", welcher die Vereinigung aller afrikanischen Völker anstrebt um auch auf weltpolitischer Bühne mehr Unabhängigkeit und Selbstbestimmungsrecht für Afrika zu ermöglichen.

Politik und Wirtschaft heute: Erbe des Kolonialismus?

Kriege und bewaffnete Konflikte sind in der jüngeren afrikanischen Geschichte zahlreich und fordern viele Opfer. Das Foto zeigt eine Szene aus dem Kongo, wo es die meisten Kriegsopfer gab. (Quelle: Wikipedia)

In den 1960er Jahren war es zur so genannten Entkolonialisierung gekommen - die europäischen Kolonialmächte wurden Stück für Stück aus dem Kontinent vertrieben. Dadurch entstand einerseits ein Machtvakuum, auf der anderen Seite ist ein Einfluss seitens der alten Kolonialmächte aus Übersee erhalten geblieben. Im Jahr 1964 bestätigte die sich aus fast allen afrikanischen Staaten zusammensetzende "Organisation für Afrikanische Einheit" ("OAU"), die Vorgängerorganisation der heutigen "Afrikanischen Union", die alten Landesgrenzen.

Die alten Kolonialmächte und auch neue aufstrebende Mächte, allen voran China, haben ein strategisches Interesse an Afrika, nicht zuletzt wegen der reichen afrikanischen Bodenschätze wie Uran, Steinkohle, Eisen, Zink, Kupfer, Erdgas oder Erdöl. Während Rohstoffe - neben den Bodenschätzen auch Holz und landwirtschaftliche Produkte - rund 90 Prozent der afrikanischen Exporte ausmacht, werden Fertigprodukte aus der restlichen Welt importiert. ("Export" ist der Verkauf von in einem Land gefertigten Waren oder Erzeugnissen ins Ausland, "Import" ist der Ankauf von Waren und Erzeugnissen aus dem Ausland.)

Hinter der gegenwärtigen Ausbeutung des afrikanischen Kontinents stehen große internationale Konzerne, die gemeinsam mit einer politischen Oberschicht in Afrika die natürlichen Reichtümer in vielen Ländern an sich reißen - Politik wird hier, wie so oft, nicht wirklich zugunsten vieler Menschen gemacht. Vor diesem Hintergrund lassen sich auch zahlreiche kriegerische Konflikte Afrikas besser untersuchen und verstehen. Die koloniale Vergangenheit und der Rohstoffhandel der Gegenwart haben gemeinsam, dass der Gewinn in den reichen Norden der Welt fließt. Die Rohstoffe Afrikas kommen nur sehr wenigen Afrikanern zugute, eher bedeuten sie für die hier lebenden Menschen weiteren Schaden in Form von Krieg und Umweltverschmutzung.

Demokratische Einflussnahme durch die Menschen gestaltet sich in vielen Fällen äußerst schwierig, weil demokratische Strukturen überhaupt nie aufgebaut worden sind. Staatsverschuldung vieler Länder in Afrika hat außerdem dazu geführt, dass eine politische Einflussnahme von außen (durch Organisationen wie den "Internationalen Währungsfonds"/"IWF" und die "Weltbank") wirksam wurde - oft im Namen des "freien Handels" und mit sehr negativen Folgen.

Statt in den Ländern eine Politik zu verfolgen, welche die Selbstversorgung mit lebenswichtigen Lebensmitteln zum Ziel hätte, geschah oft das Gegenteil. Länder, die sich zwischenzeitlich selbst versorgen konnten, wie zum Beispiel Äthiopien, wurden unter Zwang umstrukturiert. Viele afrikanische Staaten sind zu schwach, um ihren eigentlichen Aufgaben nachzukommen. Vom Erbe des Kolonialismus hat sich Afrika trotz der Entkolonialisierung also nicht wirklich frei machen können.

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letzte Aktualisierung: 07.11.2011

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